
Hintergrund
Am 20. April 2020, also zu Beginn der Covid-19-Pandemie, hat die damalige Bundesregierung die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung erlassen, die den Apotheken neue Regeln bei der Abgabe von Rabattarzneimitteln einräumte [1]. Das sollte dazu beitragen, dass PatientInnen weniger oft in die Apotheke kommen müssen, sodass Infektionsketten unterbrochen werden konnten. Diese Sonderregeln laufen am 7. April 2023 aus. Ab dem 8. April gelten damit wieder die alten, strikten Abgabebestimmungen.
Sonderregeln, die bis zum 7. April gelten
Die SARS-CoV-2-bedingten gelockerten Abgaberegeln erlauben ApothekerInnen, bei Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattarzneimittels von den Rabattvertragsregeln unter bestimmten Voraussetzungen abzuweichen. Ohne Rücksprache mit dem Arzt dürfen sie derzeit:
- von der Packungsgröße abweichen
- von der Wirkstärke abweichen
- von der Packungszahl abweichen
- Teilmengen aus größeren Packungen entnehmen und abgeben
Solange die vom Arzt verordnete Gesamtwirkstoffmenge nicht überschritten wird, gilt das für alle Rabattarzneimittel.
Außerdem dürfen die ApothekerInnen nach Arztrücksprache aktuell:
- vom aut-idem-Kreuz abweichen
- vom Wirkstoff oder der Darreichungsformen abweichen, wenn ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel abgegeben werden kann
Um abrechnen zu können, müssen die Abweichungen auf dem Verordnungsblatt mit einer Sonder-PZN dokumentiert werden.
Zukünftige Lockerungen an Arzneimittelliste geknüpft
Am 7. April tritt die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung außer Kraft, ebenso fällt ihre Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz weg. Eine kurzfristige Nachfolgeregelung wird es wohl nicht geben.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schlägt zwar im ersten Entwurf seines Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) vor, die Lockerungen der Austauschregeln teilweise zu verstetigen – allerdings unter bestimmten Bedingungen.
So will er die Lockerungen an eine beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführte Arzneimittelliste knüpfen, auf der versorgungsrelevante und versorgungskritische Wirkstoffe aufgeführt sind [2]. Das würde die Austauschmöglichkeiten stark einschränken.
Dazu kommt der zeitliche Faktor. Nach dem Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens soll das Vorhaben erst kurz vor der Sommerpause des Bundestags beschlossen werden, sodass das Gesetz im August in Kraft treten könne.
Zurück zu den alten Abgaberegeln
Ab 8. April gelten also die vorpandemischen, alten Abgaberegeln. Damit ist es Apotheken untersagt, bei Nicht-Verfügbarkeit eines Arzneimittels auf andere Wirkstärken, Packungsgrößen oder Packungszahlen auszuweichen. Ebenso wenig ist die Abgabe von Teilmengen erlaubt. Vom aut-idem-Kreuz abweichen oder einen anderen, vergleichbaren Wirkstoff abzugeben, ist selbstredend auch nicht mehr möglich.
Da sich die Anzahl der nicht-verfügbaren Arzneimittel seit Pandemiebeginn deutlich erhöht hat, werden Apotheken ihre KundInnen wohl noch öfter als vor Coronazeiten vertrösten müssen. Ferner müssen PatientInnen für eine Änderung ihres Rezepts erneut den Arzt aufsuchen.