Venenmittel

Venenmittel sind eine heterogene Substanzklasse, die bei akuten und chronischen Hämorrhoidalleiden angewendet werden können.

Blutgefaesse

Der Wirkmechanismus ist nicht genau bekannt. Venenmittel werden Wirkungen wie eine Stärkung der Blutgefäßwände, Erhöhung des Venentonus und Lymphabflusses sowie eine Normalisierung der Kapillarpermeabilität zugeschrieben [2].

Flavonoide

Flavonoide sind universelle, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Sie sind antioxidativ und werden aufgrund gefäß- und ödemprotektiver Wirkungen traditionell als sogenannte Venenmittel angewendet. Flavonoide hemmen zudem zahlreiche Enzyme, aktivieren verschiedene Zelltypen des Immunsystems und beeinflussen als Radikalfänger Signaltransduktionswege.

Es sind beispielsweise hydroxylierte Flavonoidmischungen aus Rutosid und Poly(O-2-hydroxyethyl)rutosid (z.B. Venoruton) oder Einzelsubstanzen wie Troxerutin (z.B. Troxerutin-ratiopharm) verfügbar. Laut der S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden haben Flavonoide in Deutschland therapeutisch keine Bedeutung [1].

Was gibt es zu beachten?

Flavonoide haben eine geringe Nebenwirkungsrate. Die Substanzen können allerdings in Plazenta und Muttermilch übergehen. Bei der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit ist daher Vorsicht geboten [1,15-16].

Studienlage

Es sind einige qualitativ hochwertige, randomisiert-kontrollierte sowie oft auch placebokontrollierte bzw. doppelblinde Studien zur Anwendung von Flavonoiden bei Hämorrhoidalleiden als kausale oder postoperative Therapie vorhanden.

Ein Review zu Diosmin schreibt dem Wirkstoff positive Effekte zu, ein weiteres eine Symptomlinderung in der akuten Phase sowie ein Herauszögern einer operativen Therapie.

In einer Metaanalyse aus 2006 von 14 randomisiert-kontrollierten Studien konnte aufgrund methodischer Mängel, Heterogenität und Publikations-Bias keine Empfehlung für die Verwendung von Flavonoiden ausgesprochen werden.

Ein Cochrane-Review aus 2012 betrachtete 24 randomisiert-kontrollierte Studien zu Flavonoiden und zeigte positive Effekte auf ein (niedriggradiges) Hämorrhoidalleiden sowie postoperative Beschwerden, forderte jedoch auch weitere aussagekräftigere Studien. Zudem ist anzumerken, dass das Review Hämorrhoiden als variköse statt nach neueren Erkenntnissen arteriovenöse Erweiterungen des analen und perianalen Venenplexus bezeichnet [1]. 

Schwangerschaft

Drei Studien an Schwangeren, von denen zwei randomisiert-kontrolliert waren, zeigten eine signifikanten Besserung verschiedener Beschwerden wie Juckreiz, Blutung und Sekretion nach Flavonoid-Einnahme. Da allerdings auch von einer Schmerzlinderung die Rede ist, muss die Aussagekraft zur Wirksamkeit bei Hämorrhoiden angezweifelt werden, da Schmerzen in der Regel kein typisches Symptom sind [1].

Mäusedornwurzelstock

Extrakte des Mäusedornwurzelstocks sind in Form von Tabletten (z.B. Cefadyn) verfügbar, die ein- bis zweimal täglich eingenommen werden [17]. Bei standardisierten Extrakten wurde für die Inhaltsstoffe Ruscogenin und Neoruscogenin antiexsudative, ödemhemmende, antiphlogistische und antiproliferative Effekte nachgewiesen. Ebenso wurden eine verringerte Kapillarpermeabilität und vasoaktive Effekte an Venen und Lymphgefäßen gezeigt. Diskutiert wird eine Blockade von α-Adrenorezeptoren als Mechanismus der venentonisierenden Wirkung [5].

Was gibt es zu beachten?

Die Anwendung sollte zwei Wochen nicht überschreiten. Falls die Beschwerden zu diesem Zeitpunkt andauern, sollte ein Arzt aufgesucht werden [17-18].

Studienlage

Eine randomisierte, doppelblinde Studie untersuchte 25 Patienten mit chronischer venöser Insuffizienz (CVI) nach 30-tägiger Therapie mit Mäusedornwurzelstock-Extrakt. Es verbesserten sich Hämatokrit, Viskosität und Erythrozytenflexibilität signifikant gegenüber Placebo.

Es liegen weitere Studien zur Symptomlinderung bei CVI vor, die meisten älteren Untersuchungen sind offene Cross-Over-Studien und Anwendungsbeobachtungen unzureichender Qualität [5]. Untersuchungen zu Hämorrhoidalleiden fehlen bislang. Der HMPC bescheinigt Mäusedornwurzelstock einen Traditional use zur Linderung von Juckreiz und Brennen bei Hämorrhoiden [1].

Autor:
Stand:
24.09.2021
Quelle:
  1. Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie (DGK). S3-Leitlinie – Hämorrhoidalleiden (04/2019)
  2. The American Society of Colon and Rectal Surgeons: Clinical Practice Guidelines for the Management of Hemorrhoids. Dis Colon Rectum 2018; 61: 284–292. DOI: 10.1097/DCR.0000000000001030
  3. Neubeck (2019) Evidenzbasierte Selbstmedikation, 4. Auflage, Deutscher Apothekerverlag
  4. Geisslinger, Menzel, Gundermann, Hinz, Ruth (2020) Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  5. Blaschek (2016) Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka, 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  6. Dr. Falk Pharma GmbH: Gebrauchsinformation Mucofalk
  7. EMA/HMPC: Community herbal monograph on Plantago ovata Forssk., semen (2013)
  8. Dentinox Gesellschaft für pharmazeutische Präparate Lenk & Schuppan KG: Gebrauchsanweisung Nene-Lax 0.5
  9. Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG: Fachinformation Glycilax für Kinder
  10. Dr. Kade Pharmazeutische Fabrik GmbH: Fachinformation Posterisan® akut 50 mg/g Rektalsalbe
  11. Stada Consumer Health Deutschland GmbH: Gebrauchsinformation Mastu Salbe
  12. Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG: Fachinformation Hametum Hämorrhoidensalbe
  13. EMA/HMPC: Community herbal monograph on Hamamelis virginiana L., folium (2009)
  14. Galderma Laboratorium GmbH: Fachinformation Tannolact Fettcreme
  15. Kohlpharma GmbH: Fachinformation Venoruton Intens
  16. Ratiopharm GmbH: Fachinformation Troxerutin-ratiopharm
  17. Cefak KG: Gebrauchsinformation Cefadyn
  18. EMA/HMPC: European Union herbal monograph on Ruscus aculeatus L., rhizoma (2018)
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