Die nekrotisierende Fasziitis (NF) ist an sich selten: Pro Jahr erkranken von einer Million Personen nur vier. Doch wer erkrankt, ist hoch gefährdet, denn die Mortalität der foudroyant verlaufenden bakteriellen Infektion der Unterhaut und Faszien wird selbst bei guter Therapie mit bis zu 50 % angegeben.
Die nekrotisierende Fasziitis der Leisten- und Genitalregion wird als Morbus Fournier bezeichnet. Hiervon sind fast nur Männer betroffen.
Nekrotisierende Fasziitis kann zum Tod führen
Die Eintrittspforte für die Erreger können kleinste Hautverletzungen sein. Die NF beginnt mit unspezifischen Krankheitszeichen wie starken örtlichen Schmerzen und Fieber. Die betroffenen Stellen schwellen an, werden heiß, rot und es können sich Blasen bilden. Später kann es in diesen Bereichen zu Nekrosen von Cutis, Subcutis und den Muskelfaszien kommen. Schreitet die NF voran entsteht das Bild einer Sepsis.
Schwierige Diagnose, Hautzeichen zunächst diskret
Doch die Diagnose ist schwierig: Da sich eine nekrotisierende Fasziitis zunächst in tieferen Gewebeschichten ausbreitet, kommt es erst später zu den beschriebenen Hautzeichen, die dann auch nicht repräsentativ für das Ausmaß der Gewebeschädigung sind. Das infizierte Gewebe muss schnellstmöglich – noch vor dem Erregernachweis – vollständig operativ entfernt werden, ansonsten kann die Erkrankung innerhalb kurzer Zeit zu großflächigen Hautverlusten und zum Tod führen. Oft ist eine Amputation unumgänglich.
Obwohl Diabetiker aufgrund ihrer meist generellen Abwehrschwäche für diese nekrotisierende Fasziitis des Perineums besonders prädestiniert sind, scheint sich das Risiko unter einer Therapie mit SGLT-2-Hemmern (Sodium-Glucose-Co-Transporter-2-Inhibitors) noch zu steigern. Diese Substanzgruppe der Antidiabetika wird auch als Gliflozine bezeichnet.
In Deutschland werden derzeit Dapagliflozin (Forxiga), Dapaglifozin plus Metformin (Xigduo), Empagliflozin (Jardiance) und Ertugliflozin plus Sitagliptin (Steglujan) vermarktet.
Unter Gliflozinen erkranken auch Frauen an M. Fournier
Bereits Anfang dieses Jahres gab es einen Rote Hand Brief, der auf die Assoziation von M. Fournier bei SGLT-2-Hemmer-Therapie hinwies. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat jetzt einen Bericht zu den bei ihr registrierten Fälle von M. Fournier veröffentlicht. Von März 2013 bis 31. Januar 2019 wurden in den USA 55 Fälle von M. Fournier unter einer Gliflozin-Therapie registriert. Erstaunlich war, dass nicht nur 39 Männer, sondern auch 16 Frauen erkrankten, obwohl sonst diese Infektion im Perinealbereich fast ausschließlich Männer betrifft. Die Zeit zwischen Therapiebeginn und Auftreten der nekrotisierenden Fasziitis betrug zwischen 5 Tagen und 49 Monaten.
Kein gesteigertes M. Fournier-Risiko bei anderen Antidiabetika
Ob diese Häufung von M. Fournier tatsächlich der Therapie geschuldet ist, oder der bei Diabetes mellitus ohnehin geschwächten Immunabwehr, versuchte die FDA auch auszuloten. Sie untersuchte die Häufigkeit von M. Fournier bei Diabetikern, die andere Behandlungen erhalten hatten, wie Insulin-Therapie, Metformin etc. Ergebnis: Zwischen 1984 und 31.1.2019 waren nur 19 Fälle einer nekrotisierenden Fasziitis bei Diabetikern bekannt geworden.
Fazit der FDA-Autoren: Der Morbus Fournier ist ein neu identifiziertes, ernstzunehmendes Risiko unter einer SGLT-2-Hemmer-Therapie. Wer die Vertreter dieser Substanzgruppe verschreibt, sollte sich dieses Risikos bewusst sein und vor allem zu Beginn der Therapie engmaschig kontrollieren, um gegebenenfalls frühe Stadien dieser Komplikation zu erfassen.