
Zu Beginn der Pandemie wurden Apotheken mit Inkrafttreten der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung (SARS-CoV-2-AMVV) im April 2020 verschiedene Freiheiten bei der Abgabe von Arzneimitteln eingeräumt. Durch erweiterte Auswahlmöglichkeiten bei nicht vorrätigen oder nicht lieferbaren Medikamenten, konnte die Patientenversorgung erleichtert werden. Daten einer Analyse des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) im Auftrag der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) bestätigen dies und zeigen, dass dadurch keine zusätzlichen Kosten für das Gesundheitswesen entstanden sind.
DAPI-Analyse zu Abrechnungsdaten der GKV
Das DAPI untersuchte Daten zur Abgabe von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in öffentlichen Apotheken. Dabei wurden insbesondere Fälle des durch die SARS-CoV-2-AMVV ermöglichten erweiterten Aut-idem und Aut-simile-Austauschs betrachtet. Diese sind in den Abrechnungsdaten des DAPI mit den Sonderkennzeichen „Abweichende Abgabe“ und „dringender Fall“ nicht gesondert gekennzeichnet. Daher wurde zusätzlich eine pharmakoökonomische Analyse im Zeitraum von Juli 2019 bis Dezember 2020 durchgeführt.
Austausch durch Nichtverfügbarkeit bleibt konstant
Insgesamt blieb der Austausch von nicht vorrätigen oder nicht lieferbaren Rabattarzneimitteln im zweiten Halbjahr 2019 (2,6 Millionen pro Monat) und zweiten Halbjahr 2020 (2,3 Millionen pro Monat) relativ konstant.
Bis März 2020, also vor Inkrafttreten der SARS-CoV-2-AMVV, war die Abgabe bei Nichtverfügbarkeit von Rabattarzneimitteln auf 3,0 Millionen Packungen pro Monat gestiegen und nahm danach deutlich ab. Die Anzahl der „dringenden Fälle“ stieg ab April2020 deutlich an von durchschnittlich 0,8 Millionen Packungen pro Monat bis März 2020 auf etwa das Doppelte im Zeitraum April bis Dezember 2020. Zu beachten ist allerdings, dass mit Einführung der Corona-Sonderregelungen ein Teil der Abgaben bei Nichtverfügbarkeit in den „dringenden Fällen“ enthalten ist.
Keine zusätzlichen Kosten
Der Anteil der abgegebenen Rabattarzneimittel veränderte sich mit einem Umsatzanteil von etwa 94% kaum, während vor Einführung der SARS-CoV-2-AMVV ein Rückgang der Rabattvertragserfüllungsquote um etwa 4% bezogen auf den Absatz und 3% bezogen auf den Umsatz zu verzeichnen war.
Verantwortungbewusster Umgang mit Sonderregelungen
Das DAPI kommt zu dem Schluss, dass die Ausnahmeregelungen in den Apotheken verantwortungsbewusst und unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit umgesetzt wurden. Die Regelungen ermöglichten daher bei Liefer- und Versorgungsengpässen auch außerhalb der pandemischen Situation eine schnelle und verlässliche Versorgung.
Schnellere und erleichterte Patientenversorgung
„Dank des größeren Entscheidungsspielraums können Apotheken Millionen Menschen sofort versorgen, ihnen doppelte Wege und Wartezeiten ersparen. Sie können auf wirkstoffgleiche oder -ähnliche Alternativpräparate, andere Packungsgrößen oder Wirkstärken zurückgreifen. Bürokratische Abfragen beim Großhandel fallen weg; das spart auch beim Apothekenteam Zeit“, erklärt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening.
Durch den erleichterten Austausch im „dringenden Fall“ halbierten sich die wartezeitintensiven Fälle von 2,0 Millionen pro Monat zwischen Juli 2019 und März 2020 auf 1,0 Million von April bis Dezember 2020 und die beschleunigte Versorgung nahm von 0,8 auf 1,6 Millionen Packungen pro Monat zu.
ABDA fordert Verstetigung der Regelungen
„Diese Vorteile gehen verloren, wenn die Ausnahmeregelungen mit der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung zum 31. Mai 2022 auslaufen. Das darf nicht passieren. Wir brauchen dauerhafte pharmazeutische ‚Beinfreiheit‘, denn auch die Lieferengpässe dauern an“, so Overwiening. Die Krankenkassen müssten dabei keine Angst vor Extrakosten haben, da die DAPI-Analyse belege, dass die Rabattvertragsquoten und somit die Einsparungen stabil blieben.