
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat ein positives Votum für die Zulassung eines tetravalenten Dengue-Impfstoffs (lebend, attenuiert) von Takeda Pharma abgegeben. Die neue Vakzine soll bereits bei Kleinkindern ab einem Alter von vier Jahren sowie bei älteren Menschen angewendet werden können. Der Impfschutz richtet sich gegen Krankheiten, die durch die Dengue-Virus-Serotypen 1, 2, 3 und 4 verursacht werden [1].
Die Entscheidung über die Zulassung von der Europäischen Kommission wird in den kommenden Monaten erwartet. Da die EU-Kommission normalerweise den CHMP-Empfehlungen folgt, ist mit einer europaweiten Zulassung zu rechnen. Zudem werden die behördlichen Prüfungen auch in den Dengue-endemischen Ländern in Lateinamerika und Asien fortgesetzt, heißt es in einer Pressemitteilung von Takeda [2].
Bisherige Therapie nur eingeschränkt anwendbar
Bis heute beschränken sich die Maßnahmen gegen eine Dengue-Virusinfektion auf die Mückenbekämpfung und den Schutz vor Mückenstichen. Eine gezielte antivirale Therapie für das Denguefieber gibt es nicht.
2018 sprach die EMA eine Zulassungsempfehlung für den ebenfalls tetravalenten Dengue-Impfstoffe Dengvaxia (lebend, attenuiert) von Sanofi aus. Dieser bislang einzige gegen das Denguefieber zugelassene Impfstoff darf allerdings nur in Endemiegebieten und bei Personen zwischen 9 und 45 Jahren eingesetzt werden, die zuvor eine laborbestätigte Infektion mit dem Dengue-Virus durchgemacht haben [3]. Hier bietet der tetravalente Dengue-Impfstoff von Takeda klare Vorteile, so das Pharmaunternehmen [2].
Zulassungsstudie
Der Nutzen und die Sicherheit des neuen Dengue-Impfstoffkandidaten TAK-003 wurde in 19 klinischen Studien untersucht. Insgesamt nahmen mehr als 27.000 Menschen im Alter zwischen 15 Monaten und 60 Jahren aus endemischen und nicht endemischen Regionen teil. Die Studienergebnisse zeigen, dass TAK-003 bei allen vier Serotypen des Dengue-Virus schwere Erkrankungen und Krankenhausaufenthalte verhindert. Die am häufigsten gemeldeten (wahrscheinlichen) Nebenwirkungen nach einer Impfstoffdosis waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und allgemeines Unwohlsein [1].
Neuer Denguefieber-Impfstoff breit einsetzbar
Laut einer Pressemitteilung von Takeda schützte TAK-003 innerhalb der 4,5 Jahre Nachbeobachtungszeit in der Phase-III-Studie TIDES (Tetravalent Immunization against Dengue Efficacy Study) nicht nur seropositive, sondern auch seronegative Personen vor einem Krankenhausaufenthalt und Symptomen durch Denguefieber. Der Impfstoff wurde im Allgemeinen gut vertragen. Es gab weder Anzeichen für eine Krankheitsverstärkung bei den Impfstoffempfängern noch wurden wesentliche Sicherheitsrisiken festgestellt [2].
„Die globale Gesundheitsgemeinschaft hat sich zutiefst nach einem Dengue-Impfstoff gesehnt, der ohne die Hürde der Vorimpfungstests zugänglich ist“, wird Dr. Ooi Eng Eong, Professor für neu auftretende Infektionskrankheiten an der „Duke-NUS Medical School“ in Singapur, zitiert. Der neue Dengue-Impfstoff habe das Potenzial, Dengue-Fälle und Krankenhausaufenthalte zu verhindern. „Heute sind wir der Verbesserung der Dengue-Prävention und der Verringerung der Krankheitslast für Länder, Gemeinden und Gesundheitssysteme einen Schritt nähergekommen“, so Eng Eong [2].
Zulassungsempfehlung im Rahmen des EU-M4All-Verfahrens
Der CHMP hat mit seiner Zulassungsempfehlung erstmals ein für den EU-Markt bestimmtes Arzneimittel im Rahmen des Programms „EU-Medicines for all“ (EU-M4all) auch für Nicht-EU-Länder geprüft. Die im EU-M4all eingereichten Arzneimittel werden vom Humanarzneimittelausschuss der EMA in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) und den Zielländern bewertet. Bei diesem Verfahren wird die Expertise von CHMP, WHO und den nationalen Regulierungsbehörden kombiniert. Letztere können auf die wissenschaftliche Bewertung des CHMP zurückgreifen, um über die Verwendung des Arzneimittels im eigenen Land zu entscheiden [1–3].
Über Denguefieber
Dengue bzw. Denguefieber ist eine durch Mücken übertragene Tropenkrankheit, die durch einen der vier Dengue-Virustypen 1–4 verursacht wird. Bei den meisten Menschen (rund 80% der Fälle) führt dies zu leichten, grippeähnlichen Symptomen [4]. Bei einer kleinen Zahl von Patienten verläuft die Erkrankung jedoch schwer, zum Teil mit potenziell letalen Hämorrhagien und Organschäden.
Die Infektion mit einem Dengue-Virus-Serotyp verleiht lebenslange Immunität gegen nur diesen einen. Bei einer späteren Infektion mit einem der übrigen Serotypen ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöht [2].
Dengue nimmt weltweit zu
Laut WHO gibt es weltweit jährlich schätzungsweise 100–400 Millionen Dengue-Infektionen [4]. Die geschätzte Todesrate liegt bei zwischen 20.000–25.000 pro Jahr, vor allem Kinder sind gefährdet [2].
Vor 1970 gab es nur in neun Ländern schwere Dengue-Epidemien. Heute ist die Krankheit in den endemischen Ländern Amerikas, Südostasiens und des westlichen Pazifiks weit verbreitet. Dengue nimmt aber auch in den nicht endemischen Gebieten Kontinentaleuropas zu, darunter Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien und die Vereinigten Staaten [2].
Zudem ist Dengue nach Malaria die am zweithäufigsten diagnostizierte Fieberursache bei Reisenden, die aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zurückkehren [2].