Durchfall (Diarrhö)

Akute Durchfallerkrankungen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten und sind in der Regel selbstlimitierend. Alle Formen der Diarrhö basieren auf einem Ungleichgewicht zwischen Sekretion und Resorption im Gastrointestinaltrakt. Die meisten Durchfallerkrankungen lassen sich im Rahmen der Selbstmedikation behandeln, wenn keine Risikofaktoren vorliegen.

Durchfall Toilette

Akuter Durchfall liegt laut Definition dann vor, wenn der Stuhlgang bei verminderter Stuhlkonsistenz mindestens dreimal täglich auftritt, ein Stuhlgewicht von mehr als 250 g pro Tag und ein Wassergehalt ≥ 75% aufweist. Erbrechen, Bauchkrämpfe und Kopfschmerzen sind übliche Begleiterscheinungen, in schwereren Fällen kann auch Blut im Stuhl enthalten sein.

Hält der Durchfall länger als vier Wochen an, handelt es sich um eine chronische Diarrhö. Die Ursachen für Durchfall sind vielfältig. So kann er viral oder bakteriell bedingt sein oder aber ein Zeichen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Stress. Darüber hinaus kann auch eine medikamentöse Behandlung Durchfall verursachen.

Je nach Ursache liegen dem Durchfall verschiedene Mechanismen zugrunde. Dazu gehören eine unzureichende Resorption osmotischer Substanzen, verstärkte Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen, eine erhöhte Permeabilität der Darmschleimhaut und eine gesteigerte Motilität des Darms.

Durchfall ist meist selbstlimitierend und nur bei Anzeichen für einen schweren Verlauf bzw. für bestimmte Risikogruppen (Kleinkinder, immunsupprimierte, ältere und geschwächte Patienten meist mit Komorbiditäten) wird eine spezifische Diagnostik und Therapie empfohlen.

Behandlung

Eine ärztliche Behandlung ist meist nicht nötig, insbesondere wenn es sich bei Erwachsenen nur um einen leichten Durchfall handelt. Aufgrund des mitunter hohen Leidensdrucks ist aber die frühzeitige symptomatische Behandlung mit Antidiarrhoika sinnvoll und empfehlenswert. Dabei steht die Vermeidung einer Exsikkose durch Elektrolytlösungen an erster Stelle, um Schwäche, Muskelkrämpfe und Herzrhythmusstörungen zu verhindern.

Fruchtsäfte, Leitungswasser und Limonaden sind aufgrund des falschen Verhältnisses an Zucker und Elektrolyten zur Substitutionstherapie nicht geeignet. Sowohl bei viral oder bakteriell ausgelöstem als auch bei stressbedingtem Durchfall ist eine Hemmung der Darmmotilität z. B. mit peripheren Opioidrezeptor-Agonisten wirksam und sinnvoll.

Schwere Fälle mit drohender Exsikkose oder einem blutigen Stuhl sollten auf jeden Fall ärztlich behandelt und abgeklärt werden und nicht im Rahmen der Selbstmedikation.

Die Behandlungsmöglichkeiten des mit Reizdarmsyndrom in Zusammenhang stehenden Durchfalls sind beschränkt. Das erste und derzeit einzige hierfür in der EU zugelassene Medikament Eluxadolin (Truberzi), ein Agonist µ- und κ-Opioidrezeptoren und ein Antagonist an δ-Opioidrezeptoren, steht für die Selbstmedikation jedoch nicht zur Verfügung.

Innerhalb der Selbstmedikation des Durchfalls stehen folgende Präparate zur Verfügung:

Nichtmedikamentöse Maßnahmen und Beratungsvorschläge

  • Ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
  • Schonkost bzw. sogenannte Stopfkost (Zwieback, Banane, Reis, Tee)
  • Keine die Darmmotilität anregenden Speisen und Getränke wie Kaffee, Saft, kohlensäurehaltige Getränke, Alkohol, fetthaltige und scharf gewürzte Speisen
  • Einhaltung von Hygienemaßnahmen, insbesondere Händewaschen und -desinfektion
  • Vermeiden von Gemeinschaftseinrichtungen insbesondere bei Verdacht/Nachweis auf Rota- oder Noroviren bzw. Salmonellen
  • Prophylaktisch sollte bei Reisen in Risikogebiete (insbesondere Afrika, Asien und Lateinamerika, aber auch einige Länder Osteuropas) der Verzehr von ungeschälten und nicht abwaschbaren Rohkostprodukten wie Salat, Obst, Gemüse etc. vermieden werden sowie nur abgefülltes bzw. abgekochtes Wasser getrunken und zum Zähne putzen verwendet werden.

Kinder

  • Elektrolyte zur oralen Rehydrierung sollen bei Kleinkindern und Säuglingen stündlich (max. 20 ml/kg Körpergewicht) angewendet werden. Die Tagesmaximalmenge beträgt 500 ml/24h. Schulkinder erhalten diese in den ersten 4 Stunden stündlich (max. 10-20 ml/kg Körpergewicht) und nicht mehr als 2 Liter innerhalb von 24 Stunden. Die Grenzen der Selbstmedikation liegen für Säuglinge und Kleinkinder bei 24 Stunden.
  • Loperamid ist bei Kindern unter zwei Jahren kontraindiziert. Kinder von 2-12 Jahren sollen nicht im Rahmen der Selbstmedikation mit Loperamid behandelt werden. Nach ärztlicher Verordnung und unter Aufsicht ist die Anwendung jedoch möglich, wobei die Dosierung in Abhängigkeit vom Körpergewicht erfolgt. Kinder über 12 Jahre erhalten 2 mg als Initialdosis und anschließend nach jedem ungeformten Stuhl 2 mg bis zum Erreichen der Tagesmaximaldosis von 8 mg.
  • Racecadotril darf im Gegensatz zu Loperamid bereits ab einem Alter von 3 Monaten eingesetzt werden (jedoch nicht im Rahmen der Selbstmedikation!).  Bei Kindern unter 12 Jahren soll es – wie Loperamid - nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden. Kinder über 12 Jahren erhalten dreimal täglich 30 mg, am besten in Zusammenhang mit einer oralen Rehydratationstherapie.
  • Lactobacillen und Saccharomyces sollten bei Kleinkindern unter 2 Jahren nicht im Rahmen der Selbstmedikation zur Anwendung kommen.
  • Uzarawurzelextrakt ist für Kinder ab 2 Jahren geeignet. Kinder zwischen 2-5 Jahren erhalten 3-5-mal täglich 5mg Gesamtglykoside, Kinder von 6-11 Jahren 2-3-mal täglich 15 mg Gesamtglykoside und Kinder ab 12 Jahren initial 75 mg und anschließend 3-6-mal täglich 15mg.  
  • Perorales Zink ist zur Prophylaxe und Behandlung von Kindern mit Verdacht auf Zinkmangel geeignet. Die WHO-Empfehlung bei akuter Diarrhö liegt für Kinder über 2 Monaten bei 20 mg täglich über 10 Tage. Kinder unter 2 Monaten erhalten die halbe Dosis über den gleichen Zeitraum.
Autor:
Stand:
30.05.2022
Quelle:
  1. Aktories K. et al., Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Elsevier, 12. Auflage 2017
  2. Hagel S. et al., S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple, AWMF-Register-Nr.: 021-024, abgelaufen und derzeit in Überarbeitung
  3. Neubeck M., Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage 2021
  4. Sander M. und Gerlach K., S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), AWMF-Registrier-Nr.: 053-030
  5. Lübbert C. et al., Clostridium difficile infection – guideline-based diagnosis and treatment. Deutsches Ärzteblatt 2014; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0723
  6. Brenner D.M. et al., Efficacy and safety of eluxadoline in patients with irritable bowl syndrome with diarrhea who report inadequate symptome control with loperamide: RELIEF Phase 4 Study. American Journal of Gastroenterology 2019, DOI: 10.14309/ajg.0000000000000327
  7. HauerA.C., Orale Rehydrationslösungen in Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung (Hrsg. Rodeck B. und Zimmer K.-P.), DOI: 10.1007/978-3-642-24710-1_31
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