DGPPN 2022: Mehr Evidenz für die Kombination von Antipsychotika

Zur Therapie der Schizophrenie wird vorrangig eine antipsychotische Monotherapie empfohlen. In der Routine ist der kombinierte Einsatz von Antipsychotika dagegen häufig. Die COMBINE-Studie sollte mehr Evidenz für die antipsychotische Kombinationstherapie schaffen.

Schizophrenie Frau

Ausgangspunkt für die Studie war die Beobachtung in den Kliniken des Landschaftsverbands Rheinland, dass die Entlassmedikation von Patienten mit Schizophrenie in den Jahren 2016/2017 bei 37,2% aus zwei und bei etwa 18% aus drei und mehr Antipsychotika bestand, berichtete Dr. Christian Schmidt-Kraepelin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf-Kaiserswerth [1,2].

Auf Basis dieser Erhebung entstand zunächst die Idee einer Absetzstudie, die aber keine Förderung erhielt. Daraufhin planten Schmidt-Kraepelin und Kollegen eine Kombinationsstudie, um die bislang schwache Evidenz dafür zu stärken, dass eine Kombinationsbehandlung effektiver sein kann als eine Monotherapie.

Voraussetzungen für eine Kombination von Antipsychotika

Die Kombinationsbehandlung sollte die Risiken für Sicherheit und Tolerabilität nicht gegenüber einer Monotherapie erhöhen, erklärte Schmidt-Kraepelin. Pharmakokinetische oder pharmakodynamische Wechselwirkungen sind zu vermeiden. Die kombinierten Substanzen sollten unterschiedliche, sich ergänzende Wirkmechanismen haben. Für die COMBINE-Studie wählten die Initiatoren der Studie Amisulprid und Olanzapin aus.

Die Substanzen ergänzen sich hinsichtlich ihrer Rezeptorprofile und in retrospektiven Studien ließ sich der Effekt von Amisulprid durch die Hinzunahme von Olanzapin verbessern – bei guter Tolerabilität der Kombination, erläuterte Schmidt-Kraepelin. Interaktionen sind unwahrscheinlich, unerwünschte Wirkungen überlappen sich nicht.

Design der Kombinationsstudie

Die prospektive Phase-IV-Studie COMBINE randomisierte bundesweit 18- bis 65-jährige Patienten mit Schizophrenie oder schizoaffektiver Störung in drei Behandlungsgruppen:

  • Amisulprid 400–800 mg/Tag oral + Olanzapin 10–20mg/Tag oral
  • Amisulprid 400–800 mg/Tag oral + Placebo
  • Olanzapin 10–20mg/Tag oral + Placebo

Die Teilnehmer mussten einen Wert von mindestens 70 auf der Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS) aufweisen, wobei mindestens zwei Positivsymptome eine Schwere ≥4 Punkte erreichen mussten. Personen mit einer ersten Episode wurden ausgeschlossen, da bei ihnen eine Monotherapie indiziert ist. Geplant war pro Behandlungsgruppe eine Zahl von 101 Patienten.

Der primäre Endpunkt – die Veränderung des PANSS-Gesamtwerts vom Ausgangswert – wurde nach der ersten achtwöchigen Phase erhoben, die Therapie dann über weitere acht Wochen fortgeführt.

Hohe Abbruchquote

Insgesamt nahmen 328 Patienten an der Studie teil, von denen 321 behandelt wurden und in die Analyse einflossen. Die Gruppen waren in den meisten Patientencharakteristika vergleichbar, nur Raucher fanden sich in der Olanzapin-Monotherapie-Gruppe seltener als in den anderen Gruppen. In allen drei Behandlungsarmen war die Abbruchquote mit 36% bis 38% nach acht Wochen und mehr als 50% nach 16 Wochen hoch. Etwa die Hälfte wies einen früheren Substanzmissbrauch auf, knapp jeder Fünfte auch einen aktuellen. Der PANSS-Gesamtwert lag vor Randomisierung im Mittel bei 89.

Antipsychotika-Kombination wirksamer

Nach acht Wochen hatte sich der mittlere PANSS-Wert in der Kombinationsgruppe um 29,6 Punkte vermindert, mit Amisulprid plus Placebo um 25,2 Punkte und mit Olanzapin plus Placebo um 24,1 Punkte. Der Unterschied der Kombination zur Olanzapin-Monotherapie war signifikant, berichtete Schmidt-Kraepelin. Die Effektstärke war mit einem Cohens’s d-Wert von 0,39 gering bis moderat. Der Unterschied zur Amisulprid-Monotherapie war nicht signifikant, die Effektstärke mit 0,29 gering.

Wurde die hohe Abbruchquote in der statistischen Auswertung berücksichtig, war auch der Unterschied der Kombinationstherapie zur Amisulpridbehandlung alleine signifikant, erläuterte Schmidt-Kraepelin. Die Negativsymptome sprachen stärker auf die Kombinationstherapie an als die Positivsymptome. Nach 16 Wochen gab es keine signifikanten Unterschiede im PANSS zwischen den Behandlungsarmen mehr.

Mehr sexuelle Funktionsstörungen und Gewichtszunahme

Die Häufigkeit extrapyramidaler Störungen (EPS) vergrößerte sich durch die Kombination nicht, es traten aber mehr sexuelle Funktionsstörungen auf als bei Amisulprid-Monotherapie. Das subjektive Wohlbefinden war aber in allen Gruppen vergleichbar. Wie bei Olanzapin-Monotherapie, wiesen auch die Teilnehmer der Gruppe mit Kombinationstherapie eine Gewichtszunahme um mehr als 6 kg mit entsprechender Erhöhung des Hüftumfangs und Body-Mass-Index‘ auf.

Immer zuerst Antipsychotika-Monotherapie

Insgesamt verbessert die Studie trotz Limitation durch die hohe Abbruchquote die Evidenz für eine höhere Wirksamkeit der Kombinationstherapie, aber der Einsatz sollte sparsam und nur nach Ausschöpfen der Monotherapieoptionen erfolgen, mahnte Schmidt-Kraepelin. Die Kombinationstherapie geht mit mehr Nebenwirkungen einher, die seiner Meinung nach möglicherweise durch eine Reduktion der Gesamt-Antipsychotika-Dosis reduziert werden können, ohne die Wirksamkeit zu beeinträchtigen.

Die COMBINE-Studie ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT01609153 registriert. Sie wurde von der Heinrich-Heine-Universität finanziert und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Quelle:
  1. Dr. Christian Schmidt-Kraepelin: „Antipsychotische Kombinationstherapie am Beispiel Amisulprid und Olanzapin bei akut erkrankten Patienten mit Schizophrenie – Ergebnisse der „COMBINE“-Studie. DGPPN Kongress 2022, Berlin, 23.–26. November 2022.
  2. Schmidt-Kraepelin C, Meisenzahl-Lechner E et al. (2021): Antipsychotische Polypharmazie in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Schizophrenie am Beispiel von neun psychiatrischen Fachkliniken des Landschaftsverbandes Rheinland. Psychiatrische Praxis. DOI: 10.1055/a-1321-7866
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