
Die Digitalisierung ist laut dem BMG eine zentrale Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Mit der Verabschiedung des Patientendaten-Schutz-Gesetztes (PDSG) wurde im Oktober 2020 ein weiterer Grundstein dafür gelegt. Seit Januar 2021 können alle gesetzlichen Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) ihrer Krankenkassen erhalten. Darin sollte bis 2022 unter anderem auch der Impfausweis abrufbar sein. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wird nun ein früher Zeitpunkt zur Einführung des digitalen Impfausweises angestrebt.
Digitaler Impfausweis bis Sommer 2021
Beim EU-Sondergipfel vom 25. Februar 2021 wurde daher unter anderem zur Einführung des digitalen Impfpasses beraten. In der anschließenden Pressekonferenz berichtete Kanzlerin Merkel, dass sich die Staaten einig darüber seien, dass ein digitaler Impfausweis benötig werde. Bereits am 21. Januar hatte der Europäische Rat beschlossen einen interoperablen und standardisierten Impfnachweis für medizinische Zwecke auf den Weg zu bringen.
Die technischen Vorgaben seien durch die Kommission bereits gemacht und Grunddaten, die der Impfausweis enthalten soll, definiert. Die Entwicklung des elektronischen Impfpasses soll auf nationaler Ebene erfolgen, eine sogenannte Dringlichkeitsvergabe (Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb) durch das BMG sei gestartet. Es werde nun parallel daran gearbeitet die Kompatibilität der nationalen Impfausweise EU-weit zu ermöglichen.
Für das Schaffen der technischen Voraussetzungen hat die EU einen Zeitraum von drei Monaten festgelegt, dies entspreche laut Merkel auch in etwa der Dauer, die der Bundesgesundheitsminister für die Projektentwicklung des elektronischen Impfpasses angesetzt habe. Die Kanzlerin zeigte sich zuversichtlich, die Ziele bis zum Sommer zu erreichen.
Wie funktioniert der digitale Impfausweis?
Der digitale Impfnachweis soll den Nutzern laut BMG über eine kostenlose App bereitgestellt werden. Er darf nur von autorisierten Personen in Impfzentren, Arztpraxen und Krankenhäusern ausgestellt werden. Nach der Impfung wird ein 2D-Barcode (Impfbescheinigungstoken) generiert, der von den Patienten direkt abgescannt oder als Ausdruck erhalten werden kann. Diese Bescheinigung soll einmalig einlesbar sein und lokal auf einem Smartphone gespeichert werden, sie ist somit an das Gerät gebunden.
Der Impfstatus soll dann über die App erzeugt und zusätzlich als 2D-Barcode dargestellt werden. Über eine Prüf-App könnte der Status für entsprechende Dienstleister nachvollziehbar sein. Dabei soll der digitale Impfausweis nur Daten über die Gültigkeit und Charge der Impfung sowie den Namen und das Geburtsdatum des Geimpften enthalten. Laut BMG kann gegebenenfalls ergänzend die Vorlage eines gültigen Lichtbildausweises verlangt werden.
Geplant ist, dass die digitalen Impfnachweise von Kindern oder Partnern zusammen auf einem Smartphone gespeichert werden können. Die Nutzung des elektronischen Angebots ist dabei freiwillig, die analogen Impfausweise behalten ihre Gültigkeit.
Modellprojekt der AOK
Die AOK PLUS und Kassenärztliche Vereinigung Sachsen haben beispielsweise einen elektronischen Impfpass entwickelt. Das Modellprojekt läuft in Sachsen und Thüringen seit Sommer 2020. Neben der digitalen Verfügbarkeit der Impfdaten prüft der elektronische Impfpass anhand der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) oder der Sächsischen Impfkommission, ob der Impfschutz vollständig ist und weist auf Lücken sowie Auffrischungen hin.
Gewährleistung des Datenschutzes
Die Entwicklung eines elektronischen Impfausweises ist auch mit neuen Risiken verbunden, der Datenschutz der Nutzer soll auf verschiedene Weisen gesichert werden. Das Ausstellen des elektronischen Impfnachweises ist, wie bereits erwähnt, nur durch autorisierte Personen möglich. Auch die Bindung an ein Smartphone soll vor Vervielfältigung der Daten schützen. Ein zentrales Impfregister sei nicht geplant, sodass jede(r) selbst entscheiden könne, ob und wann die Daten gelöscht werden. Weiterhin soll der digitale Impfnachweis dem BMG zufolge „kryptographisch vor Veränderungen geschützt“ werden.
Mögliche Vorteile für Geimpfte unklar
Mit dem Voranschreiten der Impfkampagne gegen das Coronavirus stellt sich unter anderem die Frage, ob es auf lange Sicht für geimpfte Personen bestimmte Privilegien geben wird. In Israel erhalten Geimpfte sowie Covid-19-Genesene seit kurzem einen sogenannten „Grünen Pass“, einen elektronischen Impfpass, der den Zugang zu Veranstaltungen, Hotels u.a. erlaubt. Dies soll die Wirtschaft des Landes langsam wieder ankurbeln.
Die Kanzlerin betonte in der Pressekonferenz zum EU-Gipfel, dass Privilegien für Geimpfte bei der aktuell geringen Impfrate kein Thema seien. Auch der Deutsche Ethikrat hatte sich Anfang Februar gegen individuelle Rücknahmen der Freiheitsbeschränkungen für Geimpfte zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. Es sei zum einen zuerst zu klären inwieweit die Infektiosität geimpfter Personen durch die Impfungen verringert werde, zum anderen müssten erst alle die Möglichkeit bekommen haben, sich impfen zu lassen.
Dennoch erklärte Merkel auch, dass man vorbereitet sein müsse. Der digitale Impfpass könne ein Grundstock für Reisen sein, eventuell auch aus Drittstaaten in die EU. Allerdings sei der Impfpass nicht alles, da beispielsweise Kinder zur Impfung noch gar nicht zugelassen sind. Eine Kombination der Schnelltests mit zusätzlichen Informationen durch den Impfausweis sei denkbar, bisher seien aber keinerlei Entscheidungen bezüglich des Reisens mit oder ohne Impfpass gefallen. Solche könne man erst treffen, wenn auch ein Impfpass entwickelt sei.