Wie ist die aktuelle Prognose von Kindern bei ALL?

Neue Substanzen in der Induktionstherapie werden benötigt um die Remissionsrate von Kindern mit Hochrisiko-Rezidiven bei der akuten lymphatischen Leukämie zu verbessern und gezielte Immuntherapien nach der Induktion um die Remission nach einer Stammzelltherapie aufrechtzuerhalten.

Kind mit Krebs

Hintergrund

Voraussagen zu den Überlebenschancen von Patienten mit rezidivierender akuter lymphatischer Leukämie (ALL) richten sich nach der Dauer der ersten vollständigen Remission und den Immuntypen. So beträgt die Überlebensrate bei B-Zell-Vorläufer ALL mit Rezidiven im Knochenmark, die später als sechs Monate nach Absetzen der Therapie auftraten, bei 80%. Hingegen liegt die Überlebensrate bei den Patienten mit Hochrisiko-Rezidiven (HR) nur bei 15% bis 30%, selbst nach allogener Stammzelltransplantation. Als HR definiert man B-Zell-Vorläufer ALL Rezidive die innerhalb von 18 Monaten nach der Erstdiagnose auftreten oder isolierte medulläre Rezidive, die innerhalb von 6 Monaten auftreten sowie isolierte oder kombinierte medulläre auftretende T-Zell-Rezidive zu einem beliebigen Zeitpunkt. Eine zweite komplette Remission (CR2) bei den HR-Patienten kann bei 68% bis 88% erreicht werden. Wird eine immungerichtete Therapie wie die CAR-T-Zelltherapie oder bispezifische Antikörper eingesetzt, werden verbesserte Remissionsraten erreicht. Die Langzeitergebnisse dieser neuartigen Ansätze sind aber noch ausstehend.

Zielsetzung

Die Studie wertet die Langzeitergebnisse der beiden klinischen Studien ALLR3 und ALL-REZ BFM 2002 aus in denen Kinder mit rezidivierter ALL behandelt wurden. Es werden die verschiedene Chemotherapieansätze für die Induktionsremission bei HR-rezidivierter ALL und die Beziehung zwischen der minimalen Resterkrankung (MRD) zu verschiedenen Zeitpunkten und dem Überleben analysiert.

Methodik

In die Analyse wurden Patienten mit HR-rezidivierter ALL eingeschlossen, die noch keine hämatopoetische Stammzelltransplantation erhalten hatten und in der ALLR 3 oder der ALL-REZ BFM 2002 Studie behandelt wurden. Patienten mit frühen isolierten extra-medullären Rückfällen wurden ausgeschlossen. Die Patienten erhielten eine Induktionschemotherapie und anschließend eine hämatopoetische Stammzelltransplantation (hSZT). Die MRD wurde zwischen diesen beiden Behandlungen bestimmt.

Ergebnisse

Insgesamt konnten Daten von 393 Patienten in der Analyse berücksichtigt werden. (ALLR3: n= 136 Patienten; ALL-REZ BFM 2002 Studie: n=257 Patienten). Eine B-Vorläuferzell-ALL hatten 278 Patienten (71%) und eine T-Zell-ALL hatten 115 Patienten (29%). Eine hSZT konnte bei 88% der Patienten durchgeführt werden.

Outcome der kombinierten Kohorte

Der Anteil der Patienten, die eine CR2 erreichten und eine hSZT erhielten war zwischen den beiden Gruppen vergleichbar. Das Ereignis-freie Überleben (EFS) lag bei 22,6% (95%-Konfidenzintervall (KI): 17%-29%) und das Gesamtüberleben (OS) bei 26,2% (95%-KI: 18%-35%) bei Patienten mit B-Vorläuferzell-ALL bzw. bei 32,6% (95%-KI: 27%-39%) und 28,2% (95%-KI: 20%-37%) bei der T-Zell-ALL.

Gründe für das Versagen der Induktionstherapie

Insgesamt verstarben 4% aller Patienten während der Induktionschemotherapie und ein Versagen der Induktionstherapie trat bei 38% der Fälle auf. Das Versagen war bei der B-Vorläuferzell-ALL mit Deletionen in den Genen NR3C1 (p=0,002) und BTG1 (p=0,03) assoziiert.

Krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben

Der Vergleich des krankheitsfreien Überlebens (DFS) und des Gesamtüberlebens der Patienten in Bezug zu einer guten bzw. schlechten MRD-Response zeigte, dass diese bei einer guten MRD-Response signifikant höher lagen (DFS: 57,4% vs. 22,6%; p<0,0001; OS: 57,8% vs. 32,0%; p=0,0004).

Das DFS lag bei allen Patienten nach einer hSZT bei 42,1% und bei lediglich 6,7% (05%-KI: 0,5%-26%) wenn keine hSZT durchgeführt werden konnte. Das OS lag entsprechend bei 52,7% (95%-KI: 45-60%) bzw. bei 13,3% (95%-KI: 2%-34%).

Bei Patienten mit B-Zell-Vorläufer ALL war die DFS bei 42,1% und bei T-Zell-ALL bei 56,8% (p=0,26) und die OS bei 51,6% bzw. 55,4% (p=0,67).

Betrachtet man die kumulativen Inzidenzen von Rezidiven nach einer hSZT waren diese zwischen der B-Zell-Vorläufer ALL mit 36,9% und der T-Zell-ALL mit 17,8% (p=0,012) unterschiedlich. Ebenso die aufgetretenen Todesfälle mit 10,7% bzw. 25,5% (p=0,013).

Die bestimmenden Faktoren für das Outcome nach einer hSZT waren die akute Graft-versus-Host-Erkrankung, MRD vor der hSZT, die HR-Zytogenetik und Genveränderungen bei TP53 bei der B-Zell Vorläufer-ALL.

Fazit

Die analysierten Daten zeigen vergleichbare Ergebnisse bei Rezidiven für die B-Zell Vorläufer-ALL und die T-Zell-ALL mit einem klaren Vorteil der hSZT. Jedoch müssen die Therapien sowohl die Induktionstherapien vor der hSZT als die Immuntherapien nach der hSZT für ALL im Kindesalter weiterentwickelt werden um das Outcome der Kinder nach aufgetretenen Rezidiven weiter zu verbessern.

Autor:
Stand:
24.11.2021
Quelle:

Eckert C. et al. (2021): Risk factors and outcomes in children with high-risk B- cell precursor and T-cell relapsed acute lymphoblastic leukaemia: combined analysis of ALLR3 and ALL-REZ BFM 2002 clinical trials. European Journal of Cancer. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ejca.2021.03.034

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