
Hintergrund
Patienten mit Diabetes Typ 2 haben ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko. Dies ist seit den 90er Jahren aus der Rotterdam-Studie bekannt. Mehrere Meta-Analysen neueren Datums bestätigen dies. In diesen Studien war das Risiko für die Entwicklung einer Demenz vom Alzheimer-Typ und für andere Late-onset-Demenzen um 53% bis 73% höher als bei Nicht-Diabetikern.
Auch wenn dieser Zusammenhang schon länger bekannt ist: Die pathophysiologischen Mechanismen dahinter, warum also Diabetes ein Wegbereiter für eine Demenz sein kann, konnten bisher nicht hinreichend geklärt werden. Die im Zusammenhang mit Diabetes auftretenden Hypoglykämien, eine chronische Hyperglykämie sowie eine Hypertonie und Bewegungsmangel werden als Trigger vermutet. In bisherigen epidemiologischen Studien lag der Fokus vor allem darauf zu beweisen, dass Diabetiker ein erhöhtes Demenzrisiko haben. Eine differenziertere Betrachtung der Einstellung des Diabetes sowie von Folgekomplikationen, etwa Mikroangiopathien, wurden bisher nicht durchgeführt.
Zielsetzung
Am Imperial College London untersuchten Dr. Bang Zheng und sein Team den Zusammenhang zwischen den HbA1C-Spiegeln und diabetischen Komplikation bei Patienten mit Diabetes Typ 2 und deren Demenzrisiko [1].
Methodik
Die Forscher analysierten die Daten von Diabetespatient mit einem Alter ≥50 Jahren aus dem Zeitraum von 1987 bis 2018. Die elektronischen Daten entstammten der U.K. Clinical Practice Research Datalink. Mittels Cox-Regression wurden die adjustierte Hazard Ratio (HR) und das 95% Konfidenzintervall (CI) für das Demenzrisiko errechnet.
Ergebnisse
Insgesamt waren in der Datenbank 457.902 Patienten mit Diabetes erfasst, bei denen während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 6 Jahren 28.627 (6,3%) Diabetes-Patienten eine Demenz entwickelten.
Hypoglykämie und mikrovaskuläre Komplikationen erhöhen Demenzrisiko
Innerhalb der Gruppe der Diabetiker war das Demenzrisiko stärker erhöht, wenn hypoglykämische Phasen oder mikrovaskuläre Komplikationen – etwa Retinopathien, Nephropathien oder Neuropathien – auftraten (HR 1,30 [95% CI 1,22-1,39]). Bei Diabetikern ohne diese Komplikationen lag die HR bei 1,10 (95% CI 1,06-1,14).
Bedeutung des HbA1c-Verlaufs
Je schlechter die glykämische Kontrolle, desto höher zeigte sich das Demenzrisiko. In den Ergebnissen bedeutete die Zunahme des HbA1c um 1% eine Steigerung des Demenzrisikos um ganze 8% (HR 1,08; 95% CI 1,07-1,09 pro 1% Steigerung des HbA1c). Größere Schwankungen im HbA1c-Verlauf in den ersten 3 Jahren des Nachbeobachtungszeitraums waren ebenfalls mit einem höheren Demenzrisiko assoziiert (HR 1,03; 95% CI 1,01-1,04 pro Variation um eine Standardabweichung).
Fazit
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass höhere oder schwankende HbA1c-Werte und das Auftreten von Komplikation bei Patienten mit Diabetes Typ 2 mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert sind. Eine gute Kontrolle des Blutzuckerspiegels könnte eine signifikante Rolle für den Erhalt der kognitiven Gesundheit bei älteren Diabetes-Patienten spielen, so das Fazit der Autoren.