
Hintergrund
Bei Fatigue handelt es sich um eines der häufigsten Symptome bei Krebserkrankungen, die durch den Krebs selbst oder dessen Behandlung ausgelöst wird. Nach wie vor ist die genaue Ursache der Fatigue bei Krebs nicht bekannt und eine Behandlung nur mäßig erfolgreich. Fatigue schränkt die Lebensqualität der Krebspatienten stark ein und erhöht die Sterblichkeit. Daher ist es unerlässlich ein besseres Verständnis der Mechanismen krebsbedingter Fatigue zu erreichen.
Das Darmmikrobiom von Krebspatienten und gesunden Menschen unterscheidet sich, wie bereits mehrere Studien zeigen konnten. Ursache hierfür kann eine Chemoradiotherapie sein, die die Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflusst. Diese Veränderungen im intestinalen Mikrobiom können zu chronischen Fatigue-Syndromen und anderen neuropsychatrischen Erkrankungen führen. Der Zusammenhang zwischen dem intestinalen Mikrobiom und Fatigue bei Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium wurde bislang jedoch noch nicht untersucht.
Zielsetzung
Die Studie setzte sich zum Ziel, den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Fatigue und der Zusammensetzung des Mikrobioms bei Krebspatienten in fortgeschrittenen Stadien besser zu verstehen. Diese neu gewonnen Erkenntnisse sollen Wege für Interventions- bzw. therapeutische Möglichkeiten bereiten, um das Mikrobiom so zu manipulieren, dass die Fatigue bei den Krebspatienten verbessert wird.
Methodik
In die Studie eingeschlossen wurden Krebspatienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem und nicht resektablem Krebs, die sich in der Auswaschphase ihrer Chemotherapie befanden. Das Ausmaß der Fatigue wurde mit dem MD Anderson Symptom Inventory (MDASI)- Immunotherapy Fatigue Score gemessen und das intestinale Mikrobiom mittels 16srRNA analysiert.
Ergebnisse
Patientencharakteristika
Insgesamt wurden 88 Krebspatienten, darunter 45 Frauen und 43 Männer, in die Studie eingeschlossen. Das mediane Alter lag bei 58,5 Jahren. Zu den häufigsten vorkommenden Krebstypen zählten Darm-, Eierstock-, Gebärmutterhalskrebs und der nicht-kleinzellige Lungenkrebs.
Zunächst erfolgte die Klassifikation der Patienten anhand des MDASI- Immunotherapy Fatigue Scores. Eine leichte Fatigue zeigte sich bei insgesamt 58 Patienten (66%), darunter 9 Patienten ohne Fatigue. Die weiteren 30 Patienten (34%) zeigten eine stark ausgeprägte Fatigue, darunter 12 Fälle mit schwerwiegenden Symptomen.
Zwischen dem Mikrobiom von Patienten mit leichter und schwerer Fatigue zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der mikrobiellen Zusammensetzung.
Unterschiede in der relativen Häufigkeit von mikrobiellen Taxa
Die mikrobiellen Merkmale wurden taxonomisch in Stamm, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung und Art zusammengefasst. 15 dieser Merkmale waren bei Anwendung der Wilcoxon-Methode zwischen dem Auftreten einer leichten Fatigue und einer stark ausgeprägten Fatigue signifikant verschieden (p<0,05). Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch die DESeq Methode. Acht der 15 Merkmale zeigten sich hier ebenfalls als signifikant verschieden. Die größten Unterschiede zeigten sich bei den Bakterien Eubacterium hallii und Cosenzaea. Eine Korrelationsanalyse zeigte, dass das Bakterium Eubacterium hallii negativ mit dem Fatigue-Schweregrad assoziiert war (r=0,30; p=0,005) während sich bei Cosenzaea eine positive Assoziation nachweisen ließ (r=0,33; p=0,0002).
Fazit
Zusammenfassend zeigt sich, dass Krebspatienten mit unterschiedlich ausgeprägter Fatigue eine unterschiedliche Zusammensetzung des Darmmikrobioms im Vergleich zu Gesunden aufweisen. Angesichts der Bedeutung des Mikrobioms für die Schleimhautimmunität und der zunehmenden Anerkennung des Zusammenhangs zwischen der Darm-Hirn-Achse und Fatigue und anderen Symptomen unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, das Mikrobiom bei Krebspatienten mit Fatigue anhand von Längsschnittproben weiter zu untersuchen und zu bewerten. Es muss geklärt werden, ob eine Modulation des Mikrobioms den Schweregrad der Fatigue bei Krebspatienten reduziert und ihre Lebensqualität verbessert kann.