Praxisleitfaden: Empfohlener Einsatz von Wearables bei Arrhythmien

Die Diagnose von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern ist nicht immer einfach, wenn diese nur selten auftritt. Wearables können hierbei unterstützen und der Praxisleitfaden der EHRA unterstützt mit konkreten Hilfestellungen.

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Hintergrund

Wie im Artikel „Smartphones erkennen VHF mit Einschränkungen“ im April 2022 berichtet ist die Photoplethysmographie (PPG) in Smartphones und Fitnessbänder als nicht-invasives Screening-Instrument für Vorhofflimmern prinzipiell geeignet. Dabei wird das Infrarotlicht der Leuchtdiode in den Kameras der Smartphones genutzt, pulsierende Änderungen der Lichtintensität in Fingern oder dem Gesicht zu messen.

Als weitere Technologie wird der Elektrokardiogramm(EKG)-basierte Ansatz verwendet, bei dem die Wearables 1- bis 6-Kanal EKGs ableiten können. Neben den Wearables gibt es weitere neue digitale Devices, die eine Zulassung für medizinische Zwecke besitzen. Hierzu gehören Pflaster sowie Handheld-Geräte.

Die Wahl welches digitale Gerät für die Feststellung von Rhythmusstörungen verwendet werden soll, ist von verschiedenen Faktoren wie Symptomhäufigkeit, Dauer der geplanten Überwachung, örtliche Infrastruktur und Patientenpräferenzen abhängig.

Bislang besteht keine Klarheit für die Anwendung der genannten digitalen Devices für den Praxisalltag. Konsens besteht aber bereits darin, dass die digitalen Daten durch Rhythmologen oder Kardiologen bewertet werden müssen.

Zielsetzung

Das Ziel des der EHRA war es, einen praktischen Leitfaden für den Einsatz von Wearables bei Verdacht von Herzrhythmusstörungen zu erstellen. Dabei wird sowohl auf die Früherkennung als auch auf die Anwendung von Wearables eingegangen.

Methodik

Berücksichtigt wurden digitale Devices und Methoden, wenn eine Konsenserklärung von mindestens 80% der beteiligten Autoren vorlag.

Ergebnisse

Detektion von symptomatischen Arrhythmien

Der Goldstandard für die Diagnose von Herzrhythmusstörungen ist immer noch das 12-Kanal-EKG. Hiermit können paroxysmale Arrhythmien in asymptomatischen Zeiten jedoch nicht diagnostiziert werden. Da prinzipiell ein 1-Kanal EKG für die Diagnose einer Arrhythmie ausreicht, können auch Wearables in Betracht gezogen werden. Hierbei ist Folgendes zu beachten:

  • Digitale Geräte zeichnen nicht kontinuierlich auf, sondern die Aufzeichnungen müssen vom Anwender veranlasst werden.
  • Die Einleitung einer Aufzeichnung erfordert mehrere Sekunden, gefolgt von einer Aufzeichnung von mindestens 30 Sekunden.
  • Therapeutische Entscheidungen dürfen nicht auf digitalen Aufzeichnungen basieren, sondern die Arrhythmie muss vorab bestätigt werden, um Artefakte und Störungen auszuschließen und um somit falsch positive Ergebnisse zu minimieren.

Durch den flexiblen Einsatz der Wearables wird jedoch die Möglichkeit eine paroxysmale Arrhythmie aufzuzeichnen insbesondere bei EKG-basierten digitalen Geräten erhöht und die Symptom-Rhythmus-Korrelation zur Diagnose symptomatischer Herzrhythmusstörungen ist möglich. Für die Diagnosestellung sollten EKG-basierte Wearables den PPG-basierten bevorzugt werden.

Screening auf Vorhofflimmern

Digitale Devices unabhängig von ihrer Technologie sollten nicht pauschal für das Screening von Vorhofflimmern (VHF) eingesetzt werden. Der Leitfaden empfiehlt jedoch ein systematisches Screening mit Wearables sowohl EKG- als auch PPG-basiert für:

  • Patienten mit Schlaganfallanamnese
  • Patienten mit einem Alter von > 75 Jahren
  • Patienten zwischen 65 und 75 Jahren mit Komorbiditäten die das Schlaganfallrisiko erhöhen

Auch hier muss bei Verwendung von PPG-Wearables vor Diagnosestellung eine Bestätigung mittels EKG erfolgen.

Ein opportunistisches Screening kann PPG-basiert sein und ist empfehlenswert bei Patienten zwischen 65 und 75 Jahren ohne Komorbiditäten sowie bei jüngeren Patienten, wenn Komorbiditäten vorliegen. Insgesamt ist ein VHF-Screening über mehrere Zeitpunkte bzw. über einen längeren Zeitraum dem einmaligen Screening vorzuziehen, um die diagnostische Wahrscheinlichkeit unabhängig von Symptomen zu erhöhen.

Patientenbereitschaft

Bislang gibt es nur wenige Studien die die Patientenperspektive beim Einsatz digitaler Geräte untersuchten. Die kürzlich durchgeführte mAFA-Studie (mobile Anwendungen bei VHF), eine randomisierte Studie über mobile Gesundheitstechnologien bei Patienten mit Vorhofflimmern, verwendete eine spezielle App, die Aufklärungsprogramme für Patienten, Selbstpflege und strukturierte Nachsorgeinstrumente enthielt. Die Zufriedenheit der Patienten, die Therapietreue, die Zufriedenheit mit der Antikoagulation und die Lebensqualität wurden in der Gruppe mit den digitalen Geräten im Vergleich zur üblichen Versorgung deutlich verbessert.

Die Akzeptanz und das Engagement der Patienten ist jedoch sehr individuell und die Abbruchraten während einer Studie liegen bei bis zu. 44%. Hauptursache war die unzureichende Benutzerfreundlichkeit neben Motivation bzw. Bequemlichkeit und wahrgenommener Nutzen und Wert.

Fazit

Aktuell gibt es zahlreiche digitale Geräte zur Überwachung des Herzrhythmus, deren Anzahl in Zukunft mit der raschen Weiterentwicklung der Technologien weiter steigen wird. Der Leitfaden der EHRA zeigt Beispiele und Möglichkeiten zur Früherkennung, Diagnose und Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit den aktuellen Geräten auf. Jedoch müssen einige Hindernisse bei der Umsetzung beachtet werden. Weiterhin ist auch zu beachten, dass viele Daten zu Vorhofflimmern vorliegen, andere Arrhythmien bislang jedoch weniger gut untersucht sind.

Autor:
Stand:
09.05.2022
Quelle:

Svennberg E. et al. (2022): How to use digital devices to detect and manage arrhythmias: an EHRA practical guide. Europace; DOI: https://doi.org/10.1093/europace/euac038

 

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