Rote-Hand-Brief zu Cystagon

Der Hersteller informiert über den Rückruf und Vertriebsstopp bestimmter Chargen von Cystagon 150 mg Kapseln (Mercaptaminbitartrat) aufgrund von Berichten über schwere gastrointestinale Symptome.

Rote-Hand-Brief

Die Firma Recordati Rare Disease SARL, Frankreich, informiert in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Regierungspräsidium Tübingen über Folgendes.

Zusammenfassung

  • Zu einer Charge von Cystagon Kapseln 150 mg (Charge T2208) sind acht Berichte über Krankenhausaufenthalte wegen schwerer gastrointestinaler Symptome eingegangen, bei denen ein übermäßiger schlechter Geruch der Cystagon Kapseln festgestellt wurde.
  • Als Vorsichtsmaßnahme hat Recordati Rare Disease SARL die betroffene Charge T2208 zurückgerufen, die bisher lediglich in Italien in den Handel gebracht wurde.
  • Für andere Cystagon Chargen (Chargen T2207 und T2209) sind weitere Berichte über einen übermäßig schlechten Geruch und zerbrochene Kapseln eingegangen, darunter ein Bericht über einen nicht schwerwiegenden Fall mit Magen-Darm-Beschwerden (Charge T2207). Die bisher durchgeführten Untersuchungen der betroffenen Chargen (Chargen T2207, T2208, T2209, T2210 und T2211) weisen nicht auf einen Qualitätsmangel hin. Es besteht jedoch der Verdacht, dass sich die Zusammensetzung des Trockenmittels verändert hat.
  • Als Korrekturmaßnahme schlägt der Zulassungsinhaber vor, zum bisherigen Design des Behältnisses zurückzukehren, das sowohl Trockenmittel als auch schwarze Aktivkohle enthält.
  • Um mögliche Engpässe zu vermeiden, werden Cystagon Chargen, die unter Verwendung eines anderen Wirkstofflieferanten produziert wurden, in den Handel gebracht. Diese Chargen werden derzeit in europäischen Ländern, ohne dass es zu ähnlichen Beschwerden gekommen ist, vertrieben.
  • Chargen mit dem bisherigen Behälterdesign (enthält sowohl Trockenmittel als auch schwarze Aktivkohle) werden für April 2023 erwartet.

Hintergrund zu den Sicherheitsbedenken

Cystagon wird bei Patienten mit nephropathischer (Nieren-)Zystinose verabreicht.

Gastrointestinale Störungen und Krankenhausaufenthalte

Nach Einführung der Charge T2208 von Cystagon 150 mg Kapseln in der Türkei (Härtefall-Programm – „Compassionate use“), traten bei 8 Patienten unmittelbar nach der Einnahme von Cystagon Kapseln schwere gastrointestinale Beschwerden auf, die zu einem Krankenhausaufenthalt führten. Alle Patienten haben sich wieder erholt. In den genannten Fällen wurde auch über einen schlechten Geruch der Cystagon Kapseln berichtet.

Schlechter Geruch bei Kapseln weiterer Chargen

Darüber hinaus erhielt das Unternehmen mehrere Beschwerden über einen extrem schlechten Geruch der zur selben Zeit hergestellten Kapseln (Chargen, die in der gleichen Anlage unter Verwendung desselben Wirkstofflieferanten hergestellt wurden) (Chargen T2207 und T2209) und ebenso Beschwerden über einige zerbrochene Kapseln. In diesem Zusammenhang wurde lediglich ein nicht schwerwiegender Fall mit gastrointestinalen Störungen dem Unternehmen gemeldet.

Kein Qualitätsmangel laut Untersuchung

Es wurde eine Untersuchung der Charge durchgeführt, die mit den 8 Berichten über Krankenhausaufenthalte in Verbindung gebracht wurde (Charge T2208). Diese Untersuchung wurde auf andere Chargen ausgeweitet, die zur selben Zeit produziert wurden (Chargen T2207; T2209, T2210 und T2211). Bei der Untersuchung dieser 5 Chargen wurde kein Qualitätsmangel festgestellt.

Ursache möglicherweise neue Zusammensetzung des Trocknungsmittels

Als einzige Ursache für den strengen/üblen Geruch konnte das Fehlen von schwarzer Aktivkohle in dem derzeit vermarkteten Behältnis identifiziert werden. Zum Zeitpunkt der Verlagerung der Bulkproduktion von Cystagon Kapseln aus den USA nach Frankreich Mitte 2021 wurde der in den Flaschen befindliche 2-in-1-Behälter (mit schwarzer Aktivkohle und Siliziumdioxidgranulat als Trockenmittel) durch ein Trockenmittel auf Siliziumdioxidbasis im Behälterverschluss ersetzt.

Die schwarze Aktivkohle dient dazu, die starken Eigengerüche von Cysteamin (dem Wirkstoff von Cystagon und insbesondere von Cystamin, seinem Hauptabbauprodukt) zu absorbieren. Die Berichte über den extrem schlechten Geruch lassen sich durch das Weglassen der schwarzen Aktivkohle bei der Zusammensetzung des Trockenmittels erklären.

Berichte über zerbrochene Kapseln lassen sich durch die höhere Menge an Trockenmittel in den aktuellen Behältnissen (2 g) im Vergleich zu den früheren Behältnissen erklären, die einen 1 g-Behälter mit Trockenmittel und schwarzer Aktivkohle enthielten, was den Kapselkörper schwächen kann.

Rückruf und Vertriebsstopp

Der unerwartete Schweregrad der bekannten Nebenwirkungen (sind in den Produktinformationen aufgeführt) und das mangelnde klare Verständnis der Ursache haben das Unternehmen dazu veranlasst, die Charge T2208 in den Ländern, in denen sie vertrieben wurde, zurückzurufen und einer umfassenden Untersuchung durchzuführen. Innerhalb der EU wurde die betroffene Charge nur in Italien in den Handel gebracht.

Vertriebsstopp für weitere Chargen

Der Vertrieb der 4 weiteren Chargen T2207, T2209, T2210 und T2211, die zur selben Zeit wie die Charge T2208 produziert wurden, wurde gestoppt. Für diese Chargen wurde kein neuer Fall gemeldet.

Es wurden keine zusätzlichen Risiken im Zusammenhang mit dem gemeldeten schlechten Geruch festgestellt. Die Verwendung des Produkts wird als sicher angesehen.

Chargen von Cystagon mit dem neuen Behälter (Trockenmittel und schwarze Aktivkohle) werden für April 2023 erwartet.

Ziele des Rote-Hand-Briefes

Die Ziele dieses Schreibens an Angehörige der Gesundheitsberufe sind laut Zulassungsinhaber:

  • Die Information über den Rückruf einer Cystagon Charge (T2208) aufgrund von schweren gastrointestinalen Beschwerden
  • Die Information über mehrere Berichte über extrem schlechten Geruch und zerbrochene Kapseln bei anderen, zur selben Zeit hergestellten Chargen (T2207, T2209, T2210 und T2211)
  • Die Beschreibung der durchgeführten Untersuchung und des Nichtvorhandenseins von Qualitätsmängeln
  • Die Information darüber, dass die Kapseln aufgrund des Fehlens eines Hilfsmittels / Trockenmittels mit Aktivkohle, das dazu bestimmt ist, Gerüche aus dem Cystagon-Behälter zu absorbieren, einen sehr starken unangenehmen Geruch aufweisen können, der von manchen Patienten als äußerst störend empfunden werden kann
  • Zu versichern, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Cystagon weiterhin positiv ist

Aufforderung zur Meldung von Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an den Hersteller, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die entsprechende Arzneimittelkommission zu melden. Die Kontaktdaten können Sie dem beigefügten Rote-Hand-Brief entnehmen.

PDF öffnenRote-Hand-Brief zu Cystagon

Autor:
Stand:
27.02.2023
Quelle:

Recordati Rare Disease SARL: Rote-Hand-Brief zu Cystagon

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