ESMO 2022: Immuntherapie beim Melanom vor Resektion beginnen

Laut Leitlinie kann eine adjuvante Therapie bei resezierten Melanomen des Stadiums IIb, III und teilweise auch IV erwogen werden. Die Immuntherapie steht dafür unabhängig vom BRAF-Status zur Verfügung. Ihre Aktivität könnte höher sein, wenn sie vor OP gestartet wird.

Dermatologie_Resektion

Die Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren setzt bereits existierende Tumor-spezifische T-Zellen, die im Kontakt mit Krebszellen sind, voraus. Die Operation zielt auf die Entfernung möglichst des gesamten Tumors ab – und damit auch der damit assoziierten spezifischen T-Zellen.

Das US-amerikanische Studiennetzwerk SWOG prüfte deshalb in einer Studie, ob die neoadjuvant begonnene Immuntherapie mit Pembrolizumab die Wirksamkeit der Immuntherapie verbessern kann, weil so mehr tumorspezifische T-Zellen aktiviert werden können und die Immunantwort auf die Behandlung stärker ist.

Drei Zyklen neoadjuvant, der Rest adjuvant

Tatsächlich verbesserte diese Strategie das ereignisfreie Überleben (engl. event-free survival, EFS) gegenüber einer rein adjuvanten Therapie mit Pembrolizumab bei resektablen Melanomen des Stadiums III und IV mit hohem Risiko, berichtete Professor Dr. Sapna P. Patel vom MD Anderson Krebszentrum in Houston (Texas) anlässlich des Kongresses ESMO 2022 [1].

Sie stellte das Ergebnis der Phase-II-Studie SWOG S1801 vor, in der 313 Patientinnen und Patienten mit einem histologisch bestätigten resektablen Melanom von Haut, Schleimhaut oder Akren ohne Hirnmetastasen randomisiert 18 Zyklen Pembrolizumab (200 mg i.v. alle drei Wochen) entweder nur adjuvant (n=159) oder drei der 18 Zyklen auch neoadjuvant (n=154) erhalten hatten. Der primäre Endpunkt der Studie, das EFS, war definiert als Zeit von der Randomisierung bis zu einem der folgenden Ereignisse:

  • eine dokumentierte Progression, die der geplante OP entgegenstand
  • kein Beginn der adjuvanten Therapie innerhalb von 84 Tagen nach OP
  • postoperatives Rezidiv egal welcher Lokalisation oder
  • Tod jeder Ursache

Pembrolizumab neoadjuvant verringert Ereignisrisiko um 42%

Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 14,7 Monaten zeigte sich ein signifikanter EFS-Vorteil für den neoadjuvanten Beginn der Immuntherapie, erklärte Patel. Nach 24 Monaten lebten noch 72% der Patientinnen und Patienten der Gruppe mit neoadjuvantem Beginn der Immuntherapie und 49% derjenigen mit ausschließlich adjuvanter Immuntherapie, ohne dass ein Ereignis eingetreten war.

Das Risiko für ein Ereignis wurde mit Beginn der Pembrolizumab-Therapie vor OP um 42% verringert (Hazard Ratio [HR] 0,58; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,39–0,87; p=0,004). In den vorab definierten Subgruppen zeigte sich laut Patel ebenfalls ein Vorteil für die neoadjuvant begonnene Pembrolizumab-Therapie.

Gesamtüberleben und Ansprechen bislang ohne klaren Vorteil

Die Analyse des Gesamtüberleben ergab zu dem relativ frühen Zeitpunkt mit noch wenigen Ereignissen nur einen Trend hin zu einem Vorteil für die neoadjuvante Strategie (HR 0,63; 95% KI 0,32–1,24; p=0,18). Mit der neoadjuvant begonnenen Therapie wurden nach Bildgebungskontrolle 59 partielle und 9 Komplettremissionen erreicht.

Von 42 Betroffenen mit unter der Therapie radiologisch wachsenden Zieltumoren konnten 30 dennoch wie geplant operiert werden. Ein Patient mit Komplettremission verweigerte die OP und ist bislang rezidivfrei. Die zentrale pathologische Analyse ist noch nicht abgeschlossen, die lokale pathologische Auswertung ergab ein pathologisches Komplettansprechen von 21%, berichtete Patel.

Neoadjuvante Immuntherapie sicher möglich

Die mit der Immuntherapie oder der OP zusammenhängenden unerwünschten Ereignisse waren in beiden Gruppen vergleichbar und erreichten selten einen Grad 3 oder 4. Die neoadjuvante Therapie mit Pembrolizumab führte nicht zu vermehrten UE in der perioperativen Phase, betonte Patel.

In der neoadjuvanten Therapiegruppe entwickelten zwölf Patientinnen und Patienten einen Krankheitsprogress, der eine OP unmöglich machte, auf der anderen Seite war die Zahl der Betroffenen mit Rezidiv nach dem Beginn der adjuvanten Therapie in der Standardgruppe größer (44 vs. neun bei neoadjuvantem Beginn).

Die Studie ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT03698019 registriert. Sie wurde vom National Cancer Institute finanziert.

Autor:
Stand:
16.09.2022
Quelle:

Prof. Dr. Sapna P. Patel: „Neoadjvuant versus adjuvant pembrolizumab for resected stage III-IV melanoma (SWOG S1801)“, ESMO Congress 2022, Abstract LBA6, Paris, 11. September 2022. Annals of Oncology. DOI: 10.1016/j.annonc.2022.08.039

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