Feigwarzen

Feigwarzen bzw. Condylomata acuminata sind spitze Plattenepithelhyperplasien, die durch humane Papillomviren übertragen werden; insbesondere durch sexuelle Kontakte bzw. Geschlechtsverkehr. intraepitheliale Läsionen und Neoplasien entstehen.

Feigwarzen

Definition

Feigwarzen bzw. Condylomata acuminata gehören zu den anogenitalen Infektionen, die durch humane Papillomviren (HPV) verursacht werden. Die Mehrzahl der Infektionen wird durch HPV vom Niedrigrisikotyp (speziell HPV 6 und 11) übertragen. Die verbleibenden 10% basieren auf HPV vom Hochrisikotyp (vor allem HPV 16 und 18). Diese können aufgrund ihres onkogenen Potentials maligne entarten und bei persistierender Infektion zu Zervix-, Penis- oder Analkarzinomen sowie Malignomen im Oropharyngealbereich führen.

Feigwarzen wachsen zunächst als kleine, stecknadelkopfgroße weißliche oder rötliche Papeln in der Region von Genitale und After. Im weiteren Krankheitsverlauf nehmen die Warzen allmählich an Größe zu, verbreiten sich beetartig und konfluieren großflächig miteinander. Große Kondylom-Ansammlungen können sich zu einem Buschke-Löwenstein-Tumor ausweiten. Davon abzugrenzen sind HPV-assoziierte Zellveränderungen im Anogenitalbereich, die sich als plattenepitheliale Läsionen und intraepitheliale Neoplasien manifestieren.

Die wirksamste Methode, sich vor Feigwarzen zu schützen, bietet neben sexueller Enthaltsamkeit eine HPV-Impfung. Die Grundimmunisierung sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein.

Epidemiologie

Feigwarzen bzw. anogenitale HPV-Läsionen sind weltweit verbreitet und gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionserkrankungen (STD). Genaue Prävalenz-Zahlen gibt es nicht. Aufgrund fehlender Meldepflichten werden keine routinemäßigen Daten zur HPV-Krankheitslast erhoben. Krebsregisterdaten lassen jedoch Schätzungen zu.

In Europa können Feigwarzen vom HPV-Niedrigtyp bei etwa 1-2% aller sexuell aktiven Erwachsenen zwischen dem 15. und 49. Lebensjahr nachgewiesen werden. Rechnet man schwer erkennbare subklinische Verläufe mit ein, erhöht sich der Anteil auf bis zu 5%. In Deutschland wird die Inzidenz auf 170 Fälle pro 100.000 Personenjahre (definiert als Jahre, in denen die Personen während der Studie unter Beobachtung standen) geschätzt. Das Lebenszeitrisiko liegt bei etwa 5-10%. Bei Frauen ist die Inzidenz mit 627 Fällen pro 100.000 Personenjahre zwischen dem 20. und 24. Lebensjahr am höchsten. Bei Männern zeigt sich die stärkste Inzidenz mit 457 Fällen pro 100.000 Personenjahre bei den 25- bis 29-Jährigen.

Bevölkerungsbasierte Daten aus den Jahren 2010/2011 ergeben, dass in Deutschland 35 % der Frauen zwischen 20 und 25 Jahren mit HPV vom Hochrisikotyp infiziert sind. Ein Großteil der Infektionen verläuft transient und ist nach ein bis zwei Jahren nicht mehr nachweisbar. Die HPV-Infektion kann aber über Jahre persistieren und sich über Präkanzerosen zu einem Karzinom ausweiten.

Der häufigste HPV-induzierte Tumor ist das Zervixkarzinom. Ein Zervixkarzinom wird in nahezu 100% der Fälle durch HP-Viren verursacht. In Entwicklungsländern sind HP-Viren für fast 12% aller Tumoren bei Frauen verantwortlich.

In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 6.250 Frauen und 1.600 Männer an HPV-bedingten Karzinomen im Bereich von Zervix, Vagina, Vulva und Penis, der Anogenitalregion sowie im Oropharynx.

Diese Zahlen basieren auf Daten des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Bei circa 10% der Frauen entwickelt sich aus einer persistierenden HPV-Infektion – im Durchschnitt über einen Zeitraum von etwa drei bis sechs Jahren postinfektiös – eine höhergradige zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN III). Ohne Behandlung geht aus dieser Läsion in etwa 30-50% der Fälle innerhalb von zehn bis 30 Jahren ein Zervixkarzinom hervor. Hierzulande erkranken jedes Jahr etwa 4.500 Frauen neu an einem Zervixkarzinom, rund 1.500 versterben pro Jahr daran.

Bei Männern sind vor allem das Penis- und Analkarzinom sowie Plattenepithelkarzinome im Oropharyngealbereich HPV-indiziert. Pro Jahr ist mit etwa 600 Anal- und wenigstens 250 HPV-bedingten Peniskarzinomen sowie mindestens 750 HPV-assoziierten Karzinomen in der Mundhöhle bzw. im Rachen als Neuerkrankung zu rechnen.

Eine HPV-Infektion tritt in der Regel erst jenseits der ersten intergeschlechtlichen Aktivitäten auf. Die meisten Personen erkranken in der sexuell aktiven Phase zwischen dem 20. und 24. Lebensjahr. Vor dem 14. Lebensjahr sind positive HPV-Befunde eher selten. Bei einer Erstmanifestation im Kindesalter sollte an missbräuchliche Übergriffe gedacht werden.

Ursachen

Feigwarzen werden durch humane Papillomviren verursacht. HPV sind kleine, unbehüllte Viren mit einem ringförmigen, doppelsträngigen DNA-Genom und einem Durchmesser von etwa 55 nm. Bis Ende 2019 wurden bereits über 200 verschiedene HPV-Genotypen identifiziert, mehr als 100 davon sind komplett klassifiziert.

Phylogenetisch werden HPV in fünf Genera unterteilt: Alpha-, Beta-, Gamma-, Mu- und Nu-HPV. Von diesen können nur HPV aus dem Alpha-Genus Haut und Schleimhäute infizieren.

Viren der Familie der Papillomaviridae besitzen ein unterschiedliches onkogenes Potential. Dabei werden Hochrisiko- und Niedrigrisikotypen unterschieden. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft derzeit zwölf HPV-Hochrisikotypen als sicher karzinogen ein, und zwar die Typen 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58 und 59. In HPV-bedingten Karzinomen findet sich mehrheitlich DNA der HPV-Hochrisiko-Typen 16 und 18. Unter den HPV-Niedrigrisikotypen spielen bei Genitalwarzen HPV 6 und 11 eine entscheidende Rolle.

Hinweis: Mittlerweile ist bekannt, dass HPV vom Niedrigrisikotyp ebenfalls neoplastische intraepitheliale Läsionen verursachen können, insbesondere bei Patienten mit HIV-Infektionen. Deshalb wird die strikte Unterteilung in High- und Low-Risiko-Typen zunehmend als obsolet bewertet.

Pathogenese

HP-Viren dringen über Mikroverletzungen in Haut und Schleimhaut ein; bei Infektionen im Anogenitalbereich vor allem über Vaginal- und Analverkehr. Orogenitale Sexualpraktiken begünstigen eine Infektion von Mundhöhle und/oder Oropharynx. Haben die Viren die Haut- bzw. Schleimhautbarriere überwunden, infizieren sie die Epithelzellen der undifferenzierten Basalmembran. Die vegetative DNA-Replikation erfolgt in den suprabasalen Epithelschichten, die virale Ausreifung in den differenzierten oberen Zellschichten. In Folge einer verstärkten Zellproliferation bilden sich makroskopisch sichtbare Hautveränderungen.

Maligne Entartung

Bei persistierender Infektion mit Hochrisiko-HPV-Typen (selten auch durch Low-Risk-Subtypen) wird die virale DNA in das Wirtszellgenom integriert. Im Krankheitsverlauf ist mit einer verstärkten Expression der HPV-Onkoproteine E6 und E7 zu rechnen. Diese inaktivieren Tumorsuppressor-Proteine, verhindern die zelluläre Apoptose und beeinflussen intrazelluläre, das Zellwachstum regulierende Signalwege. Schreitet dieser Prozess fort, entwickeln sich im infizierten Epithelareal über eine ungesteuerte Zellproliferation Dysplasien und Läsionen, die maligne entarten können.

Übertragung

HPV werden über direkten Kontakt von Mensch zu Mensch, speziell durch Geschlechtsverkehr übertragen. Eine Weitergabe der Viren ist gleichermaßen durch sehr engen Körperkontakt – selbst mit Kondomschutz oder einem Lecktuch bei Sexualkontakten – möglich.

Aufgrund der hohen Widerstandsfähigkeit von Papillomviren ist eine Übertragung mittels Schmierinfektion nicht auszuschließen. Dann gelangen die Erreger über Finger oder unbelebte Vektoren in den Organismus.

Darüber hinaus können die HP-Viren während der Geburt von der Mutter auf das Neugeborene übertragen werden.

Inkubationszeit

Die geschätzte Dauer zwischen HPV-Infektion und Ausbildung von Genitalwarzen beträgt in der Regel zwei bis drei Monate. Variable Zeitspannen zwischen zwei Wochen und acht Monaten sind denkbar.

Zwischen einer persistierenden Infektion mit Hochrisiko-HPV-Typen und einer hochgradigen zervikalen Dysplasie vergehen schätzungsweise drei bis sechs Jahre, zwischen hochgradiger Dysplasie und einem invasiven Karzinom liegen etwa zehn bis mehr als 30 Jahre. Für Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen bei Männern sind bislang keine Daten zur Tumorentwicklung bei persistierenden HPV-Infektionen verfügbar.

Risikofaktoren

Zu den Risikofaktoren einer HPV-Infektion zählen unter anderem:

  • frühe erste Sexualkontakte
  • häufig wechselnde Intimpartner (über die gesamte Lebensspanne)
  • andere Genitalinfektionen
  • homosexuelle Geschlechtskontakte
  • Oral- und Analverkehr
  • anogenitale Mazerationen, Entzündungen, Traumata u. ä.
  • Niktotinabusus (dosisabhängig bis zu fünf-fach erhöhtes Risiko)
  • Immundefizienz, inkl. HIV-Infektionen
  • Immunsuppression

Eine feuchte Umgebung wirkt sich begünstigend auf eine HPV-Infektion aus, beispielsweise bei Fluor vaginalis, Urethritis, Phimose und anogenitalen Ekzemen.

Symptome

Die Symptome bei HPV-Infektionen richten sich nach der Art der Erreger. Nach einer Infektion mit HPV vom Niedrigrisikotyp entstehen die typischen Feigwarzen bzw. Condylomata acuminata. Daneben gibt es intraepitheliale Neoplasien. Diese können sich als Low-grade plattenepitheliale Läsion (LSIL) oder als High-grade plattenepitheliale Läsion (HSIL) manifestieren.

Hinweis: Nicht jede HPV-Infektion führt zur Warzenbildung. Deutlich öfter kommt es zum asymptomatischen Verlauf.

Feigwarzen

Feigwarzen verursachen in der Mehrzahl der Fälle keine klinischen Beschwerden, werden von den Betroffenen aber mehrheitlich als störend empfunden. Nicht selten wirken sich Feigwarzen negativ auf das sexuelle Erleben und die Partnerschaft aus.

Die exophytisch wachsenden Kondylome erscheinen zunächst als singuläre weiche, rötlich bis graubraune oder hautfarbene Tumore unterschiedlicher Größe. Die gestielt oder breitbasigen Gebilde neigen zur Beetbildung. Im weiteren Erkrankungsverlauf wachsen die Papeln, disseminieren und konfluieren großflächig miteinander. Bei ausgedehntem Befund sind dezenter Pruritus, Brennen, Spannungsgefühle und leichte Schmerzen sowie Sekundärekzeme möglich.

Bei Männern sind häufig Glans Penis, Frenulum und Präputium (bei beschnittenen Männern der Penisstamm) betroffen. Bei Frauen finden sich die Warzen an Vagina, Vulva und Cervix uteri. Die Urethra kann bei beiden Geschlechtern infiziert sein. Bei starkem Befall breiten sich die Warzen wie ein Teppich in die perianale und rektale Region aus.

Nach oralen Sexualpraktiken können Larynxpapillome entstehen. Diese kommen ebenfalls bei Neugeborenen nach perinataler Transmission vor.

Intraepitheliale Neoplasien

Gewebsläsionen, die mit Zellveränderungen einhergehen, werden als intraepitheliale Neoplasien (IEN) bezeichnet. Die Unterteilung erfolgt nach histologisch definiertem Schweregrad, der sich auf den Anteil des befallenen Epithels bezieht.

  • LSIL sind Low-grade squamöse intraepitheliale Läsionen bzw. intraepitheliale Neoplasien Grad 1 (IEN 1). Die Dysplasien zeigen sich zuweilen als plane, weiß-bräunliche, gestreut stehende Papeln, meist an Vulva und Anus. LSIL haben eine hohe Spontanremissionsrate.
  • HSIL sind High-grade squamöse intraepitheliale Läsionen, die als intraepitheliale Neoplasien Grad 2 bis 3 (IEN 2–3) klassifiziert und als Carcinoma in situ (CIN) gewertet werden. Die Läsionen können sich als multiple, flache rötlich bis bräunlich pigmentierte Papeln an Vulva, Anus und Penis manifestieren. Diese Präkanzerose ist unbehandelt mit einem hohen Risiko für invasives Wachstum und Plattenepithelkarzinome assoziiert.

Buschke-Löwenstein-Tumor und Condylomata gigantea

Stark ausgeprägte Kondylome bilden als Condylomata gigantea (nicht destruierende Form) oder Buschke-Löwenstein-Tumore (lokal destruierende Ausbreitung, aber ohne Metastasierungstendenz) seltene chronische Sonderformen der Feigwarzen. Bei beiden Varianten wachsen die Kondylome blumenkohlartig und können eine beträchtliche Größe annehmen. Prädilektionsstellen sind Vulva und Penis, seltener auch Anus und die Perianalregion. Die massiven Kondylomkonglomerate sondern oftmals einen übel riechenden fötiden Geruch ab. Dieser ist Folge einer bakteriell bedingten Zellzersetzung in den Wucherungen des voluminösen Tumorgebildes. Teilweise brechen die verrukösen Hyperplasien auf und können bluten.

Diagnostik

Der Verdacht auf Feigwarzen wird nach anamnestischer Exploration blickdiagnostisch gestellt. Die Abklärung anogenitaler HPV-assoziierter Läsionen erfolgt visuell und palpatorisch. Dafür sollte zwingend die gesamte äußere Genitalregion, einschließlich der Perianalregion plus Meatusspreizung zur Inspektion der Fossa navicularis, inspiziert und palpiert werden. Bei Frauen ist eine gynäkologische Untersuchung einschließlich Kolposkopie und zervikaler Zytologie indiziert.

Bei perianalen HPV-assoziierten Läsionen finden sich häufig intraanale Befunde. Aus diesem Grund empfiehlt die aktuelle S2k-Leitlinie eine digital-rektale Untersuchung sowie eine Proktoskopie oder hochauflösende Anoskopie (HRA) zur Beurteilung des Analkanals.

Bei Läsionen des Meatus urethrae kann der proximale urethrale Befall selbst durch Meatusspreizung von außen nicht immer vollständig erfasst werden. Zudem sind Meatus-Kondylome in etwa 20% der Fälle mit proximalen Urethrakondylomen vergesellschaftet, die nur endoskopisch diagnostizierbar sind. Deshalb wird bei HPV-bedingten Läsionen im Bereich des Meatus und der Fossa navicularis eine endourethrale Diagnostik empfohlen, um die intraurethrale HPV-Tumorausdehnung zu beurteilen. Um eine Verschleppung der Infektion zu vermeiden, ist diese allerdings erst im Rahmen einer therapeutischen Urethroskopie mit Sanierung von außen nach innen angezeigt. Die Fluoreszenzdiagnostik der Urethra kann bei der Detektion intraurethraler Kondylome und Peniskarzinome den Therapieerfolg verbessern und die posttherapeutischen Rezidivraten positiv beeinflussen.

HPV-assoziierte anogenitale Läsionen gehen mit einem erhöhten Risiko für andere sexuell übertragbare Infektionen wie Syphilis, Gonorrhoe, Hepatitis B/C sowie HIV- und Chlamydieninfektionen einher.

Diese STI sollten im Umfang der Feigwarzen-Diagnostik unbedingt ausgeschlossen werden.

Bei wiederholt rezidivierenden, therapierefraktären anogenitalen Läsionen wird angeraten, für die weitere Diagnostik und Therapie einen in der Behandlung solcher Läsionen erfahrenen Experten zu konsultieren.

Labordiagnostik

Bei immunkompetenten Patienten mit klinisch typischen Feigwarzen ist eine histopathologische Untersuchung nicht zwingend erforderlich, kann jedoch in Einzelfällen bzw. bei entsprechenden Indikationen erwogen werden. Dazu gehören:

  • diagnostische Unsicherheit
  • atypische Läsionen (zum Beispiel pigmentiert, polychrom, induriert, ulzeriert, blutend oder mit dem umgebenden Gewebe verwachsen)
  • große Feigwarzen (> 1 cm)
  • Verdacht auf Buschke-Löwenstein-Tumore oder verruköse Karzinome
  • therapierefraktäre und rasch rezidivierende Läsionen

Feigwarzen können, insbesondere bei intraanaler Lokalisation, mit hochgradigen Dysplasien oder Karzinomen einhergehen. Ein erhöhtes Karzinomrisiko birgt vor allem die Transitionalzone zwischen Anoderm mit unverhorntem Plattenepithel zum Rektum mit Zylinderepithel. Deshalb sollten auffällige Läsionen vor der Behandlung intraanaler Kondylome biopsiert und histopathologisch untersucht werden.

Eine molekularbiologische Untersuchung zum HPV-Nachweis bzw. zur HPV-Typisierung liefert keine therapierelevante Information und wird deshalb bei Feigwarzen – mit Ausnahme von Riesenkondylomen – auch nicht empfohlen.

Die Diagnose mittels Essigsäuretest wird nicht von allen Leitlinienexperten befürwortet. Dennoch kann sie bei unklaren klinischen Verhältnissen und bei perianalen Kondylomen erwogen werden, um verdächtige Areale und die Ausdehnung der Läsionen besser darstellen zu können.

Spezielle Diagnostik bei anogenitalen intraepithelialen Neoplasien

Bei Verdacht auf anogenitale IEN ist zur Klassifikation des Dysplasiegrades und zum Ausschluss invasiver Läsionen eine histopathologische Untersuchung angezeigt. Diese kann, je nach Befundausdehnung, als einfache Biopsie, Mappingbiopsie oder therapeutische Exzision erfolgen.

Im individuellen Fall kann eine molekularbiologische Untersuchung zum HPV-Nachweis bzw. zur HPV-Typisierung indiziert sein.

Der Essigsäuretest ist eine bewährte Methode, verdächtige Regionen mit anogenitalen intraepithelialen Neoplasien zu identifizieren und die Ausdehnung der Läsionen besser zu beurteilen. Zudem kann der Einsatz von Lugol’scher Lösung (Jodprobe) erwogen werden.

Therapie

Feigwarzen haben eine relativ hohe Tendenz zur Spontanremission. Wegen der ausgeprägten Kontagiosität ist eine Behandlung der Läsionen dennoch grundsätzlich indiziert. Ziele der Behandlung sind:

  • Reduktion etwaiger Symptome wie Brennen, Pruritus und Fluor genitalis
  • komplette Beseitigung klinischer Läsionen, inkl. Randsaum subklinischer Defekte
  • rezidivfreie Abheilung
  • Verbesserung krankheitsbedingter reduzierter Lebensqualität der Betroffenen
  • Vermeidung der weiteren Infektionsausbreitung
  • Verhinderung einer Progression zu invasiven Karzinomen

Patienten sollten ein individuelles Behandlungskonzept erhalten und zu wichtigen Informationen – möglichst schriftlich in Patienten-verständlicher Sprache – aufgeklärt werden. Insbesondere über:

  • die Kontagiosität der Infektion
  • Maßnahmen zur Reduktion des Transmissionsrisikos
  • den zu erwartenden Krankheitsverlauf (einschließlich möglicher spontaner Remissionen und des Progressionsrisikos bei IEN)
  • therapeutische Optionen
  • das hohe Rezidivrisiko und die Notwendigkeit von Nachsorgeuntersuchungen
  • die Bedeutung der Selbstuntersuchung
  • den Einfluss von Nikotin auf die Rezidivfreiheit und Prognose
  • die Gefahr von Intimrasuren, inkl. Hinweisen zu Alternativen wie Enthaarungscremes und Methoden ohne direkten Hautkontakt (Kurzhaarschneider)

Therapie äußerer Feigwarzen und äußerer IEN

Über das Therapiemanagement bei äußeren anogenitalen Warzen und IEN sollten der Arzt und der Patient gemeinsam entscheiden. Bei der Auswahl der Methoden sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Größe, Anzahl und Lokalisation der Läsionen
  • Patientenpräferenzen und zu erwartende Compliance  
  • Erfahrung und Ausstattung des behandelnden Arztes
  • Art und Erfolg vorausgegangener Behandlungen
  • Grund- und Begleiterkrankungen

Im Rahmen der primären Therapie sollte gemäß der Leitlinien-Empfehlung zwischen folgenden therapeutischen Optionen (evtl. auch vom Patienten selbst durchgeführt) gewählt werden:

  • topische Therapieverfahren:
    -Podophyllotoxin 0,5% Lösung
    -Imiquimod 5% Creme
    -Sinecatechine 10% Salbe
  • chirurgische und/oder ablative Therapieverfahren:
    -Kürettage, Scherenschlagexzision
    -konventionelle Skalpellchirurgie
    -Elektrokauter und modifizierte koagulierende Verfahren
    -Lasersysteme geeigneter Wellenlängen und biologischer Gewebewirkungen
    -Kryotherapie
    -Trichloressigsäure 80–90% (m/V)

Eine Behandlung mit einer der folgenden therapeutischen Optionen kann im Einzelfall erwogen werden:

  • Podophyllotoxin 0,15% Creme
  • Imiquimod 3,75% Creme (Off-Label-Use)
  • 5-Fluorouracil 5% Creme (Off-Label-Use)
  • Interferon alpha; topisch, intraläsional (Off-Label-Use)

Als obsolet gelten die Behandlungsverfahren mit Podophyllin Lösung und Cidofovir 1% als Creme oder Gel.

Bei wiederholten Rezidiven kann eine kombinierte sequenzielle Therapie mit chirurgischen oder ablativen Verfahren erfolgen. Nach Abheilung der Läsionen ist eine topische Nachbehandlung mit Imiquimod 5% Creme oder Sinecatechine 10% Salbe zur Rezidivprophylaxe zu empfehlen.

Patienten mir sehr voluminösen, großflächigen, disseminierten oder malignitätssuspekten Befunden sollten zur Abklärung und Therapie einen in der Behandlung solcher Läsionen erfahrenen Spezialisten konsultieren.

Hinweis: Bei äußeren anogenitalen IEN ist grundsätzlich eine organ- und funktionserhaltende sowie nicht verstümmelnde Therapie anzustreben. Die Behandlung sollte die klinisch manifesten und/oder histopathologisch auffälligen Läsionen sowie umgebende subklinische Läsionen umfassen.

Therapie intraanaler HPV-assoziierter Läsionen

Bei intraanalen Feigwarzen und IEN wird (je nach Ausdehnung) primär eine der folgenden oberflächlich ablativen Methoden empfohlen:

  • Elektrokauter und modifizierte koagulierende Verfahren
  • Lasersysteme geeigneter Wellenlängen und biologischer Gewebewirkungen
  • Kürettage, Exzision

Im Individualfall kann eine primäre Behandlung mit einer der folgenden therapeutischen Optionen erwogen werden:

  • Trichloressigsäure 80–90% (m/V)
  • Imiquimod 5% Creme/Suppositorien (Off-Label-Use)
  • Kryotherapie

Mit Ausnahme von Exzisionsbiopsien bei Verdacht auf ein Analkanalkarzinom wird von tiefen Exzisionen abgeraten.

Postoperativ sollten sich stuhlregulierende Maßnahmen und eine suffiziente Schmerztherapie anschließen, bei ausgedehnten Befunden auch stationär.

Bei rezidivierenden intraanalen HPV-assoziierten Läsionen kann nach der Abheilung der Wunden eine adjuvante Behandlung mit Imiquimod 5% Creme, appliziert als Analtampons, sinnvoll sein (Off-Label-Use).

Besonderheiten bei Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen und HPV-bedingten Karzinomen

Für Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen gibt es bislang keine Therapie. Bei HPV-assoziierten Präkanzerosen an der Zervix können diese zum Beispiel mittels Konisation entfernt werden.

Die Behandlung HPV-bedingter Karzinome richtet sich nach der Tumorlokalisation und dem Schweregrad. Bewährte Methoden sind die chirurgische Entfernung sowie Strahlen- und/oder Chemotherapie.

Adjuvante Therapie

Mitunter wird diskutiert, ob eine systemische Interferongabe zusätzlich zu den empfohlenen lokalen Maßnahmen die Effektivität der Behandlung von Feigwarzen und IEN erhöhen könnte. Gemäß den Empfehlungen der aktuellen Leitlinie wird davon allerdings abgeraten.

Eine parallele oder adjuvante therapeutische Verabreichung von HPV- Impfstoffen wird ebenfalls nicht empfohlen. Die Gabe von HPV-Impfstoffen nach erfolgreicher Behandlung von HPV-assoziierten anogenitalen Läsionen und IEN kann im Off-Label-Use erwogen werden, um die Rezidiv- bzw. Reinfektionsrate zu senken.

Partnermanagement

Patienten mit HPV-assoziierten anogenitalen Läsionen, die in einer Partnerschaft bzw. sexuell aktiv leben, sollte unbedingt angeboten werden, die Partner mit zu untersuchen. Neben diesem Angebot sind Patienten mit HPV-assoziierten anogenitalen Läsionen dazu anzuhalten, ihre aktuellen Sexualpartner und Partner der letzten sechs Monate vor Diagnosestellung über die Erkrankung und die Ansteckungswege zu informieren. Darüber hinaus gilt:

  • Beim genitalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr immer Kondome verwenden. Diese Maßnahme ist so lange erforderlich, bis betroffene Patienten mindestens sechs Monate erscheinungsfrei sind. Es muss jedoch speziell darauf hingewiesen werden, dass Kondome keinen vollständigen Schutz gewährleisten und eine HPV-Infektion nicht sicher verhindern können.
  • Auf mögliche Übertragung und Schmierinfektion durch Hände und Textilien achten; Waschlappen, Handtücher, Badeschwämme oder Körperbürsten dürfen nicht miteinander geteilt werden.
  • Sexspielzeuge dürfen nicht gegenseitig getauscht werden und sind nach jeder Benutzung sorgfältig zu reinigen und zu desinfizieren.

Prognose

Feigwarzen haben eine hohe Spontanremissionsrate und können ohne Behandlung von selbst abheilen. Unter Umständen kann das aber mehrere Jahre dauern. Mit zielgerichteter Therapie sind die Kondylome in der Regel deutlich schneller verschwunden. Dabei gilt: Je früher mit der Behandlung begonnen wird, umso besser sind die Heilungsaussichten.

Da HP-Viren mit keiner Methode vollständig eliminiert werden können, sind Rezidive trotz zunächst erfolgreicher Behandlung keine Seltenheit.

Persistierende, unbehandelte HPV-Infektionen bergen das Risiko maligner Veränderungen, vor allem bei HPV vom Hochrisikotyp. Häufig führen folgende HPV-assoziierte Präkanzerosen zu entsprechenden Karzinomen:

  • zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN): Zervixkarzinom
  • vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN): Vaginalkarzinom
  • vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN): Vulvakarzinom
  • penile intraepitheliale Neoplasie (PIN): Peniskarzinom
  • anale intraepitheliale Neoplasie (AIN): Analkarzinom

Cave: Oropharyngealkarzinome in Mund, Rachen und Kehlkopfbereich entwickeln sich ohne bekannte Krebsvorstufen.

Prophylaxe

Um sich effektiv vor HPV-assoziierte Läsionen zu schützen, gibt es zwei Methoden:

  • Verzicht auf Sexualkontakte und Geschlechtsverkehr
  • HPV-Impfung

Da Ersteres in der allgemeinen Bevölkerung kaum praktiziert wird, sollte auf die prophylaktische Schutzimpfung gesetzt werden. HPV-Impfstoffe schützen nahezu 100%-ig vor einer Infektion mit in den Vakzinen enthaltenen HPV-Typen.

HPV-Impfungen Cervarix und Gardasil 9

Als HPV-Impfung sind in Deutschland aktuell zwei Totimpfstoffe zugelassen. Der bivalente Impfstoff (Cervarix) und der nonavalente Impfstoff (Gardasil 9). Beide Impfungen haben die Empfehlung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts erhalten.

Cervarix schützt aufgrund der enthaltenden Antigene vor etwa 70% der durch Hochrisiko-HPV-Typen ausgelösten Zervixkarzinome (Typ HPV 16 und 18); aufgrund einer gewissen Kreuzprotektion evtl. auch für die nicht im Impfstoff enthaltenen Typen HPV 31, 33 und 45. Gardasil 9 bietet einen rund 90%-igen Schutz (neben HPV 16 und 18 zusätzlich HPV 6, 11, 31, 33, 45, 52 und 58).

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen HPV seit 2007 für Mädchen und seit Juni 2018 für Jungen. Die Immunisierung sollte im Alter von 9 bis 14 Jahren, spätestens jedoch bis zum 17. Lebensjahr, erfolgen. In Einzelfällen können selbst über 18-Jährige noch von einer HPV-Impfung profitieren.

Für eine komplette Grundimmunisierung müssen im Alter von 9 bis 14 Jahren zwei Impfungen im Abstand von mindestens fünf Monaten verabreicht werden. Wird die erste HPV-Impfung im Alter von 15 Jahren oder älter gegeben, sind insgesamt drei Impfungen erforderlich. Das Impfschema (0-1-6 bzw. 0-2-6 Monate) richtet sich dabei nach dem Impfstoff.

Bei bereits persistierender HPV-Infektion kann der Impfstoff gegen die vorhandenen HPV-Typen keinen Schutz mehr gewährleisten. Deshalb wird geraten, die Impfung optimalerweise vor Aufnahme erster sexueller Kontakte durchzuführen.

Umgang mit Patienten

Gemäß den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zur Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten sind bei der Behandlung von Patienten mit HPV-Infektionen keine über die Basishygiene hinausgehende Initiativen zu beachten. In Einrichtungen des Gesundheitswesens beschränken sich basishygienische Maßnahmen auf die Desinfektion von Medizinprodukten mit Schleimhautkontakt. Dafür sollten grundsätzlich Mittel oder Verfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit gegen behüllte und unbehüllte Viren mit dem Wirkungsbereich viruzid verwendet werden. Geeignete Mittel finden sich in der Liste der vom RKI geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren (RKI-Liste) sowie in der Desinfektionsmittel-Liste des Verbunds für Angewandte Hygiene (VAH-Liste).

Meldepflicht gemäß IfSG

Gemäß IfSG besteht für HPV-Infektionen in Deutschland keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht.

Hinweise

Derzeit sind in Deutschland 44,6% der 17-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV-Infektionen geimpft. Dabei gibt es große regionale Unterschiede. So weisen die neuen Bundesländer mit bis zu 60% gute Quoten auf, südliche Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg hinken jedoch mit etwa 35% weit hinterher. Doch selbst mit 44,6% kann die HPV-Impfung von Mädchen, Modellberechnungen zufolge, die Häufigkeit von Zervixkarzinomen in Deutschland im Verlauf der nächsten 100 Jahre um mehr als die Hälfte verringern. Das würde bedeuten, dass 163.000 weniger Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkranken. Mit einer höheren Impfrate könnte sich dieser Erfolg noch deutlich vergrößern.

Nach Schätzungen des Zentrums für Krebsregisterdaten am RKI erkranken pro Jahr etwa 600 Männer an Analkarzinomen, wenigstens 250 an Peniskarzinomen und mindestens 750 Männer an oropharyngealen Karzinomen, die auf eine HPV-Infektion zurückzuführen sind. Um diese Zahlen zu verringern, hat Deutschland als eines der ersten europäischen Länder die HPV-Impfung für Jungen in die Schutzimpfungsrichtlinie aufgenommen. Durch die HPV-Impfung beider Geschlechter können sowohl Frauen als auch Männer sich und ihre jeweiligen Partner vor HPV-bedingten Krebserkrankungen schützen. Würde bei Jungen eine vergleichbare Impfquote wie bei Mädchen erzielt, könnten zusätzlich mehr als 76.000 weitere HPV-bedingte Karzinome verhindert werden. Ziel der Impfexperten ist eine Impfquote von 70% bei allen 15-jährigen Adoleszenten binnen der nächsten fünf Jahre.

Autor:
Stand:
20.01.2020
Quelle:
  1. Gross, G. E. et al.: S2k-Leitlinie „HPV-assoziierte Läsionen der äußeren Genitalregion und des Anus – Genitalwarzen und Krebsvorstufen der Vulva, des Penis und der peri- und intraanalen Haut“. AWMF-Registernummer: 082-008. Stand 8. November 2017.
  2. Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber: Humane Papillomviren. Stand 28. Juni 2018.
  3. Sterry, W.: Checkliste Dermatologie. Thieme Verlag. 7. Auflage. 29. Januar 2014.
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