Pseudoephedrin: Arzneimittel werden überprüft

Es gibt Hinweise, dass Arzneimittel mit Pseudoephedrin die Durchblutung im Gehirn verringern könnten. Auf europäischer Ebene soll die Sicherheit entsprechender Medikamente neu überprüft werden. Das kann Folgen für die Zulassung haben.

Analyse, Transparenz

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) will pseudoephedrinhaltige Arzneimittel überprüfen. Anlass dafür sind Bedenken, dass diese Arzneimittel das Risiko für das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom (PRES) und für das reversible zerebrale Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) erhöhen könnten.

Bei PRES und RCVS kann sich die Durchblutung des Gehirns vermindern (Ischämie). Schwere und lebensbedrohliche Komplikationen sind möglich. PRES und RCVS führen zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Krampfanfällen [1].

Prüfung der Datenlage

In Pharmakovigilanz-Datenbanken und in der medizinischen Fachliteratur wurde über eine kleine Anzahl von Fällen von PRES und RCVS bei Menschen berichtet, die pseudoephedrinhaltige Arzneimittel einnahmen. Es ist bereits bekannt, dass pseudoephedrinhaltige Arzneimittel mit einem Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre ischämische Ereignisse einhergehen. Dazu zählen Schlaganfall und Herzinfarkt. In den Produktinformationen der Arzneimittel sind entsprechende Einschränkungen und Warnhinweise zur Risikoverminderung enthalten [1].

PRES und RCVS sind schwere Krankheiten. In Anbetracht dessen und des allgemeinen Sicherheitsprofils von Pseudoephedrin und der Indikationen der Arzneimittel ist eine Prüfung der Datenlage erforderlich. Der PRAC wird darauf basierend entscheiden, ob Zulassungen für pseudoephedrinhaltige Arzneimittel in der EU aufrechterhalten, geändert, ausgesetzt oder widerrufen werden sollen [1].

Über Pseudoephedrin

Pseudoephedrin wird oral eingenommen und ist ein beliebtes Mittel bei Erkältungen. Der Wirkstoff dient in Arzneimitteln allein oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen zur Behandlung von Erkältungs- und Grippesymptomen wie Kopfschmerzen, Fieber und Schnupfen mit verstopfter Nase. Bekannte Handelsnamen sind in Deutschland z. B. Aspirin Complex und Grippostad Complex [1].

Die Wirkung kommt dadurch zustande, dass Pseudoephedrin die Nervenendigungen zur Freisetzung des Botenstoffs Noradrenalin anregt. Noradrenalin verengt die Blutgefäße. Es wird weniger Flüssigkeit aus den Gefäßen freigesetzt. Die Schwellung geht zurück und die Schleimproduktion in der Nase verringert sich [1].

Überprüfung durch den PRAC

Der PRAC ist für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig. Er leitet Empfehlungen an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA weiter. Das Überprüfungsverfahren führt zu einer rechtsverbindlichen Entscheidung durch die Europäische Kommission. Diese muss in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden [1].

Risikominimierende Maßnahmen in Frankreich

Im Falle der pseudoephedrinhaltigen Arzneimittel hat Frankreich die Überprüfung gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG angestoßen. Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hatte bereits 2020 risikomindernde Maßnahmen in Kraft gesetzt. Als zusätzliche Informationsmaßnahmen zu den Beipackzetteln und den Fachinformationen wurde ein Merkblatt für die Abgabe von oralen Vasokonstriktoren erstellt. Apotheker sollten den Patienten außerdem bei der Abgabe ein Informationsblatt aushändigen, das den Gebrauch von Vasokonstriktoren erklärt, über ihre Risiken informiert und Gesundheitstipps bei Erkältungen gibt [1,2].

Autor:
Stand:
28.02.2023
Quelle:
  1. European Medicines Agency (EMA), Pressemeldung, 10. Februar 2023
  2. Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM), L’ANSM souhaite sécuriser l’utilisation des vasoconstricteurs, 17. Dezember 2019
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