Handystrahlung erhöht Hirntumorrisiko nicht

Handys und Smartphones gehören fest zum Alltag vieler Menschen. Durch die elektromagnetische Hochfrequenzstrahlung erhöht sich das Risiko für Hirntumore, so eine Befürchtung. Bei mehr als 700.000 Frauen aus Großbritannien bestätigte sich dies nicht.

Handy am Ohr

Hintergrund

Sie sind fester Bestandteil unseres Alltags geworden: Handys und Smartphones. Die Technik dahinter zur kabellosen Kommunikation basiert auf elektromagnetischen Feldern (Radiofrequency Electromagnetic Fields, RF-EMF). Diese elektromagnetische Hochfrequenzstrahlung wird auch von Radios und Fernsehern ausgesendet, allerdings befinden sich diese Geräte bei der Nutzung nicht in Kopfnähe. Beim Telefonieren mit dem Handy dringt RF-EMF mehrere Zentimeter ins Gewebe ein und wird dort absorbiert, aufgrund der Lokalisation vor allem im Bereich von Temporal- und Parietallappen.

Daher wird immer wieder diskutiert, ob RF-EMF bei der Handynutzung mit Risiken behaftet ist. Der biologische Effekt der Strahlung ist eine Erwärmung des Gewebes. Die Strahlung ist im Gegensatz zu UV- oder Röntgen-Strahlung nicht-ionisierend und kann die DNA des Nutzers nicht direkt schädigen. Der erwärmende Effekt von RF-EMF kann innerhalb der vorgeschriebenen Grenzwerte die Körpertemperatur nicht erhöhen. Doch gibt es andere Mechanismen außer die Wärmeabgabe, die den Nutzern von Mobiltelefonen schaden könnten? Nach aktueller Evidenzlage ist das Risiko für Hirntumore, beispielsweise Gliome oder Meningeome, bei Nutzung von Mobiltelefonen im normalen Umfang nicht erhöht. 

Seit 1996 erhebt in Großbritannien die prospektive UK Million Women Study Daten von Frauen aus England und Schottland an 66 Brustkrebs-Screeningzentren des National Health Service (NHS). Primär geht es bei dieser Studie um die Assoziation von Brustkrebs und Hormontherapien in der Menopause. Im Jahr 2001 wurde begonnen, Daten zur Handynutzung bei den Teilnehmerinnen zu sammeln. Nun wurden Daten zur Follow-up-Analyse aus der Kohorte publiziert [1].

Zielsetzung

Der Erstautor Dr. Joachim Schüz von der International Agency for Research on Cancer (IARC/WHO), Environment and Lifestyle Epidemiology Branch, Lyon, Frankreich, aktualisierte mit Kollegen der Universität Oxford Daten aus der UK Million Women Study zur Assoziation zwischen Handynutzung und dem Auftreten von Hirntumoren.

Methodik

Zwischen 1996 und 2001 wurden 1,3 Millionen Frauen, die zwischen 1935 und 1950 geboren wurden, in die Studie inkludiert. Fragen bezüglich der Nutzung von Mobiltelefonen wurden den Teilnehmerinnen erstmals 2001 und danach im Jahr 2011 gestellt. In den NHS-Daten wurden Todesfälle und Krebserkrankungen (inklusive nicht maligner Hirntumore) registriert.

Ergebnisse

Bei der ersten Befragung 2001 beantworteten 776.156 Teilnehmerinnen den Fragebogen. Es wurden 3.268 Fälle von Hirntumoren registriert. Das adjustierte relative Risiko bei der Nutzung eines Handys (ever) versus keiner Nutzung eines Handys (never) lag bei 0,97 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,90-1,04) für alle Arten von Gehirntumoren, bei 0,89 (95%-KI: 0,80-0,99) für Gliome und bei jeweils 1,0 für Meningeome, Hypophysentumore und Akustikusneurinome.

Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Teilnehmerinnen, die nie ein Handy nutzten und solchen, die ein Handy nutzten. Hier wurden Untergruppen gebildet anhand der Parameter „täglicher Gebrauch des Mobiltelefons“ und „Gebrauch des Mobiltelefons seit mindestens zehn Jahren“. Auch bezüglich der Assoziation zwischen Hirntumoren und bestimmten Tumor-Subtypen gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede.

Das relative Risiko für Gliome in den besonders exponierten Bereichen des Parietal- und Temporallappens lag bei etwas weniger als 1,0.

Fazit

Die Ergebnisse der Follow-up-Analyse der UK Million Women Study unterstützen die zunehmende Evidenz, dass die Nutzung von Mobiltelefonen im üblichen Umfang das Risiko für Hirntumore nicht erhöht. Weitere Analysen werden folgen, denn sicherlich nimmt die Nutzung von Mobiltelefonen weiter zu. Andererseits nimmt die Strahlungsemission neuerer Handygenerationen ab.

„Auch wenn in dieser Studie ausschließlich Daten zu Frauen erhoben wurden, unterstützen die Ergebnisse die zunehmende Evidenz, dass eine Mobiltelefon-Nutzung unter den üblichen Bedingungen Risiko und Inzidenz für Hirntumoren nicht erhöht“, so der Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener, zu den Studienergebnissen [2].

Quelle:
  1. Schüz et al. (2022): Cellular Telephone Use and the Risk of Brain Tumors: Update of the UK Million Women Study. Journal of the National Cancer Institute, DOI: https://doi.org/10.1093/jnci/djac042
  2. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Pressemeldung, 31.05.2022; abgerufen am 08.06.2022

 

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