Smartphones erkennen VHF mit Einschränkungen

Photoplethysmographie im Smartphone ist ein nicht-invasives Screening-Instrument für Vorhofflimmern. Die Evidenz beruht bislang auf voreingenommenen, qualitativ minderwertigen Studien mit hohen Werten bei Sensitivität und Spezifität, die wenig realistisch erscheinen.

Smartphone

Hintergrund

Die Prävalenz von Vorhofflimmern (VHF) steigt insbesondere bei älteren Patienten, aber auch bei prädisponierenden Begleiterkrankungen, immer weiter an. Eine frühzeitige Erkennung von VHF ist jedoch von entscheidender Bedeutung, da diese die Lebensqualität der Patienten stark verringern kann. Ebenfalls ist die Mortalität und Morbidität aufgrund von Thromboembolien, Herzinsuffizienz, kognitivem Verfall und einem hohen Schlaganfallrisiko stark erhöht.

Das Auftreten von paroxysmalen VHF ist durch wiederholte oder ambulante EKG-Aufzeichnungen beim Arzt nur schwer zu diagnostizieren, da dieses meist nur kurz und sporadisch auftritt. Kurze intermittierende EKG-Aufzeichnungen durch den Patienten zu Hause erhöhen die Sensitivität der VHF-Erkennung. Entwickelte Smartphone-Anwendungen, die auf der Photoplethysmographie (PPG)-Technologie in den Smartphone-Kameras basieren, können hierfür verwendet werden. Eine Selbsterkennung von Herzrhythmusstörungen ist möglich. Genutzt wird dabei die Technik der Leuchtdiode in den Kameras, die pulsierende Änderungen der Lichtintensität bei einem Finger oder dem Gesicht messen kann.

Der klinische Wert der PPG-Technologie im Smartphone ist für die VHF-Erkennung bislang noch unklar, da es sich um kommerzielle Produkte handelt, bei denen ein berichtigtes Interesse hinsichtlich einer Publikationsverzerrung besteht.

Zielsetzung

Das Ziel der Metaanalyse war, die diagnostische Genauigkeit der Erkennung von VHF mit Hilfe von PPG-Anwendungen beim Smartphone im Vergleich zum Goldstandard, der ärztlichen EKG-Aufzeichnung, zu bewerten. Der Wert und die Grenzen solcher Messungen als Teil eines VHF-Screenings soll den Ärzten aufgezeigt werden [1].

Methodik

Für die Metaanalyse wurde zunächst eine systematische Literaturrecherche bei MEDLINE, EMBASE und Cochrane durchgeführt. Berücksichtigt wurden alle Studien oder Abstracts, die alle Arten von VHF untersuchten und in denen Smartphone-PPG mit einem Referenz-EKG verglichen wurde. Die großen VHF-Screening Studien „Apple Heart Studie“ und die „Huawei Heart Studie“ wurden aber nicht berücksichtigt. Die Meta-Analyse betrachtet die Validierung der Erkennung von VHF durch die Untersuchung der Sensitivität, Spezifität, positivem/negativem prädiktivem Wert (PPV/NPV) und der Gesamtgenauigkeit.

Ergebnisse

Von den 1.153 identifizierten Publikationen konnten 28 Studien in den systematischen Review eingeschlossen werden. Hierbei handelte es um 10 Originalpublikationen und 18 Konferenz-Abstracts. 25 Studien waren prospektiv, von denen 19 monozentrisch waren und drei Studien verwendeten retrospektive Daten. Bei der Mehrheit handelt es sich um kleine Studien, die in der Sekundärversorgung (n=16) durchgeführt wurden.

Patientencharakteristika

Die Studien umfassten insgesamt 11.404 Probanden. Bei 2.940 Probanden lag ein VHF vor und bei 2.422 VHF-Patienten (21,2 %) wurde dieses mittels EKG diagnostiziert. Die VHF-Prävalenz variierte zwischen 0,5 und 100 % in den einzelnen Studien. Das Durchschnittsalter lag zwischen 59 und 77 Jahren mit einem gewichteten mittleren Alter von 67 ± 4,9 Jahren. Der Anteil der Frauen lag zwischen 18 und 59 % mit einem gewichteten Mittel von 48,2 %.

Sensitivität und Spezifität bei der Erkennung von VHF

Die Sensitivität und Spezifität für die VHF-Erkennung der Studien waren jeweils hoch und reichten von 81-100 % bzw. 85-100 %. In die Metaanalyse konnten aus 17 Studien 5.561 Probanden, davon 1.674 Probanden mit VHF, eingeschlossen werden.

Die gepoolte Sensitivität lag bei 94 % (95%-Konfidenzintervall (KI): 92-95 %) mit einer Heterogenität von I2=49,6% (p=0,01) und die Spezifität bei 97 % (95%-KI: 96-98 %) mit einer Heterogenität von I2=85,3 % (p<0,01). Die PPV reichte von 54-100 % und die NPV von 77-100 %.

Studienqualität

Die Studienqualität war insgesamt schlecht und keine der berücksichtigten Studien erfüllte alle Kriterien von QUADAS-2. Insbesondere traten Probleme im Zusammenhang mit der Selektionsverzerrung und dem Potenzial der Publikationsverzerrung auf.

Fazit

Die Metaanalyse zeigt, dass die PPG-Technologie in Smartphones durchaus dazu geeignet ist VHF zu erkennen allerdings mit unzureichender Evidenz um einen klinischen Nutzen zum jetzigen Zeitpunkt zu belegen. Es zeigten sich unrealistisch hohe Werte für Sensitivität und Spezifizität in kleinen monozentrischen Studien und ein hohes Risiko für Verzerrungen, insbesondere in Bezug auf die Art der für die Teilnahme ausgewählten Patienten. Weiterhin konnten Hinweise auf Publikationsverzerrungen mit signifikanter Asymmetrie hin zu einer Nicht-Veröffentlichung von negativen Studien festgestellt werden.

In Anbetracht des umfassenden weltweiten Einsatzes solcher Geräte sind weitere Forschungsarbeiten mit Referenzstandards, standardisierter Validierung und transparenten Algorithmen dringend erforderlich.

Autor:
Stand:
11.04.2022
Quelle:

Gill S. et al. (2022): Smartphone detection of atrial fibrillation using photoplethysmography: a systematic review and meta-analysis. Heart; DOI: 10.1136/heartjnl-2021-320417

 

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