
Das mediane Überleben bei metastasierten Kopf-Hals-Tumoren beträgt sechs bis zwölf Monate. Nur wenige Patienten erreichen Zweitlinien- oder weitere Therapielinien. Im Jahr 2016 wurden zwei vielversprechende PD-1-/PD-L1-Checkpointinhibitoren zugelassen. Auf die Monotherapie sprechen allerdings die meisten Patienten nicht an. Prof. Amanda Psyrri vom Attikon University Hospital in Athen, Griechenland, erläuterte anlässlich des ESMO 2018 Kongresses in München, in welchen Bereichen aktiv geforscht wird, um die Identifizierung geeigneter Patienten und die Wirksamkeit der Therapie zu verbessern [1].
Entwicklung diagnostischer Biomarker, um mögliche Responder auf PD-1-/PD-L1-Checkpointinhibitoren zu identifizieren
Als problematisch sieht Psyrri an, dass es sich bei den aktuell verwendeten Biomarkern nur um Surrogatparameter für die Immunantwort handelt, wie Immunzellen oder Gensignaturen.
Ein interessantes Ziel könnte die Mutationsfrequenz sein, denn damit korrelieren Ansprechraten. Kopf-Hals-Tumoren weisen eine hohe somatische Mutationsrate auf, was zu einer erhöhten Immunogenität beiträgt. Mit strukturellen Analysen lassen sich möglicherweise vorhersagen, welche Mutationen für T-Zell-Rezeptoren zugänglich sind.
Programmed death-ligand 1 (PD-L1)
Die Expressionsrate des PD-L1-Gens erlaubt Aussagen über das klinische Antwortverhalten und ist damit ein nicht perfekter, aber hilfreicher prädiktiver Marker. Darauf weisen einige neuere Arbeiten hin:
- Adaptive Immunresistenz: Die Expression von PD-L1 wird durch tumorinfiltrierende Lymphozyten angeregt. Eine fehelende PD-L1-Expression korreliert mit dem Fehlen der PD1-Blockade.
- In der KEYNOTE-024-Studie wurde gezeigt, dass bei Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥50% das progressionsfreie Überleben unter Pembrolizumab besser war als unter Chemotherapie.
- In der KEYNNOTE-012-Studie war der combined positive score (CPS), welcher Tumor- und inflammatorische Zellen berücksichtigt besser geeignet für die Vorhersage des Gesamtüberlebens (overall survival, OS) als der tumor proportion score (TPS), der nur auf Tumorzellen beruht.
- Auch in der KEYNNOTE-040-Studie konnte ein besseres OS bei Patienten mit PD-L1 TPS ≥50% und PD-L1 CSP≥1 beobachtet werden.
- Bisher ist die Nutzung von PD-L1 als Marker allerdings bei Pathologen noch nicht einheitlich etabliert.
Identifikation geeigneter Kombinationstherapien, die das Ansprechspektrum auf PD-1-/PD-L1-Inhibitoren erweitern
Bei einer Krebserkrankung ist das komplexe Immungeschehen im Körper gestört. Viele Angriffspunkte sind denkbar, um die Immunaktivität zu verbessern bzw. Mechanismen zu überwinden, die die Autoimmunität einschränken. Folgende Aspekte sind bisher unzureichend verstanden, meint Psyrri:
- die Überwindung von Mechanismen, die die Autoimmunität limitieren, einschließlich T-Zell-Aktivierung und -Inaktivierung
- Immuntherapie-Kombinationen: PD-L1-/PD-1 Therapien können als Basistherapien Ziele auf T-Zellen ansprechen und somit modulierend wirken [2].
- die Behandlung von Patienten ohne existierende Immunantwort: Aktuelle Strategien berücksichtigen hauptsächlich Patienten, bei denen eine Immunantwort existiert. Dies ist jedoch bei vielen nicht der Fall.
- Effekte von Platin auf die Immunbiologie: Sie modulieren die Tumormikroumgebung. Die Wirkung ist vorübergehend und kann möglicherweise durch Immuntherapie verlängert werden.
- die Kombination mit Chemotherapie: Sie kann möglicherweise den Tumor in einem inflammatorischen Status halten.
- Für einige Kombinationstherapien werden Daten aus der klinischen Prüfung erwartet:
- In der KEYNOTE-048-Studie werden die Kombinationen Pembrolizumab / Platin und Cetuximab / Platin mit Pembrolizumab allein verglichen.
- Die CONFRONT-Studie (Phase I/II) wird Daten zu Strahlentherapie und zusätzlich Avelumab und niedrig dosiertem Cylophosphamid liefern.
- Eine Herausforderung beim Design von Immuntherapie-Kombinationsstudien stellt die Wahl geeigneter Endpunkte dar. Folgende Aspekte sollten in der Planung sorgfältig adressiert werden, empfiehlt die Task Force on Methodology for the Development of Innovative Cancer Therapies [3]:
- Anwendung bzw. Entwicklung geeigneter Bewertungsinstrumente und Endpunkte, die die speziellen Muster der Tumorantwort erfassen
- Bereitstellung einer allgemein gültigen Definition von Hyperprogression
- Anwendung innovativer Studiendesigns
- Vermeidung, dass späteres Crossover zur Verzerrung/Verlängerung der Studie führt
Untersuchung neuer therapeutischer Zielstrukturen zur Überwindung der Immunsuppression
In diesem Bereich werden unter anderem aktuell folgende Ansätze diskutiert:
- Transforming growth factor ß (TGFß): Der Faktor wurde bei Patienten gefunden, bei denen CD8-positive T-Zellen vom Tumorparenchym ausgeschlossen und stattdessen im Stroma lokalisiert waren. Im Tierversuch konnte durch Co-Administration von TGFß-blockierenden und gegen PD-L1 gerichteten Antikörpern eine deutlich Tumorregression erreicht werden [4].
- Lokalisation von Metastasen, gewebespezifische Faktoren: In einer Phase-I-Studie zu Pembrolizumab bei Melanompatienten zeigte sich eine bessere objektive Gesamtansprechrate bei Patienten mit Metastasen in der Lunge als bei Patienten mit Metastasen in der Leber. Die Analyse von Lebermetastasen zeigte eine geringere PD1-Expression in tumorinfiltrierenden CD8-positiven T-Zellen und eine geringere PD-L1-Expression im Tumor [5]. Pao und Kollegen entwarfen in Ihrer Arbeit ein umfassendes Konzept zu gewebespezifischen Immunregulatoren (“Immunostat”) [6].
Ziele für die Optimierung der Immuntherapie
Psyrri fasste die wichtigsten Ziele der aktuellen Forschung folgendermaßen zusammen:
- Es müssen Wege zur besseren Patientenselektion gefunden werden, zum Beispiel durch
- die Implementierung eines Tests auf den PD-L1-Status,
- die Identifizierung neuer prädiktiver Biomarker.
- Die Effektivität der Behandlung muss verbessert werden, zum Beispiel durch:
- die Entwicklung sinnvoller Kombinationstherapien,
- die Entwicklung von Optionen für die Intervention im Frühstadium,
- die Entwicklung von Strategien für Patienten ohne vorbestehende Immunität.