Schlafstörungen in Kindheit - Psychosen in Adoleszenz?

Eine Kohortenstudie lässt vermuten, dass bestimmte Schlafstörungen in früher Kindheit das Risiko für die Entwicklung von Psychosen und Borderline Persönlichkeitsstörungen in der Adoleszenz erhöhen können.

Schlaflosigkeit Kind

Hintergrund:

In der Adoleszenz finden viele Veränderungen im Gehirn und Hormonsystem statt. Frühere Studien weisen darauf hin, dass die Adoleszenz daher als Schlüsselzeitraum dienen könnte, den Beginn von mentalen Erkrankungen wie beispielsweise Psychosen oder auch Borderline Persönlichkeitsstörungen (BPD) zu untersuchen. Des Weiteren ist bekannt, dass Schlaf ein Schlüsselfaktor ist, der mit der Entwicklung von psychopathologischen Symptomen assoziiert sein kann. Schlaf ist entscheidend für die Hirnfunktion und mentale Gesundheit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass adäquater Schlaf in der Kindheit als essentiell für die optimale kognitive und emotionale Funktion angesehen wird.

Fragestellung Studie

Die Arbeitsgruppe um Isabel Morales-Munoz untersuchte daher, ob Schlafprobleme in der frühen Kindheit mit psychopathologischen Symptomen/mentalen Pathologien wie beispielsweise Psychosen oder BPD in der Adoleszenz assoziiert sein könnten.

Methoden

Die vorliegende Kohortenstudie nutzte vorliegende Daten der Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC) des Vereinigten Königreiches (UK), die konzipiert wurde, um Faktoren, die mit der Entwicklung und der Gesundheit und Erkrankungen während der Kindheit und darüber hinaus zusammenhängen, zu analysieren. Schwangere Frauen mit einem berechneten Geburtstermin zwischen 04/1991 und 12/1992 wurden zur Teilnahme an der Studie eingeladen. Die Datenauswertung erfolgte zwischen 05 und 12/2019.

Die Eltern wurden nach den Schlafgewohnheiten, also nächtlicher Schlafdauer, Aufwachfrequenz, Schlafenszeit und Regelmäßigkeit der Schlafroutine ihrer Kinder befragt, als diese 6, 18, und 30 Monate und 3,5; 4,8 und 5,8 Jahre alt waren. Zudem wurden psychotische Erfahrungen mit Hilfe des „Psychosis-Like Symptom Interviews“ bei den Kindern abgefragt, als diese 12 und 13 Jahre alt waren. BPD Symptome wurden im Alter von 11 und 12 Jahren mit Hilfe des „UK Childhood Interview for DSM-IV Borderline Personality Disorder“ überprüft.

Zudem wurden verschiedene mögliche Störfaktoren wie beispielsweise das emotionale Temperament, Geschlecht des Kindes, Frühgeburt, Alter der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt, sexueller Missbrauch des Kindes, von der Studiengruppe erfasst und bei der statistischen Auswertung der Daten berücksichtigt.

Ergebnisse:

Insgesamt wurden 13488 Probanden in die Studie eingeschlossen. Ausgewertet wurden die Daten von 7155 Probanden (davon 3718 Mädchen [52%]), die zwischen 12 und 13 Jahren eine Psychose entwickelten und die Daten von 6333 Probanden (davon 3280 Mädchen [52]), die zwischen 11 und 12 Jahren BPD Symptome zeigten.

Die Forscher konnten zeigen, dass eine höhere nächtliche Aufwachfrequenz im Alter von 18 Monaten (Odds Ratio [OR] 1,13; 95% Konfidenzintervall 1,01-1,26; p=0,03) und eine weniger regelmäßige Schlafroutine mit 6 Monaten (OR 0,68; 95% Konfidenzintervall 0,50-0,93; p=0,02), 30 Monaten (OR 0,64; 95% Konfidenzintervall 0,44-0,95; p=0,02) und 5,8 Jahren (OR 0,32; 95% Konfidenzintervall 0,19-0,53; p<0,001) signifikant mit psychotischen Symptomen im Teenageralter assoziiert waren.

Die nächtliche Schlafdauer (OR 0,78; 95% Konfidenzintervall 0,66-0,92) und die Bettzeit mit 3,5 Jahren (OR 1,32; 95% Konfidenzintervall 1,09-1,60; p=0,005) waren hingegen signifikant mit BPD Symptomen assoziiert.

Zudem konnten die Forscher zeigen, dass Depressionen, die zu einem Alter von 10 Jahren vorlagen, eine Assoziation zwischen häufigem nächtlichem Aufwachen mit 18 Monaten und unregelmäßigen Schlafgewohnheiten mit 5,8 Jahren mit Psychosen vermittelten.

Fazit:

Die Ergebnisse der Studie scheinen auf eine Assoziation zwischen Schlafproblemen in früher Kindheit und der Entwicklung von Psychosen und BPD in der Adoleszenz hinzudeuten.

Zudem scheint das Vorliegen von Depressionen im Alter von 10 Jahren eine Assoziation zwischen Schlafstörungen und Psychosen zu vermitteln. Die Autoren schlussfolgern, dass die Ergebnisse der Studie helfen könnten, Risikopatienten für psychotische Erfahrungen oder BPD Symptome in der Adoleszenz zu identifizieren und vielleicht in der Zukunft mit speziellen Schlaf- oder psychologischen Interventionen die Entwicklung dieser Krankheiten reduziert werden könnte.

Quelle:

Morales-Munoz et al. (2020): Association of Parent-Reported Sleep Problems in Early Childhood With Psychotic and Borderline Personality Disorder Symptoms in Adolescence. JAMA Psychiatry. doi:10.1001/jamapsychiatry.2020.1875

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