Stuhltransplantation und anti-inflammatorische Ernährung bei Colitis ulcerosa erfolgreich

Eine Studie aus Indien hat untersucht, bei Patienten mit Colitis ulcerosa durch Stuhltransplantationen zunächst eine Remission ausgelöst und dann durch eine anti-inflammatorische Ernährung aufrecht gehalten werden kann - mit Erfolg.

Kombination

„Du bist, was du isst“ ist ein altes Sprichwort, in dem mehr Wahrheit steckt, als vielen bewusst ist. Die Ernährung beeinflusst das Mikrobiom im Darm und die Balance des Darmes insgesamt. Sie gilt als wichtige Determinante für ein gesundes Darmmikrobiom. Ändert sich das Mikrobiom, kann dies das Risiko für verschiedene Darmerkrankungen erhöhen.

Eine Dysbalance im Darm spielt bei der Colitis ulcerosa, einer der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, eine wichtige Rolle. Aktuell wird sie vor allem behandelt, indem die dysregulierte Immunantwort des Körpers versucht wird, wieder zu regulieren. Dafür sind starke Medikamente notwendig, die häufig nur einen Teil der gewünschten Wirksamkeit haben und mit Nebenwirkungen einhergehen. Zusätzlich verursachen sie hohe Gesundheitskosten, die für die Betroffenen nicht in allen Ländern zahlbar sind.

Ein anderer Ansatz, die Colitis ulcerosa einzudämmen, könnte deshalb vielversprechend sein: über eine anti-inflammatorische Ernährung die Balance im Darm wieder herzustellen. Bei Morbus Crohn konnten damit bereits erste Erfolge erzielt werden. Ein weiterer möglicher Ansatz sind Stuhltransplantationen (Faecal Microbiota Transplantation, kurz FMT). Sie konnten in früheren Studien bei Patienten mit milder bis moderater Colitis ulcerosa erste Remissionen erzielen. Gelänge es nun, mittels FMT eine Remission zu erzielen und diese durch eine anti-inflammatorische Ernährung aufrecht zu erhalten, könnte dies eine Alternative für einige Colitis ulcerosa-Patientinnen und -Patienten darstellen. Vor allem für Länder und Regionen ohne flächendeckendes öffentliches Gesundheitswesen könnte dies ein wichtiger Meilenstein sein.

Eine Studie aus Indien hat sich näher mit der Auswirkung von FMT und anti-inflammatorischer Ernährung (AID) auf die Colitis ulcerosa befasst. Die Daten wurden im BMJ Journal »Gut« veröffentlicht.

Zielsetzung

Bisher gibt es nur wenige Studien aus dem asiatischen Raum, die sich angeschaut haben, wie sich FMT und anti-inflammatorische Ernährung auf Colitis ulcerosa auswirken. Die indische Studie sollte deshalb untersuchen, wie wirksam eine FMT mit Material verschiedener Spenderinnen und Spender und eine anti-inflammatorische Ernährung darin sind, eine Remission bei Colitis ulcerosa auszulösen. Zusätzlich sollte untersucht werden, ob eine anti-inflammatorische Ernährung bei Patientinnen und Patienten mit milder bis moderater Colitis ulcerosa die Remission über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten kann.

Methodik

Ein- und Ausschlusskriterien

Für die nicht verblindete, randomisiert-kontrollierte Studie wurden Menschen zwischen 18 und 65 Jahren mit Colitis ulcerosa in Indien rekrutiert. Eingeschlossen werden konnten Betroffene, die eine milde bis moderate Erkrankung hatten mit linksseitiger Colitis oder Pancolitis. Die Erkrankungsaktivität wurde über den Simple Clinical Colitis Activity Index (SCCAI) definiert, der nur zwischen 3 und 9 liegen durfte, sowie der endoskopischen Aktivität mittels Ulcerative Colitis Endoscopic Index of Severeity (UCEIS), der größer 1 sein sollte.

Die aktuelle medikamentöse Therapie musste für jeweils wirkstoffspezifische Zeiträume gleichbleibend sein und orale Steroide sollten niedrig dosiert oder gar nicht eingesetzt werden. Ausgeschlossen waren unter anderem Betroffene mit einer schweren Krankheitsaktivität, bestimmten Medikamenten, Antibiotika oder Probiotika in den letzten vier Wochen vor Randomisierung oder Schwangerschaften.

Studienablauf

Die eingeschlossenen Betroffenen wurden 1:1 in zwei Gruppen randomisiert: die FMT-AID-Interventionsgruppe und die Standardtherapie-Kontrollgruppe. Teilnehmende der FMT-AID-Gruppe erhielten sieben Wochen lang einmal wöchentlich eine koloskopische Infusion mit frisch bereiteter FMT von multiplen gesunden Spendern zwischen 18 und 45 Jahren aus dem ländlichen Raum. Zusätzlich wurde in diesen Wochen 0-6 die Ernährung auf eine anti-inflammatorische Ernährung umgestellt. In der Kontrollgruppe wurde die medikamentöse Therapie der Colitis ulcerosa optimiert und für den gesamten Zeitraum beibehalten. Nach 8 Wochen erfolgte eine klinische Evaluation. Erreichten die Teilnehmenden einen Abfall im SCCAI ≥3, galten sie als Clinical Responders und wurden für die Nachbeobachtungsphase bis Woche 48 eingeschlossen. In dieser Zeit wurde die Therapie in der Kontrollgruppe wie bisher weitergeführt, während die Interventionsgruppe die anti-inflammatorische Ernährung beibehielt.

Beide Gruppen wurden zu Beginn und nach 8 Wochen endoskopisch untersucht. Zusätzlich wurde der SCCAI in den Wochen 0, 2, 4, 6 und 8 überprüft sowie in der Interventionsgruppe die Ernährung in den Wochen 0, 2, 6 und 8. Blut- und Stuhlproben wurden in Woche 0, 8 und 48 untersucht. Follow-up-Untersuchungen erfolgten in den Wochen 12, 24, 36 und 48, inklusive SSCAI und in der Interventionsgruppe mit Erhebung der Ernährungsadhärenzen. Am Ende des Nachbeobachtungszeitraums in Woche 48 erfolgte eine abschließende endoskopische Untersuchung.

Primäres und sekundäres Outcome

Als primäres Outcome galt eine klinische Antwort bzw. Remission (SCCAI <2) sowie endoskopische Remission (UCEIS <1) nach 8 Wochen sowie eine endoskopische Remission und steroidfreie klinische Remission nach 48 Wochen. Daneben galt eine klinische Antwort mit einem Abfall des SCCAI um mindestens 3 Punkte in Woche 8 als weitere primäres Outcome.

Sekundäre Outcomes waren eine endoskopische Remission und Antwort mit einem um zwei Punkte gesunkenen UCEIS in Woche 8, eine Kombination aus klinischer und endoskopischer Remission in Woche 8, eine klinische Remission und Antwort in Woche 24 und 48, eine aufrecht erhaltene steroid-freie klinische Antwort in Woche 48, eine endoskopische Remission und Antwort in Woche 48 sowie unerwünschte Ereignisse in Woche 12 und 48.

Die Behandlung galt als versagt, wenn der SSCAI um mindestens 3 Punkte anstieg und ein rektaler Blutungsscore von mindestens 1 auftrat, orale Steroide notwendig wurden oder keine Verbesserung eintrat (SSCAI-Abfall ≤3 Punkte in Woche 4).

Ergebnisse

Demographische Charakteristika

Für die Studie wurden 113 Patientinnen und Patienten gescreent. In die Randomisierung konnten 73 aufgenommen werden und in die eigentliche Intention-to-Treat Analyse wurden 66 eingeschlossen. Von diesen 66 Teilnehmenden wurden 35 in den Interventionsarm eingeschlossen und 31 in die Kontrollgruppe. Das durchschnittliche Alter lag bei 35,7 ±11,1 Jahren. Mit 60,1% war die Mehrzahl der Teilnehmenden männlich. Die Erkrankungsdauer lag bei durchschnittlich 48 Monaten (Interquartilenabstand [IQR] 24-48) und 34,8% hatten eine Pancolitis. Der durchschnittliche SCCAI lag bei 6 (IQR 5-7), der UCEIS bei 4 (IQR 3-5).

In der Interventionsgruppe versagte bei sieben Teilnehmenden die Behandlung vor Woche 8, in der Kontrollgruppe bei zwölf Teilnehmenden. Bis Woche 24 mussten zwei weitere Teilnehmende und bis Woche 48 eine weitere Person in der Interventionsgruppe aufgrund von Behandlungsversagen aus der Studie genommen werden.

Ergebnisse nach 8 Wochen

Bereits nach 8 Wochen zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die Therapie mit FMT und AID war der Standardtherapie überlegen: In der Interventionsgruppe konnte bei 65,7% der Teilnehmenden eine klinische Antwort erreicht werden, während dies in der Kontrollgruppe nur bei 35,5% der Teilnehmenden der Fall war (p=0,01; OR 3,5; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,3 bis 9,6). Auch eine Remission und eine vollständige Remission erreichten in der Interventionsgruppe mehr Teilnehmende mit 60% vs. 32,3% (p=0,02; OR 3,2; 95%-KI 1,1 bis 8,7) und 36,4% vs. 8,7% (p=0,03; OR 6,0; 95%-KI 1,2 bis 30,2). Auch das endoskopische Outcome war statistisch signifikant: In der FMT-AID Gruppe konnte nach 8 Wochen bei 51,15% eine endoskopische Antwort festgestellt werden, während es in der Kontrollgruppe nur 17,4% waren (p=0,012; OR 5,0; 95%-KI 1,4 bis 18,1). Eine endoskopische Remission erreichten zwar ebenfalls mehr Teilnehmende der Interventionsgruppe. Der Unterschied war jedoch nicht statistisch signifikant (p=0,15). Anders jedoch wiederum das kombinierte Outcome: Auch hier lag die FMT-AID Therapie mit 51,5% gegenüber 8,7% bei der Standardtherapie signifikant höher (p=0,001).

Ergebnisse nach 24 und 48 Wochen

Ähnlich der ersten Ergebnisse nach 8 Wochen blieb die Therapie mit FMT und AID auch im Nachbeobachtungszeitraum der Standardtherapie überlegen. In der Interventionsgruppe lag die klinische Remission nach 24 und nach 48 Wochen mit jeweils 51,6% und 50% höher als in der Kontrollgruppe mit 32,3%. Dieser Effekt war zwar statistisch nicht signifikant, der Erfolg der anti-inflammatorischen Ernährung hinsichtlich der endoskopischen Remission jedoch schon: Nach 48 Wochen lag sie in der Interventionsgruppe immer noch bei 25%, während in der Kontrollgruppe keine Person mehr eine endoskopische Remission hatte (p=0,007).

Nebenwirkungen

Schwere Nebenwirkungen oder unerwünschte Ereignisse wurden in keiner der beiden Gruppen beobachtet. Beide Gruppen berichteten von milden Nebenwirkungen wie leichten Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder einer verstärkten Krankheitsaktivität. Diese Nebenwirkungen traten in der Interventionsgruppe bei 74,3% und in der Kontrollgruppe bei 87,1% der Teilnehmenden auf (p=0,19).

Prädiktoren für ein Ansprechen auf die FMT

Teilnehmende, die auf die FMT-Behandlung ansprachen, hatten ähnliche Charakteristika. Sie alle hatten eine milde Form der Colitis ulcerosa (p=0,02) und eine linksseitige Colitis (p=0,19). Zudem waren bei ihnen selten in der Vergangenheit immunmodulatorische Medikamente eingesetzt worden (p=0,07), auch wenn diese Effekte nicht statistisch signifikant waren. Ebenso erreichten alle steroidnaiven Teilnehmenden während des Studienzeitraumes eine klinische Remission.

Fazit

In der Studie konnte eine Therapie mit FMT von multiplen Spendern in Kombination mit einer anti-inflammatorischen Ernährung bei milder bis moderater Colitis ulcerosa eine endoskopische Remission auslösen. Diese ließ sich bei einem Gutteil der Betroffenen über etwa ein Jahr mithilfe einer anti-inflammatorischen Ernährung erhalten. Die Kombination aus Remissionsinduktion mittels FMT und Remissionserhalt mittels anti-inflammatorischer Ernährung könnte möglicherweise, so die Studienautoren, vor allem dann eine kostengünstige und sichere Alternative bieten, wenn Ressourcen limitiert sind.

Da in der Studie jedoch eine vollständige Placebogruppe fehlt, die Studiengruppen nicht verblindet sind und die Studiengröße verhältnismäßig klein ist, ist die Aussagekraft eingeschränkt.

Autor:
Stand:
30.01.2023
Quelle:

Kedia S. Et al. (2022): Faecal microbiota transplantation with anti-inflammatory diet (FMT-AID) followed by anti-inflammatory diet alone is effective in inducing and maintaining remission over 1 year in mild to moderate ulcerative colitis: a randomised controlled trial. DOI: 10.1136/gutjnl-2022-327811

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