Schwangere mit histologischer CED: Steigt das Frühgeburtsrisiko?

Schwangeren mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) haben ein höheres Frühgeburtsrisiko. Das gilt auch für Patientinnen, die keine klinische CED-Aktivität zeigen, deren Darmschleimhaut aber histologisch Entzündungszeichen aufweist. Daher sollte der Remissionsstatus von CED-Patientinnen vor der Empfängnis überprüft werden, um die Betreuung während der Schwangerschaft optimieren zu können.

Frühgeburt

Wenn Frauen mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) schwanger werden, ist mit Komplikationen wie einer Frühgeburt zu rechnen. Um die Risiken für Schwangerschaftskomplikationen zu vermindern, gilt eine gute Krankheitskontrolle als wesentlich. Diese Empfehlungen beruhen jedoch auf Daten, die klinische Indikatoren für eine erhöhte Krankheitsaktivität verwenden, z. B. CED-bedingte Krankenhausaufenthalte, Operationen oder Medikamente. Obwohl die histologische Aktivität bei CED in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist ihr Zusammenhang mit den Schwangerschaftsergebnissen unbekannt.

Frühgeburten bei CED-Patientinnen

Diese Wissenslücke wollte ein schwedisches Forscherteam aus Göteborg füllen. Sie analysierten Registerdaten von CED-Patientinnen bei denen vor der Schwangerschaft (<12 Monate) eine kolorektale Biopsie mit bzw. ohne Nachweis einer histologischen Entzündung durchgeführt wurde (1.223 bzw. 630 Geburten). Außerdem untersuchten die Wissenschaftler die Schwangerschaftsergebnisse von Frauen mit bzw. ohne klinisch aktive CED (d.h. CED-bedingte Krankenhauseinweisung, Operation oder Medikamenteneinnahme) im Jahr vor der Schwangerschaft (2.110 bzw. 4.993 Geburten).

Unter Berücksichtigung von Rauchen, soziodemografischen Merkmalen und Komorbiditäten wurden die bereinigten Risikoverhältnisse (adjusted Risk Ratio=aRRs) für Frühgeburt (d.h. vor der 37. Schwangerschaftswoche) und kleines Gestationsalter (SGA, unter der 10. Perzentile des altersentsprechenden Gewichts) errechnet.

Zur Information: In Schweden liegt die generelle Inzidenz für Frühgeburten auf die Gesamtbevölkerung bezogen bei unter 6%, in Deutschland zwischen 8-9%.

Mehr Frühchen bei histologisch aktiver CED

Ergebnis: Von den Neugeborenen der Frauen mit einer histologisch nachgewiesenen Entzündung waren 9,6% Frühgeborene (<37. Schwangerschaftswoche). Dagegen lag die Rate an Frühgeburten von Frauen mit CED, die keine mikroskopische Entzündung an der Darmschleimhaut aufwiesen, bei 6,5 Prozent – und damit fast auf dem allgemeinen Niveau der Frühgeburtenrate. Dies entspricht einer relativen Risikosteigerung von 46 Prozent für Schwangere mit histologisch aktiver CED. (aRR = 1,46; 95% Konfidenzintervall KI = 1,03 bis 2,06)

Hohes Risiko bei Colitis ulcerosa

Die Forscher haben die Ergebnisse auch nach den einzelnen CED aufgeschlüsselt. Auffällig war, dass es vor allem bei Colitis ulcerosa mit histologisch nachgewiesener Entzündung einen Zusammenhang mit Frühgeburten gab (aRR = 1,64; 95% KI = 1,07 bis 2,52) – besonders groß war die Assoziation bei extensiver Colitis (aRR = 2,37; 95% KI = 1,12 bis 5,02). Bei Patientinnen mit Morbus Crohn und Entzündungen in der Histologie konnte diese Assoziation nicht festgestellt werden (aRR = 0,99; 95%CI = 0,55 bis 1,78).

Auch SGA-Risiko steigt

Von den Säuglingen von Frauen mit bzw. ohne histologische Entzündung waren 116 (9,6 %) bzw. 56 (8,9 %) zu klein für ihr Gestationsalter (SGA) (aRR = 1,09; 95% KI = 0,81 bis 1,47).

Eine klinisch aktive Erkrankung vor der Schwangerschaft war mit einer Frühgeburt verbunden (aRR = 1,42; 95% KI = 1,20 bis 1,69), aber nicht mit einer SGA-Geburt (aRR = 1,13; 95% KI = 0,96 bis 1,32).

CED auch histologisch heilen

Nach Ansicht der Autoren sollte bei CED-Patientinnen mit Kinderwunsch die Behandlung auch auf die histologische Heilung des Darms abzielen, um das Risiko für Frühgeburten zu senken – das gelte besonders für Patientinnen mit Colitis ulcerosa. Weitere Untersuchungen seien jedoch erforderlich, um die Bedeutung mikroskopischer Entzündungen infolge einer CED vor der Schwangerschaft näher zu bestimmen.

Finanzierung: Die Schwedische Gesellschaft für Medizin.

Autor:
Stand:
29.12.2022
Quelle:

Mårild K et al. (2022): Histological remission in inflammatory bowel disease and risk of adverse pregnancy outcomes: A nationwide study. eClinicalMedicine 06.11.2022; doi: 10.1016/j.eclinm.2022.101722.

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