Eine Analfissur ist ein schmerzhafter Riss in der Schleimhaut des Analkanals. Als Ursache wird ein erhöhter Druck im Schließmuskel diskutiert, beispielsweise durch Obstipation und harten Stuhlgang.
Eine Analfissur (ICD-10 K60.0) ist eine radiär verlaufende Läsion in der Schleimhaut des Analkanals (Anoderm). In 80–90 Prozent der Fälle ist der Riss in der posterioren Kommissur des Analkanals (distal der Linea dentata) in sogenannter „6-Uhr-Steinschnittlage“ lokalisiert. Unterschieden werden primäre und sekundäre sowie akute und chronische Analfissuren. Typische Symptome sind Schmerzen bei der Defäkation und Brennen nach dem Stuhlgang. Die Analfissur wird mittels Inspektion und Palpation sowie einer Proktoskopie diagnostiziert. Therapeutisch ist eine Verminderung des Sphinkter-Hypertonus anzustreben – zunächst konservativ, bei unzureichender Wirksamkeit operativ.
Epidemiologie
Analfissuren kommen relativ häufig vor. Genaue epidemiologische Daten zu Inzidenz und Prävalenz gibt es allerdings nicht. Das Lebenszeitrisiko – also die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens einen Afterschleimhautriss zu erleiden, liegt gemäß der aktuellen S3-Leitlinie „Analfissur“ bei 8 bis 11 Prozent [1].
Eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie (2014) mit 1.243 Analfissur-Patienten ergab eine Inzidenz von 1,1 auf 1.000 Patientenjahre. Das entspricht einem Lebenszeitrisiko von 7,8 Prozent. Durch eine Extrapolation der Kohortendaten ermittelten die Wissenschaftler, dass in den USA pro Jahr circa 342.000 Analfissuren neu diagnostiziert werden. Im Schnitt erkrankten Frauen mit 40,9 Jahren und Männer mit 46,6 Jahren. Eine statistisch signifikante Geschlechterpräferenz war nicht erkennbar [2].
Andere Studien beschreiben ein vermehrtes Auftreten von Analfissuren während der Schwangerschaft und post partum [3][4].
Kinder können ebenfalls an einer Analfissur erkranken. Die oben zitierte retrospektive Fall-Kontroll-Studie bezog jedoch nur Kinder von sechs bis 17 Jahren ein. Diese machten 12 Prozent aller Fälle aus [2]. Laut einer anderen Untersuchung liegt die Peak-Inzidenz im Kindesalter zwischen 6 und 24 Monaten; der Zeitraum, in dem Kinder häufig von der Muttermilch entwöhnt werden [5].
Ursachen
Bei den Ursachen wird zwischen primären und sekundären (oder atypischen) Analfissuren unterschieden. Sekundäre Formen sind im Gegensatz zu primären Afterrissen Folge einer Grunderkrankung. Sie sind häufiger atypisch (lateral) lokalisiert und multifokal vorhanden.
Primäre Analfissuren
Primäre Analfissuren entstehen spontan und ohne eine zugrunde liegende Erkrankung. Als mögliche Ursachen werden Faktoren diskutiert, die den Sphinktertonus erhöhen. Dazu gehören vor allem Obstipation und harter Stuhl. [6] Zu den Risikofaktoren zählen damit die ballaststoff- und faserarme Ernährung, Adipositas und Hypothyreoidismus [2][7].
Schwangerschaft
Die erhöhte Inzidenz in der Schwangerschaft kann auf eine Obstipation zurückzuführen sein. In einer Studie (2003) wurde bei einem Drittel aller Gebärenden nach der Geburt eine Analfissur diagnostiziert. [9] Für Frauen mit einer Analfissur und Obstipation betrug die Odds-Ratio (OR) 5,7 (95%-Konfidenzintervall (KI) 2,7–12). In einer prospektiven Studie aus dem Jahr 2014 wurde ein Geburtsgewicht > 3.800 g, Presswehen über 20 Minuten und eine positive Anamnese für anale Erkrankungen als weitere Risikofaktoren detektiert [8][9].
Diarrhoe
Eine Studie aus dem Jahr 2006 zeigte auch bei Patienten mit Diarrhoe eine erhöhte Inzidenz von Analfissuren. Das wäre damit erklärbar, dass der Sphinktertonus erhöht werden muss, um den flüssigen Stuhl zu halten [4].
Sekundäre Analfissuren
Sekundäre Analfissuren zeigen sich meist als uni- oder multifokale Ulzerationen im Analkanal bzw. am Analrand. Sie können bakteriell, viral, entzündlich oder immunologisch sowie medikamentös-toxisch (einzelne Fallberichte gibt es zu Nicorandil, Ergotamin und Isotretinoin) bedingt sein. Weitere Ursachen sind traumatische Ereignisse oder operative anale Eingriffe. Die erregerbedingten venerischen Erkrankungen umfassen Infektionen mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), dem Zytomegalievirus (CMV), Herpes-simplex-Viren (HSV) und Chlamydia trachomatis (Serotypen S–K, L1–L3) sowie Tuberkulose, Syphilis, Gonorrhoe, Histoplasmose und Leishmaniose [1].
Sekundäre Analfissuren sind häufig auf bestimmte sexuelle Praktiken oder Patientenkollektive, die diese anwenden, zurückzuführen. Hier sei insbesondere die gleichgeschlechtliche Variante „Men having Sex with Men“ (MSM) zu nennen. Ferner sind Analfissuren bei dieser Gruppe mit venerischen Erkrankungen assoziiert. Ein Keimnachweis kann somit auch eine Koinzidenz sein (und nicht kausal). Die Infektion sollte in jedem Fall erregergerecht behandelt werden [10][11].
Patienten mit einer HIV-Infektion sind eine weitere Klientel, die eine relativ hohe Rate an Analfissuren aufweist. Einer Kohortenstudie (2009) zufolge hatten 10,6 Prozent aller Betroffenen Analfissuren [12].
Darüber hinaus kann Morbus Crohn mit einer perianalen Pathologie vergesellschaftet sein. Eine Assoziation mit Analfissuren ist in dieser Gruppe deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung. Die Angaben dazu schwanken studienabhängig erheblich (zwischen 3,8 und 80 Prozent aller Betroffenen). Die Fissur ist bei Morbus-Crohn-Patienten oft atypisch lokalisiert [13].
Bei pädiatrischen Patienten kann Obstipation ein möglicher Risikofaktor für Analfissuren darstellen. Ob Ernährungsgewohnheiten (Muttermilch, Kuhmilch, künstliche Säuglingsnahrung) eine Rolle spielen, ist nicht zweifelsfrei geklärt. [14][15] Ferner leiden Kinder nach analem Missbrauch gehäuft an Analfissuren [16].
Pathogenese
Der exakte Entstehungsmechanismus der Analfissur ist bislang ungeklärt. Als bedeutsame pathogenetische Faktoren werden ein erhöhter Tonus des M. sphincter ani internus und nichtdrainierte Low-grade-Infektionen diskutiert. Allerdings spricht der Erfolg der meisten Therapiekonzepte, die den Sphinktertonus reduzieren, eher für den Hypertonus. Der erhöhte Schließmuskeldruck wird von der aktuellen Leitlinie als zentraler Punkt im Circulus vitiosus aus Hypertonus, Ischämie, Entzündungsreiz und Schmerz bewertet. Allerdings gibt es auch Patienten mit einer Analfissur, die einen erniedrigten Ruhedruck aufweisen; insbesondere Frauen mit postpartaler Analfissur [1][17][18][19].
Symptome
Eine Analfissur verursacht in der Regel starke, teils reißende Schmerzen während der Defäkation. Anschließend verspüren viele Betroffene ein scharfes Brennen. Nach der Stuhlentleerung können die Beschwerden – je nach Art der Analfissur (akut oder chronisch) – für mehrere Stunden anhalten. Neben dem Analschmerz bemerken die Patienten häufig Blutauflagerungen auf dem Stuhl oder Spuren von hellrotem Blut auf dem Toilettenpapier. Die Symptomatik kann die Lebensqualität der Patienten erheblich einschränken [1].
Akute und chronische Analfissuren
Abhängig vom zeitlichen Auftreten wird die akute von der chronischen Analfissur unterschieden. Von letzterer wird gesprochen, wenn die Beschwerden länger als sechs bis acht Wochen anhalten und/oder morphologische Kriterien erfüllt sind. Dazu gehören insbesondere [1]:
hypertrophe Analpapille
Vorpostenfalte bzw. Wächtermariske
Ulkus mit Randwall
freiliegende Fasern des M. sphincter internus
Diagnostik
Der Verdacht auf eine Analfissur ergibt sich bereits aus der Anamnese. Neben der Schmerzsymptomatik sollten folgende Situationen abgeklärt bzw. Punkte erfragt werden [1]:
Vorerkrankungen
anale Operationen
Medikation
Defäkationsverhalten
Stuhlkonsistenz (Obstipation und Diarrhoe)
spezielle anale sexuelle Praktiken
Die proktologische Untersuchung umfasst die Inspektion und Palpation und – falls möglich – eine Proktoskopie. Üblicherweise lässt sich eine Analfissur bereits durch Spreizung der Nates darstellen. In 80–90 Prozent der Fälle ist der Riss in der posterioren Kommissur des Analkanals (distal der Linea dentata) in sogenannter „6-Uhr-Steinschnittlage“ lokalisiert.
Eine Proktoskopie dient der Bestätigung der Verdachtsdiagnose und dem Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit und des erhöhten Sphinktertonus ist sie jedoch bei einer Vielzahl der Betroffenen initial nicht durchführbar. Kann die Diagnose ohne Proktoskopie nicht zweifelsfrei gestellt werden, ist eine Untersuchung in Narkose angezeigt [1].
Als ergänzende Maßnahmen kommen – je nach Verdachtsdiagnose – bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT), Endosonographie, Koloskopie und Biopsie in Betracht [1].
Bei einer atypisch lokalisierten Analfissur (akut oder chronisch) ist eine erweiterte Diagnostik indiziert. Diese sollte serologische und mikrobiologische Untersuchungen auf HIV, CMV, Chlamydia trachomatis, Lymphogranuloma venereum, Neisseria gonorrhoeae, Histoplasmose und Leishmaniose beinhalten. Bei Verdacht auf M. Crohn soll gemäß der Leitlinie eine Koloskopie mit Biopsie-Entnahme erfolgen [1].
Differenzialdiagnose
Eine Analfissur kann sich ähnlich wie andere Erkrankungen präsentieren. Diese sollten differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Dazu gehören vor allem: [1]
kryptogene Perianalabszesse und Analfisteln
Hautkrankheiten
Präkanzerosen
Lymphome
tiefsitzende Rektumkarzinome
Analkarzinome
Therapie
Therapie: akute Analfissur
Die Therapie unterscheidet sich nach der Beschwerdedauer und Form der Analfissur.
Akute Analfissuren heilen in vielen Fällen von selbst aus. Bei einer therapeutischen Intervention kommen folgende konservative Therapien zum Einsatz:
Ernährung: ballaststoff- und faserreiche Kost, Nahrungsergänzung (zum Beispiel mit Flohsamenschalen); eine Ernährungsumstellung ist auch zur Rezidivprophylaxe empfohlen
Sitzbäder (beispielsweise mit Kleie): kein Einfluss auf die Heilungsrate, können jedoch den Patientenkomfort erhöhen; vereinzelt Hautirritationen möglich
Lokalanästhetika: Symptomlinderung möglich, kein Einfluss auf die Heilungsrate; vereinzelt Hautirritationen und Infekte möglich
lokale Applikation von Steroiden: sollte Patienten mit Nebenerkrankungen, beispielsweise einem lokalen Ekzem, vorbehalten bleiben
Eine Therapie mit Botulinumtoxin wird bei akuten Fissuren nicht empfohlen [1].
Therapie: chronische Analfissur
Im Vergleich zur akuten Fissur heilen chronische Analfissuren deutlich seltener durch eine konservative Behandlung ab. Dennoch soll allen Patienten ein konservativer Therapieversuch über sechs Wochen angeboten werden, bevor eine operative Therapie eingeleitet wird. Auf Wunsch des Patienten oder bei Begleitfistel und/oder ausgeprägten sekundären morphologischen Veränderungen kann auch eine chirurgische Therapie als Erstlinientherapie erfolgen.
Konservative Behandlung
Bei chronischen Analfissuren empfiehlt die aktuelle Leitlinie folgende konservative Therapiemaßnahmen [1]:
Kalziumkanalantagonisten (CCA)
Calciumkanalblocker wie Nifedipin senken den Sphinktertonus über einen verringerten Einstrom von Calciumionen in die glatten Muskelzellen. Infolge wird deren Kontraktilität herabgesetzt und die strapazierte Analschleimhaut entspannt sich. Als medikamentöse Erstlinientherapie sollten lokal applizierte bzw. topische CCA angewendet werden. Orale CCA können ebenfalls zur Therapie verwendet werden. Aufgrund des besseren Verhältnisses von Wirkung und Nebenwirkung ist allerdings die topische Anwendung vorzuziehen.
Nitrate
Nitrate wie Gylceroltrinitrat (GTN) relaxieren über die Freisetzung von Stickstoffmonoxid die glatten Muskelzellen und senken so den analen Ruhedruck. Sie wirken ähnlich gut wie Calciumantagonisten und können als Topika zur Behandlung der chronischen Analfissur verwendet werden. Als therapielimitierend hat sich das Auftreten häufiger Nebenwirkungen, insbesondere Kopfschmerzen (in circa 30 Prozent der Fälle) erwiesen.
Botulinumtoxin A
Botulinumtoxin A hemmt als neurotoxisches Protein die Erregungsübertragung von der Nerven- zur Muskelzelle und wirkt damit wie ein Muskelrelaxans. Nach lokaler Injektion wird bei einer Analfissur der Ruhetonus des M. sphincter ani internus vermindert.
Im Vergleich zu GTN und CCA belegen Metaanalysen für Botulinumtoxin A geringfügig – aber signifikant – höhere Heilungsraten. Bei Therapieresistenz auf Calciumantagonisten kann die Anwendung des Neurotoxins als Zweitlinientherapie (alternativ zu einer Operation) mit dem Patienten besprochen werden. Bei hypertonem Sphinkter wird zur erstmaligen Intervention eine Dosierung von 20 bis 40 U Botox®-Äquivalent intrasphinkär empfohlen.
Andere konservative Verfahren
Weitere bei Analfissuren eingesetzte Verfahren umfassen die perkutane tibiale und sakrale Nervenstimulation, (kryothermale) anale Dilatatoren und Gonyautoxin. Kleinere Studien weisen teils erstaunlich hohe Heilungsraten auf. Aufgrund des geringen Patientenkollektivs spricht die Leitlinie allerdings derzeit noch keine Therapieempfehlungen aus. Grundsätzlich können aber anale Dilatatoren zur alleinigen konservativen Behandlung oder in Kombination mit sphinkterrelaxierenden Medikamenten eingesetzt werden.
Chirurgische Verfahren
Zur Behandlung der chronischen Analfissur werden folgende operative Verfahren empfohlen [1]:
Fissurektomie
Bei der Fissurektomie nach Gabriel wird die Fissur samt entzündlichem und vernarbtem Gewebe unter Schonung des Schließmuskels flach exzidiert und ein perianales Drainage-Dreieck angelegt.
Die Fissurektomie weist eine höhere Heilungsrate auf als alle konservativen Maßnahmen – jedoch eine geringere als die laterale Internus-Sphinkterotomie (LIS). Letztere birgt dafür ein höheres Inkontinenzrisiko. Deshalb haben sich die Leitlinienexperten für die Fissurektomie als Erstlinientherapie bei den operativen Verfahren entschieden.
Advancement-Flap
Ein analer Advancement-Flap kann in unterschiedlichen Varianten durchgeführt werden. Zum Beispiel wird die anale Mukosa über die Fissurektomie-Wunde mobilisiert oder die perianale Haut von außen über die Fissur verschoben (V-Y-Flap, „Haus“-Flap, Dermal-Flap).
Gemäß der Leitlinie kann ein Advancement-Flap ergänzend zur konventionellen Fissurektomie als operative Erstlinientherapie oder als Zweitlinientherapie nach erfolgloser Fissurektomie durchgeführt werden.
Ferner ist es möglich, Botulinumtoxin bei einem operativen Eingriff wie der Fissurektomie oder dem analen Advancement-Flap ergänzend zur Sphinkterrelaxation zu applizieren.
Laterale Internus Sphinkterotomie
Die laterale Internus Sphinkterotomie bzw. laterale interne Sphinkterotomie (LIS) ist ein operatives Behandlungsverfahren zur Schließmuskeldurchtrennung.
Die offenen LIS erfolgt mittels Inzision durch die intersphinktäre Rille, einer Trennung des M. sphincter internus von der Analschleimhaut durch stumpfe Dissektion und einer Teilung des inneren Schließmuskels unter Sicht.
Die geschlossene LIS wird mittels Stichinzision im intersphinktären Raum und blinder Teilung des M. sphincter internus unter digitaler Kontrolle durchgeführt.
Beide Techniken erzielen ähnliche Ergebnisse bezüglich der Heilungserfolge und Nebenwirkungen.
Gemäß der aktuellen US-amerikanischen Leitlinie gilt die LIS aufgrund ihrer hohen Heilungsraten als Goldstandard unter den chirurgischen Verfahren. [20] Eine Problematik darf dabei aber nicht vergessen werden – das Risiko der postoperativen Stuhlinkontinenz. Diese kann mitunter erst viele Jahre nach dem operativen Eingriff auftreten. Gemäß der Leitlinie sollte eine laterale interne Sphinkterotomie deshalb nicht als Erstlinientherapie angewandt werden. In Einzelfällen und nach Ausschöpfen aller anderen Therapieoptionen sowie der individuellen Anamnese, des Inkontinenzrisikos und der Präferenzen des Patienten kann die Technik indes eine Option darstellen.
Hinweis: Um eine postoperative Inkontinenz zu vermeiden, soll die LIS bei Frauen post partum sowie bei Patienten mit erniedrigtem Sphinktertonus oder vorherigen analen Operationen – auch bei Versagen anderer operativer Therapien – nur zurückhaltend angewendet werden.
Anale Dilatation
Die unkontrollierte und manuelle anale Dilatation nach Lord weist eine geringere Heilungsrate auf als die LIS. Zudem birgt sie das höchste postoperative Inkontinenzrisiko aller Verfahren. Daher soll sie nicht mehr zur Behandlung chronischer Analfissuren eingesetzt werden.
Sonstige operative Verfahren
In einzelnen Studien wurden weitere, noch nicht etablierte operative Therapieformen untersucht; unter anderem die Behandlung mit dem fraktionierten CO2-Laser. Aufgrund der unzureichenden Datenlage können die Leitlinienexperten allerdings noch keine Empfehlungen abgeben.
Die operative Sanierung soll eine gleichzeitige Resektion der sekundären morphologischen Veränderungen beinhalten. Dazu gehören:
Wächtermariske/Vorpostenfalte
sklerosierte Randwälle
hypertrophe Analpapillen
fibrosierte Analpolypen
vernarbte Anteile des M. sphincter ani internus
Histologische Untersuchung
Das exzidierte Gewebe nach Fissurektomien soll entsprechend der Leitlinienempfehlung histologisch untersucht werden – auch wenn der Operateur inspektorisch und manuell keine Auffälligkeiten feststellt. Nur so können anale intraepitheliale Neoplasien (High-grade- und Low-grade-Dysplasien) sowie invasive Analkarzinome zweifelsfrei ausgeschlossen werden [1].
Postoperative Analgesie
Nach dem chirurgischen Eingriff ist eine adäquate postoperative Analgesie sinnvoll, beispielsweise mittels Pudendusblock. Der Pudendusblock ist ein lokalanästhetisches Verfahren, bei der der sogenannte Nervus pudendus betäubt wird. Gemäß der Leitlinie kann die Blockade der schmerzleitenden Bahnen des Pudendusnervs postoperative Schmerzen reduzieren und bei den operativen Verfahren ergänzend zur gewählten Anästhesieform angewendet werden [1].
Nachbehandlung und Rezidivprophylaxe
Zur Nachbehandlung und Rezidivprophylaxe nach operativen Verfahren kann eine Therapie mit lokal applizierten Kalziumkanalantagonisten respektive Nitraten wie Gylceryltrinitrat erfolgen. Zur Vorbeugung von Obstipationen und zur Verhinderung von hartem Stuhlgang helfen stuhlregulatorische Maßnahmen, zum Beispiel eine Ernährungsumstellung und eine Nahrungsergänzung mit Flohsamenschalen.
Eine Nachkontrolle (inklusive einer Proktoskopie) ist nach sechs Wochen angezeigt [1].
Prognose
Eine akute Analfissur heilt meist nach wenigen Wochen spontan und ohne Folgeschäden ab. Chronische Analfissuren haben nach konservativer Behandlung oder chirurgischer Intervention ebenfalls eine gute Prognose. Bei der Wahl der operativen Methode sollte das erhöhte Risiko einer Stuhlinkontinenz bedacht werden [1].
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