
Die Epidemiologie bei Hauterkranken generell ist ein schwieriges Geschäft. Zwar gibt es Daten zu den gestellten Diagnosen, doch viele manifeste Hauterkrankungen bekommt der Dermatologe gar nicht zu sehen. Denn sie werden meist − besonders im ländlichen Bereich − für harmlose Alterserscheinungen gehalten. Um hier etwas Licht ins epidemiologische Dunkel zu bringen, hat die Technische Universität München eine Querschnittstudie in einer ungewöhnlichen Umgebung veranstaltet: Sie wählten für ihre Stichprobe Besucher des Bayerischen Zentral-Landwirtschaftsfests aus, das im Rahmen des Oktoberfests vom 17. bis zum 25. September 2016 stattfand [1].
Zwei Drittel wussten nichts von ihrer Hauterkrankung
Insgesamt nahmen 2.577 Menschen daran teil. Von diesen war die überwiegende Mehrheit in der Landwirtschaft beschäftigt, und davon wieder die meisten hauptsächlich im Freien aktiv. Die Probanden füllten zunächst einen Fragebogen aus und wurden anschließend dermatologisch untersucht. Das Ergebnis: Bei 1.662 der 2.577 Probanden stellten die Dermatologen mindestens eine Hautkrankheit fest (64 %). Zwei Drittel dieser Personen waren sich nicht bewusst, dass es sich bei ihren Hautanomalien um eine Hauterkrankung handelt.
Ein Viertel der Diagnosen entfiel auf Rosacea
Am häufigsten wurden diagnostiziert:
- Aktinische Keratose bei 26,6 % aller Teilnehmer, wobei überwiegend Männer betroffen waren (40 % der teilnehmenden Männer)
- Rosacea 25,5 %
- Ekzeme 11,6 %
- Akne 5,7 %
- Basalzell-Karzinome und andere Malignome der Keratinozyten 3,1 %
- Psoriasis 1,2 %.
Meist kein Sonnenschutz
Außer der Punktprävalenz für die einzelnen Erkrankungen brachte die 9-tägige Studie im Real-Life-Setting bei der Veranstaltung am Rande des Oktoberfests noch andere Erkenntnisse: So betrieben weniger als die Hälfte der Probanden Sonnenschutz, obwohl etwa 60% von ihnen überwiegend im Freien arbeitete – und damit auch ein höheres Risiko für Hauterkrankungen hatte. Daher überrascht die hohe Prävalenz von aktinischen Keratosen und Rosacea nicht. Mit 35,8 % versus 44,2 % hatte diese Gruppe auch seltener an einem Hautkrebsscreening teilgenommen als in Innenräumen tätige Personen.
Männer häufiger hautkrank
Des Weiteren bestätigte die Studie, dass die Prävalenz von Hauterkrankungen mit dem Alter steigt. Ebenso entwickeln Männer (72,3%) deutlich häufiger als Frauen (58,0%) pathologische Effloreszenzen.
Die Münchner Wissenschaftler räumen ein, dass ihre Studie Verzerrungen beinhalten könnte: So waren in der Stichprobe Klientel überwiegend Outdoor-Worker vertreten, jedoch ältere und behinderte Personen vermutlich unterrepräsentiert. Somit seien die Ergebnisse eher ein Grund, das Augenmerk auf die Hochrisikopopulation im Freien arbeitender Menschen zu lenken, als die These einer unterschätzen Prävalenz von Hautkrankheiten in der Allgemeinbevölkerung zu untermauern.