Nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) steigt die Gefahr, an einem weiteren Schlaganfall zu erkranken erheblich an. Im British Medical Journal (BMJ) wurde kürzlich eine Praxisempfehlung publiziert, die dieses Risiko senken soll: eine duale Plättchenhemmung. Werden Acetylsalicylsäure (ASS) und Clopidogrel gemeinsam verabreicht, sinkt die Zweiterkrankungsrate von ischämischen Schlaganfällen nach einer TIA oder einem leichten ischämischen Hirninfarkt beträchtlich. Das wurde durch mehrere Untersuchungen und insbesondere einer im August 2018 publizierten Studie bestätigt (2018; DOI: 10.1056/NEJMoa1800410).
Bislang wird in Deutschland als vorbeugende Maßnahme lediglich einer der beiden Thrombozytenaggregationshemmer gegeben. Dem aktuell publizierten Rat der Experten schließen sich hierzulande nun auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) an. Mit einem Einzug dieser Neuerung in die DGN-Leitlinie zur Sekundärprävention von Schlaganfällen ist in Kürze zu rechnen.
Duale Plättchenhemmung ist Monotherapie überlegen
Eine duale Plättchenhemmung aus ASS und Clopidogrel senkt die Rate an Schlaganfallrezidiven und Hirnblutungen gegenüber einer Monotherapie signifikant. „Diese Kombinationstherapie sollte mindestens 24 Stunden nach dem Einsetzen der ersten Schlaganfallsymptome erfolgen und über zehn bis 21 Tage andauern“, erklärt Professot Dr. Armin Grau, 1. Vorsitzender der DSG und Direktor der Neurologischen Klinik am Klinikum Ludwigshafen. So ist die Rezidivrate nach einem leichten, vorübergehenden Schlaganfall am effektivsten. Das wird auch von einer im New England Journal of Medicine (NEJM) publizierten Studie bestätigt. In dieser wurde die Kombinationsbehandlung mit ASS und Clopidogrel randomisiert und kontrolliert mit der derzeit gängigen ASS-Monotherapie verglichen.
Studienergebnisse
Im Ergebnis der Studie war die Kombination von ASS und Clopidogrel der Monotherapie hinsichtlich der Rezidivprophylaxe eines Folge-Schlaganfalls überlegen. Der Vorteil der dualen Plättchenhemmung war so erheblich, dass die Studie sogar vorzeitig beendet wurde. Nachdem nur 84% der ursprünglich avisierten Probanden inkludiert worden waren, zeigte sich bereits der deutliche Vorteil der kombinierten Thrombozytenaggregationshemmung. In der Verum-Gruppe, die Acetylsalicylsäure und Clopidogrel erhalten hatte, erlitten nur 121 von 2.432 Patienten ein größeres ischämisches Folgeereignis. Bei den Probanden, die Aspirin und ein zusätzliches Placebopräparat einnahmen, waren es 160 von 2.449 Patienten. Das entspricht einer Risikoreduktion von signifikanten 25%.
Clopidogrel und Acetylsalicylsäure beeinflussen Blutgerinnung synergistisch
Wie viele Experten gehen auch die Studienautoren von einer sich ergänzenden Wirkung zwischen ASS und Clopidogrel aus. So wird das Gerinnungssystem auf unterschiedlichen Wegen behindert. Acetylsalicylsäure hemmt hauptsächlich die Thomboxansynthese in den Thrombozyten. Indem Clopidogrel zusätzlich die Aggregation der Thrombozyten über den P2Y12-Rezeptor-Weg bremst, entsteht sehr wahrscheinlich ein synergistischer Effekt. Das würde auch die relevante niedrige Rate an Folge-Schlaganfällen erklären.
Schlaganfall-Risiko nach TIA ist hoch
Eine TIA, auch als Mini-Schlaganfall bezeichnet, ist eine kurzzeitig andauernde ischämische Episode, bei der sich alle Anzeichen und Symptome spätestens 24 Stunden nach dem Ereignis vollständig zurückgebildet haben. Die Patienten haben quasi nochmal Glück gehabt und können ohne Residualbeeinträchtigung ihr Leben fortführen. Häufig aber folgt ein weiteres, weitaus schwereres ischämisches Ereignis. Auch Professor Dr. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN, kennt das hohe Risiko für einen zweiten, schweren Schlaganfall bei TIA-Betroffenen. Diener dazu: „Die Vorbeugung ist daher gerade bei diesen Patienten, die vermeintlich gut weggekommen sind, von besonders großer Bedeutung.“
Neue Empfehlung soll in DGN-Leitlinie aufgenommen werden
Beinahe neun von zehn Schlaganfallereignissen haben eine ischämische Ursache. Ein hirnversorgendes Blutgefäß wird also thrombotisch verengt oder thrombembolisch verschlossen. Die nun folgende Minderversorgung des betroffenen Hirnareals mit Nährstoffen und Sauerstoff führt zu den typischen neurologischen Symptomen. Kopfschmerzen, Schwindel, Sprach-, Seh- und Mimikstörungen sowie Lähmungen sind nur beispielhaft. Therapeutisches Hauptziel ist, das zur Minderversorgung führende Hindernis schnellstmöglich aufzulösen und weitere thrombembolische Ereignisse zu verhindern. Diener zufolge soll die duale Plättchenaggregation mit Clopidogrel und ASS auch in die aktualisierte DGN-Leitlinie „Sekundärprävention ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke“ aufgenommen werden. „Zwischenzeitlich schließen wir uns der BMJ-Praxisempfehlung an“, betont Diener.
Fazit
Der Direktor der Neurologischen Klinik am Klinikum Ludwigshafen ist von der dualen Plättchenhemmung vollständig überzeugt. Dazu Grau: „Im Klartext heißt das, dass durch die kombinierte Einnahme von Aspirin und Clopidogrel deutlich mehr Folge-Schlaganfälle verhindern werden können, und zwar bei vertretbaren Risiken wie einem leicht erhöhten Blutungsrisiko“.









