Gelbfieber ist eine durch Mücken übertragene Viruserkrankung, die zur Gruppe der hämorrhagischen Fieber zugeordnet wird. Da bisher keine kausalen Therapieoptionen bestehen, kommt der Prävention bei Aufenthalten im sog. „Gelbfiebergürtel“ in Form einer Lebendimpfung eine besondere Bedeutung zu.
Gelbfieber wird durch eine Infektion mit dem Gelbfiebervirus, dem Prototypen der Flaviviren, ausgelöst und tritt in den tropischen Gebieten Afrikas und Südamerikas auf. Die Übertragung erfolgt über infizierte Mücken (genauer der Spezies Aedes aegypti und Haemagogus) und führt bei Infektion, nach einer Inkubationszeit von drei bis sechs Tagen zu einer großen Bandbreite von milden, selbstlimitierenden bis hin zu hämorrhagischen, fatalen Verläufen.
Aktuell besteht keine kausale Therapieoption, weshalb der Prävention mittels Lebendimpfung eine zentrale Rolle in der Gelbfieberbekämpfung zukommt.
Epidemiologie
Das Gelbfieber tritt in tropischen Gebieten im sogenannten „Gelbfiebergürtel“ auf, welcher sich zwischen 15° nördlicher bis 18° südlicher Breite auf dem afrikanischen, mittel- und südamerikanischen Kontinent befindet. Besonders betroffen sind:
Burkina Faso
Ghana
Kenia
Nigeria
Elfenbeinküste
Bolivien
Brasilien
Ecuador
Kolumbien
Peru
Zusätzlich besteht ein Risiko in Teilen der Karibik, besonders auf Trinidad und Tobago. In weiteren Bereichen der Karibik wird trotz geringerem Risiko eine Gelbfieber-Impfung angeraten oder ist verpflichtend.
Modellstudien zufolge, basierend auf Daten aus Afrika, geht man von bis zu 200.000 Erkrankungsfällen und 60.000 Sterbefällen pro Jahr aus.
Erkrankungsfälle unter Reisenden in Gelbfieber-Endemiegebieten sind durch die teils bei Einreise vorgeschriebenen Gelbfieber-Impfungen selten geworden. Zusätzlich zum Eigenschutz verhindert die Impfung eine Weiterverbreitung des Gelbfiebervirus in Gelbfieber freie Länder, wie es zuvor im 17. bis 19. Jahrhundert regelmäßig vorkam.
Die Gelbfiebervektoren sind auch in vielen asiatischen Ländern vorhanden, weshalb eine Verbreitung des Gelbfiebervirus in weitere Gebiete denkbar ist, aber bisher nicht beobachtet wurde.
Ursachen
Gelbfieber zählt zur Gruppe der hämorrhagischen Fieber. Es wird durch das Gelbfieber-RNA-Virus hervorgerufen, ein Virus der Gattung der Flaviviren. In enger Verwandtschaft unter den Flaviviren finden sich weitere Tropenkrankheiten wie das West-Nil-Virus, Dengue-Fieber, die St.-Louis-Enzephalitis und die in Asien verbreitete Japanische Enzephalitis.
Pathogenese
Die Übertragung findet hauptsächlich über Mücken der Gattung Aedes aegypti und Aedes albopictus als Vektor statt. Diese verbreiten das Virus unter Primaten in zwei verschiedenen Verbreitungszyklen:
Sylvatischer Zyklus
Auch als „Dschungelzyklus“ bekannt, stellt der sylvatische Zyklus die Virusverbreitung zwischen Primaten (v. a. Affen) über Vektoren (Mücken) an Primaten inklusive sich im oder nahe am Dschungel befindliche Menschen dar. Man spricht in diesen Fällen vom Dschungel-Gelbfieber. Dieser Zyklus bildet den Ausgangspunkt für Gelbfieber als Zoonose.
Urbaner Zyklus
Der urbane Zyklus stellt die Virusverbreitung zwischen Menschen und urbanen Mücken, besonders Aedes aegypti dar. Durch infizierte Menschen eingeschleppte Viren in stark bevölkerten Regionen mit geringer Grundimmunität bilden den Beginn dieses Kreislaufs. Diese Verbreitungsform ist für Endemien in Gelbfiebergebieten verantwortlich.
Eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung durch Bluttransfusionen wurde bisher nicht beobachtet und ist daher nur theoretisch vorhanden.
Symptome
Gelbfieber hat eine Inkubationszeit von drei bis sechs Tagen.
Ein Großteil der Infizierten, insbesondere Kinder, zeigen asymptomatische bis milde Verläufe. Die klinische Symptomatik lässt sich in zwei Phasen einteilen:
Initialphase
Treten Symptome auf, sind dies nach akutem Beginn vor allem
Schüttelfrost
Fieber (39-40°C)
Muskelschmerzen
Rückenschmerzen
Kopfschmerzen
Appetitverlust
Müdigkeit
Übelkeit – Erbrechen
Nasenbluten
Relative Bradykardie
In den meisten Fällen lassen die Symptome nach drei bis vier Tagen nach, und es kommt zur Genesung. Bei einigen Infizierten ist eine endgültige Symptomfreiheit jedoch erst nach einigen Monaten zu beobachten.
Toxische Phase
In etwa 15% der Fälle geht die Erkrankung nach einer, bis zu einen Tag andauernden, vorübergehenden Phase der Remission in die toxische Phase mit schwerer Symptomatik über. Die Organmanifestationen zeigen sich durch
Hämorrhagisches Fieber
Blutungen im Rachenraum, Magen-Darm-Trakt, in der Haut und anderen Organen
Metabolische Enzephalopathie und Hirnödem mit zentral neurologischen Ausfällen
30-60% der Infizierten in der toxischen Phase versterben innerhalb von sieben bis zehn Tagen.
Die Gesamtletalität einer Gelbfieberinfektion beträgt 10-20%. Genesene erhalten unabhängig vom Krankheitsverlauf eine lebenslange Immunität.
Diagnostik
Die Serologie nimmt den wichtigsten Stellenwert in der Gelbfieberdiagnostik ein. Methode der Wahl ist aufgrund hoher Sensitivität und Geschwindigkeit, nach zwei bis fünf Erkrankungstagen der direkte Erregernachweis im Blut mittels PCR.
Alternativ ist serologisch nach fünf bis sieben Krankheitstagen der Nachweis von IgM-Antikörpern gegen Gelbfieberviren mittels ELISA oder Immunfluoreszenzassay möglich. Hier muss jedoch beachtet werden, dass nicht von Antikörpern gegen andere Flaviviren wie dem Denguevirus oder dem West-Nil-Virus unterschieden werden kann. Gerade in der wichtigen Differenzialdiagnostik ist hier ein positives Testergebnis wenig zielführend.
In Laboren der Sicherheitsstufe BSL 3 ist zudem eine Anzucht der Viren aus Zellkulturen möglich. Leberbiopsien sind aufgrund des Blutungsrisikos kontraindiziert und nur zur post mortem Diagnostik geeignet. Zur Sicherstellung der Todesursache können Antigene in der Immunhistochemie der Biopsie nachgewiesen werden.
Typische Laborveränderungen
Zu Beginn:
Leukopenie, welche in Leukozytose übergehen kann
Thrombozytopenie
Transaminasenerhöhung korrelierend mit der Erkrankungsschwere
Albuminurie (ab dem vierten Erkrankungstag allgemeine Proteinurie)
Granulozytopenie
Ab der zweiten Krankheitswoche:
Leberenzyme erhöht (AST > ALT)
Gerinnungsstörungen bis hin zur disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC)
Andere Ursachen des Hämorrhagischen Fiebers, wie z.B. Dengue-Fieber (s.o.)
Leptospirose
Therapie
Zurzeit besteht keine kausale Therapieoption, weshalb eine rein symptomatische Behandlung erfolgt. In schweren Fällen wird eine intensivmedizinische Betreuung notwendig, wobei die Letalität in der toxischen Phase trotz aller Fortschritte der Medizin nicht unter 30-60% gesenkt werden konnte.
Zu achten ist auf eine spezifische Schmerztherapie, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie ausreichend Ruhe. Suffiziente Therapien der Nieren-, Leberinsuffizienz, des Fiebers und des Flüssigkeitshaushaltes verbessern die Prognose.
Kausale Therapieansätze sind Gegenstand aktueller Studien. Hierbei liegt die Hoffnung zurzeit insbesondere auf Interferon-α, Interferon-γ und offlabel Verwendungen antiviraler Substanzen wie Galidesivir und Sofosbuvir. Zurzeit sind noch keine eindeutigen Effekte evident.
Prognose
Die Gesamtletalität beträgt 10-20%. Bei Patienten in der toxischen Phase oder Vakzine-assoziiertem viszeralen Gelbfieber liegt die Letalität bei über 50%.
Prophylaxe
Ohne kausale Therapieoptionen kommt der Prävention des Gelbfiebers eine besondere Aufgabe zu.
Vorbeugende Maßnahmen
Bei Aufenthalten in Gelbfiebergebieten wird zur Mückenstichprävention geraten. Am effektivsten möglich ist dies durch:
Mückenschutzmittel mit DEET, Icaridin, IR3535, Zitroneneukalyptusöl, Para-menthane-diol (PMD) oder 2-undecanone
Langärmlige Kleidung und lange Hosen, idealerweise behandelt mit Permethrin
Fliegengitter und der Verwendung eines Fliegennetzes über dem Bett zur Nacht
Aaedes Mücken sind tagaktiv, daher reicht eine alleinige nächtliche Prävention nicht aus
Vor Verwendung sollten immer die Hinweise des Herstellers besonders in Bezug auf Verträglichkeit für Kinder beachtet werden.
Hinweise
Gelbfieber-Impfung
Bei Reisen in Gelbfiebergebiete (s.o.) ist eine vorherige Impfung gegen Gelbfieber empfohlen und in vielen Ländern gesetzlich vorgeschrieben.
Die Impfung muss >10 Tage vor Reise erfolgen und führt bei >96% zu neutralisierenden Antikörpern. Nach einmaliger Impfung besteht eine lebenslange Immunität. Ausgenommen hiervon sind gegebenenfalls Kinder <2 Jahren, in der Schwangerschaft geimpfte Frauen und HIV-Infizierte. Bei diesen Gruppen kann eine Auffrischungsimpfung indiziert sein.
Die STIKO empfiehlt zusätzlich Personen vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition, bei denen die Erstimpfung >10 Jahre zurückliegt, eine einmalige Auffrischimpfung.
Es wird empfohlen, trotz von der WHO ausgesprochenem lebenslangem Impfschutz, die Einreisebestimmungen der jeweiligen Länder vor Einreise zu begutachten, da die Vorgaben teilweise seit 2016 noch nicht aktualisiert wurden.
Gelbfieber-Impfungen werden nur in speziell zugelassenen Gelbfieber-Impfstellen durchgeführt.
Kontraindikationen
Bei der Impfung handelt es sich um eine, mittels Hühnerembryonen gewonnenen Lebendimpfung. Daraus ergeben sich einige absolute Kontraindikationen wie
Säuglinge <6 Monate sowie stillende Frauen
Hühnereiweißallergie
und relative Kontraindikationen bei
Säuglinge im Alter von 6-8 Monaten
Immunsupprimierten
Schwangerschaft
Personen >60 Jahre
Nebenwirkungen
Neben allgemeinen Impfnebenwirkungen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Impfstelle, Kopfschmerzen und leichtem Fieber kann es in seltenen Fällen zu schweren Nebenwirkungen kommen.
Bei Säuglingen unter neun Monaten ist dies insbesondere die Gelbfieber-Vakzine-assoziierte neurologische Erkrankung (Meningitis, Enzephalitis, Guillain-Barré-Syndrom). Daher gilt bei Säuglingen <9 Monaten eine Kontraindikation zur Gelbfieberimpfung.
In 1:1.000.000 Impfungen kommt es zur Gelbfieber-Vakzine-assoziierten viszeralen Erkrankung. Diese entspricht klinisch einer fortgeschrittenen Gelbfieberinfektion mit Organdysfunktionen. Diese tritt besonders bei Personen >60 Jahren und Personen mit stark geschwächter Immunabwehr auf, weshalb Personen beider Gruppen einer besonders strengen Risiko-Nutzen-Abwägung unterzogen werden sollten.
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