
Aufgrund der effektiven verfügbaren Anti-HER2-Therapien steht die Entwicklung von Immuntherapien erst am Anfang. Prof. Sherene Loi vom Peter MacCallum Cancer Centre und der University of Melbourne, Australia, erläuterte auf dem ESMO 2018 Kongress in München die aktuelle Studienlandschaft und die Grundlagen für die Auswahl der in Prüfung befindlichen Kombitherapien. Sie hofft, dass mithilfe von Immuntherapien letztendlich bei metastasierten und lokal fortgeschrittenen Erkrankungssituationen eine Komplettremission zu erreichen sein wird. Für die adjuvante Situation sieht sie tumorinfiltrierende Lymphozyten (tumor infiltrating lymphocytes, TIL) als Biomarker für Prognose und Evaluierung des Nutzens neuer Therapioptionen an [1].
Trotz der jüngsten Fortschritte in der zielgerichteten HER2-Therapie bestehen bei den derzeit verfügbaren Therapien große Einschränkungen, da einige Patienten Resistenzen entwickeln und einige Arten von HER2-positiven Erkrankungen nicht auf eine konventionelle Chemotherapie ansprechen. Zwei Studien geben Hinweise darauf, dass Kombinationstherapien die Situation verbessern und dass immunogene Komponenten beteiligt sind:
FinHER-Studie
Die Auswertung dieser offenen, prospektiven multizentrischen Phase-III-Studie zeigt, dass Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs von einer zusätzlichen Behandlung mit Trastuzumab nach der Chemotherapie profitieren. Auch bei dem kürzeren Verlauf von Trastuzumab nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8 Jahren überlebten mit Trastazumabgabe mehr Patientinnen krankheitsfrei als ohne Trastazumab (83,3% vs 73%). Auch die Gesamtüberlebensrate war im Trastazumabarm höher (91,3% vs 82,3%).
NeoALTTO
Der monoklonale anti-HER2-Antikörper Trastuzumab und der Tyrosinkinaseinhibitor Lapatinib zeigten in Modellen mit HER2-überexprimierendem Brustkrebs komplementäre Wirkmechanismen und synergistische Antitumoraktivität.
Die randomisierte Phase-3-Studie NeoALTTO bei Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium zeigte, dass die Kombination von Lapatinib und Trastuzumab die Rate der pathologischen vollständigen Reaktion im Vergleich zu beiden Medikamenten allein signifikant verbesserte.
In einer sekundären Analyse wurden Zusammenhänge zwischen dem Vorhandensein von TIL, einer pathologischen vollständigen Antwort (pathologic complete response, pCR) und dem ereignisfreien Überleben (event free survival, EFS) und der Gabe von Trastuzumab, Lapatinib oder der Kombination der Wirkstoffe untersucht.
Für die pCR ermittelten die Forscher einen unabhängigen Zusammenhang mit dem Gehalt an TIL von mehr als 5% unabhängig von der Behandlungsgruppe (adjustierte Odds Ratio, 2.60 [95% CI, 1,26-5,39]; P=0.01).
TIL hatten auch prognostische Qualität. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 3,77 Jahren war jeder Anstieg der TIL um 1% über alle Behandlungsgruppen hinweg mit einer 3%igen Abnahme der Häufigkeit eines Ereignisses verbunden (adjustierte Hazard Ratio, 0,97 [95% CI, 0,95-0,99]; P=0,002).
Studien mit Immuntherapien bei HER2-positivem Brustkrebs
JAVELIN
Bei PD-L1-unselektierten Patientinnen mit metastatischem Brustkrebs wurde die Antitumoraktivität von Avelumab (anti-PD-L1) untersucht (keine Gabe von Trastuzumab). Keine der HER2-positiven Patientinnen zeigte ein objektives Ansprechen, jedoch 5,2% der Patientinnen mit triple-negativem Brustkrebs (triple-negative breast cancer, TNBC) und 2,8% der Östrogenrezeptor (estrogen receptor, ER)-positiven Patientinnen.
PANACEA
In dieser Phase-II-Studie wurden Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs und Krankheitsprogression nach vorangegangener Trastazumab-basierter Therapie (HER2-Blockade) aufgenommen. Patientinnen mit positivem PD-L1- und TIL-Status erreichten gute Antwortraten auf die Gabe des PD1-Checkpointinhibitors Pembrolizumab.
Im fortgeschrittenen Stadium ist die Brustkrebserkrankung kaum immunogen. Außerdem entwickeln die Tumoren im Laufe der Zeit nicht selten Resistenzmechanismen gegen die Therapie, so dass Trastuzumab nicht mehr ausreichend wirkt. Die Studie zeigt, dass in diesem Falle die zusätzliche Gabe des PD1-Checkpointblockers helfen kann, die Resistenz zu überwinden [2].
DIAmOND
CTL-4 ist Bestandteil einer Signalkaskade bei T-Helferzellen. Eine Hemmung von CTLA-4 durch Antikörper verstärkt die Immunantwort durch T-Zellen. In dieser Phase-II-Studie erhalten Patientinnen mit fortgeschrittenem HER2-positivem Brustkrebs, die sich nach einer Trastazumab-basierten Therapie in Remission befinden und einen negativen PD-L1-Status aufweisen, eine Kombination von CTLA-4- (Tremelimumab) und PD-L1-Inhibitoren (Durvalumab), um die Stärke der Immunantwort zu erhöhen.
Die Studie läuft noch.
AVIATor
CD137 ist in aktivierten T- und NK-Zellen exprimiert. Trastuzumab erhöht die CD137-Expression in NK-Zellen. CD137-Agonisten stimulieren die Funktion von NK-Zellen. Eine Kombination von CD137-Agonisten und Trastuzumab zeigt in nu/nu HER2-positiven Xenograft-Modellen synergistische Effekte.
In dieser randomisierte Phase-II-Studie erhalten Patientinnen mit HER2-positivem metastasiertem Brustkrebs mit Progression nach Trastuzumab und Pertuzumab eine Gabe von Trastuzumab und Vinorelbin allein oder in Kombination mit Avelumab (PD-L1-Inhibitor) oder mit Avelumab und Utomilumab (CD137-Agonist), um die ORR und die Antwortdauer zu erhöhen.
Die Studie läuft noch.
KATE2
In dieser doppelblinden, randomisierten, plazebokontrollierten multizentrischen Phase-II-Studie untersuchen Forscher die Wirksamkeit und Sicherheit von Trastuzumab-Emtansin (TDM1), eine Kombination aus Trastuzumab und dem Chemotherapeutikum DM1, einem Mitosehemmer bei Patientinnen mit HER2-positivem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs, die zuvor Trastuzumab und Taxan erhalten hatten. Sie werden es in Kombination mit Atezolizumab (PD-L1-Inhibitor) oder Atezolizumab-Plazebo einsetzen. Ziel ist es zu klären, ob TDM1 besser das Wiederauftreten von Krebs bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs stoppen kann, die nach neoadjuvanter Behandlung an Krebs leiden.
Die Studie läuft noch.
SHORT-HER2
Außerhalb der Studiensituation in der „realen Welt“ sehen wir Patientinnen, die ein geringeres Rückfallrisiko haben (mehr nodal-negative, kleinere Tumore) und die aufgrund ihres Alters oder Komorbiditäten ein höheres Risiko für kardiale Toxizität haben. In der Short-HER-Studie (Phase III) konnte gezeigt werden, dass eine kürzere Dauer der Trastuzumabgabe, die gleichzeitig mit der Chemotherapie verabreicht wird, eine vergleichbare Wirksamkeit mit signifikant niedrigeren Kardiotoxizitäten erzielen konnte.
Fazit
Mithilfe von Immuntherapeutika und TIL werden wir eine Verbesserung der Wirksamkeit und eine Deeskalation der Therapie in der adjuvanten Therapie von HER2-positiven Bruttumoren erreichen können, meint Loi.