Diabetes mellitus ist eine Erkrankung aller Altersklassen. Die Ursache der Erkrankung variiert dabei stark und bestimmt den jeweiligen Typ und die damit verbundene Therapie. Eine Form des Diabetes ist der sogenannte MODY-Diabetes. MODY ist die Abkürzung für den englischen Fachbegriff „Maturity Onset Diabetes of the Young“. Charakteristisch für dieses Form des Diabetes ist, dass sie meist monogen ist. Das heißt, ursächlich ist ein einziges defektes oder verändertes Gen. Eine ältere andere Bezeichnung für diesen Typ Diabetes ist der Typ-3a-Diabetes.
MODY – Auf das Gen kommt es an
Zwischen 0,4 und 5% der Diabeteserkrankungen bei jungen Menschen sind Schätzungen zufolge monogen. Allein in den USA sind dadurch mehr als 100.000 Menschen betroffen. Die auslösenden Genvarianten haben eine hohe Penetranz und können zu einer familiären Häufung führen. Welches Gen betroffen ist, kann für die Behandlung eines MODY-Diabetes entscheidend sein. Die HNF1A-, HNF4A-, KCNJ11- und ABCC8-Subtypen beispielsweise lassen sich meist mit Sulfonylharnstoffen behandeln, während der GCK-Subtyp unter Umständen gar nicht therapiert werden muss.
Schwierige Diagnose
Einen monogenen Diabetes zu identifizieren ist schwierig. Die notwendige Genanalyse ist kostspielig und wird deshalb nicht routinemäßig bei jedem neu aufgetretenen Diabetes mellitus durchgeführt. Eine Großzahl der Fälle wird vermutlich deshalb aber nicht erkannt und dementsprechend schlechter behandelt, als es möglich wäre. Für die Prognose und die Einschätzung des jeweiligen familiären Risikos ist das entscheidend. Wer genau genetisch untersucht werden sollte und wer nicht, unterscheidet sich je nach Land und Leitlinie. Einen einheitlichen Algorithmus gibt es nicht. Eine personalisierte Diabetesmedizin dementsprechend auch nicht. Eine amerikanisch-chinesische Studie hat sich näher mit dem Thema befasst und getestet, wie sich Betroffene mit MODY-Diabetes besser identifizieren lassen könnten. Die Ergebnisse wurden im Journal »Diabetes Care« publiziert.
Zielsetzung
Das Ziel der Studie war es, eine nachhaltige Methode zu entwickeln, zu evaluieren und zu implementieren, anhand derer sich ein monogener Diabetes identifizieren, diagnostizieren und individualisiert therapieren ließe.
Methodik
Für die Studie wurden Teilnehmende an endokrinologischen Kliniken mit festen Settings in den USA rekrutiert. Die Rekrutierung erfolgte in zwei verschiedenen Stadien. Eingeschlossen wurden Menschen mit Verdacht auf einen monogenen Diabetes mellitus.
Stadium 1 und 2
Für Stadium 1 wurden mögliche Teilnehmende mittels 7-Punkte-Fragebogen gescreent. Der Fragebogen erfasste verschiedene einfache Informationen über unter anderem den Diabetestyp, Alter bei Diagnosestellung, Adipositas, familiärer Vorgeschichte und pankreatische Charakteristika. Erfüllten die Befragten dadurch auf früheren Studien und Leitlinien basierende Kriterien, wurden sie sequenziert. Zu den Kriterien zählten:
- Diabetesdiagnose vor dem 1. Lebensjahr
- Diabetes mellitus Typ 1 bei Teilnehmenden und Eltern oder Kind
- Diagnose eines nicht-Typ-1-Diabetes vor dem 30. Lebensjahr
- Fehlende Fettleibigkeit und Diagnose eines Typ-2-Diabetes bis zum 45. Lebensjahr und zwei Verwandte mit Diabetesdiagnose bis zum 50. Lebensjahr
- Charakteristika, die sich üblicherweise bei einem monogenen Diabetes finden
- Gestörterer Nüchternblutzucker in einer aktuellen oder früheren Schwangerschaft und fehlende Fettleibigkeit vor der Schwangerschaft
- Patienten- oder arztgeäußerter Verdacht eines monogenen Diabetes, obwohl die anderen sechs Kriterien nicht zutreffen
Für Stadium 2 wurden die Einschlusskriterien so modifiziert, dass alle Patientinnen und Patienten mit Diabetes oder persistierender milder Hyperglykämie eingeschlossen werden konnten. Dadurch sollte der Algorithmus auf seine Sensitivität getestet werden.
Genetisches Screening
Alle Teilnehmenden bekamen Blut abgenommen und wurden auf GAD65 Antikörper, IA2 Antikörper und C-Peptid getestet. In Stadium 1 wurden alle basierend auf dem Algorithmus ausgewählten Teilnehmenden mittels Next-Generation-Sequencing sequenziert. In Stadium 2 wurden alle Teilnehmenden, unabhängig vom Screening sequenziert.
Die Genpanels enthielten
- Alle zum Zeitpunkt der Studieninitiation 2012 bekannten MODY-Gene
- Alle Gene, die am häufigsten mit einem monogenen Diabetes in Verbindung gebracht wurden
- Eine Auswahl syndromaler Diabetesgene
- Gene, die am häufigsten mit einer teilweisen Lipodystrophie verbunden sind
- Gene, die mit einer hyperinsulinämen Hypoglykämie assoziiert sind und
- Monogene Adipositasgene, die bei einem frühen familiären Typ-2-Diabetes präsent sein können
Ergebnisse
In einem Zeitraum von 3,5 Jahren wurden insgesamt 2.190 Menschen mittels Fragebogen gescreent sowie 222 weitere Patientinnen und Patienten als möglicherweise an monogenem Diabetes erkrankt von ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten eingestuft. Weitere 111 Patientinnen und Patienten äußerten einen eigenen Verdacht auf MODY. In Stadium 1 wurden 479 Personen als verdächtig für einen monogenen Diabetes eingestuft und 274 davon in die Studie eingeschlossen. Während des Stadium 2 wurden 233 weitere Personen eingeschlossen. Von diesen 507 Teilnehmenden erfüllten 313 die Algorithmuskriterien für einen monogenen Diabetes und wurden sequenziert. In Stadium 2 wurden weitere 143 Personen eingeschlossen und für die Sensitivitätsanalyse sequenziert, die die Kriterien des Algorithmus nicht erfüllten.
Positivrate und prädiktive positive Werte
Von den gescreenten Teilnehmenden konnten 38 Personen als an monogenem Diabetes Erkrankte identifiziert werden. Das waren 12,1% aller Getesteten (11,2% in Stadium 1 und 14,4% in Stadium 2). Die meisten Varianten fand das Team in den GCK und HNF1A, sowie vereinzelt in HNF4A, HNF1B, INS, KCNJ11, LMNA, MC4R und WFS1. Von den durch klinisches Screening als monogen diabetisch identifizierten Personen hatten 3,1% tatsächlich einen monogenen Diabetes. Dadurch ergab sich ein positiv prädiktiver Wert für das Ermittlungsverfahren von 3,1% im klinischen Screening. Wurden Teilnehmende durch Ärzte oder Ärztinnen als potenziell monogen diabetisch identifiziert, lag die Erfolgsrate bei 16,5% und der positiv prädiktive Wert bei 17,6%. Bei durch die Betroffenen selbst geäußerten Verdachtsfällen lag er sogar bei 32,4%. Insgesamt ergab sich so eine Positivrate, einen nicht-Typ-1-Diabetes vor dem 30. Lebensjahr korrekt herauszufiltern, von 15,0%.
Fazit
Es ist schwierig, einen praktischen Algorithmus zu entwickeln, mit dem sich mögliche monogene Diabetesformen herausfiltern lassen. Die Studie selbst hat aufgrund des Set-ups lediglich genug Power, um zu empfehlen, dass Menschen mit einem nicht-Typ-1-Diabetes oder einem autoantikörpernegativen, C-Peptid-positiven Diabetes, die vor dem 30. Lebensjahr diagnostiziert wurden, hinsichtlich eines MODY-Diabetes evaluiert werden sollten.
Geschulte und erfahrene Ärztinnen und Ärzte haben sich als erfolgreich darin erwiesen, Betroffene mit einem möglichen MODY-Diabetes herauszufiltern. Mit ca. einem Drittel positiven Testergebnissen für MODY-Diabetes waren die Selbstüberweisungen durch Betroffene jedoch am erfolgreichsten. Deshalb ist die Patientenedukation besonders wichtig und kann helfen, Betroffene mit Subtypen besser zu identifizieren.