
Hintergrund
Eine Sepsis stellt eine lebensbedrohliche Situation dar, in der auf Grund einer dysregulierten Immunabwehr gegenüber einer Infektion eine Organdysfunktion resultiert. Bemühungen, Infektionen zu verhindern, können die Inzidenz einer Sepsis senken. Das Outcome einer Sepsis kann zudem durch eine frühzeitige Initiierung einer gezielten Therapie verbessert werden. Die Sepsis stellt auch heutzutage eine Herausforderung dar, beispielsweise ist in den USA die Sepsis die häufigste Ursache für Todesfälle in Krankenhäusern.
Genaue epidemiologische Daten der Inzidenz und Mortalität der Sepsis sind bisher nur beschränkt vorhanden. Diese Daten beruhen in der Regel auf Krankenhausdatenbanken und berücksichtigen Patienten ohne Krankenhauskontakt nicht. Ferner sind die meisten Daten auf einzelne Nationen beschränkt und liegen vor allem für Länder mit mittlerem-hohem Einkommen vor. Zudem fehlen in den meisten Studien Daten zur Inzidenz und Mortalität der Sepsis bei Kindern.
Zielsetzung
Die vorliegende Studie hatte die Schätzung der weltweiten, regionalen und nationalen Sepsisinzidenz und -mortalität zum Ziel.
Methodik
Die der Studie zu Grunde liegenden Daten kamen aus der Global Burden of Diseases, Injuries, and Risk Factors Study (GBD) 2017 und wurden ausgewertet, um die globale, regionale und nationale Sepsisinzidenz und -mortalität zu ermitteln. Im Gegensatz zu anderen Studien wurden bei der vorliegenden Studie Todesfälle innerhalb und außerhalb von Krankenhäusern erfasst. Dies ist insbesondere in den Ländern mit geringem oder mittlerem soziodemografischem Index (SDI) wichtig, da dort Sepsis Patienten ggf. nicht im Krankenhaus behandelt werden. Die unterschiedlichen Regionen der Welt wurden anhand ihres soziodemografischen Index in niedrig, niedrig-mittel, mittel, hoch-mittel und hohem SDI eingeteilt. Der SDI ist spezifisch für jedes Land und jedes Jahr.
Die Daten wurden in insgesamt 195 Ländern an Patienten beider Geschlechter, 23 Altersgruppen in den Jahren 1990-2017 erhoben.
282 der Sepsis zugrunde liegende Ursachen wurden analysiert.
Diese Sepsisursachen wurden in Infektionen, Traumata oder nichtübertragbare Erkrankungen eingeteilt.
Ergebnisse
Weltweit sind im Jahr 1990 60,2 Millionen (95% Unsicherheitsintervall [UI]: 47,2-79,7) Sepsisfälle verzeichnet worden. Im Jahr 2017 sank diese Zahl um 18,8% (5,9-42,2) auf 48,9 Millionen Sepsisfälle (38,9-62,9).
Die häufigsten Ursachen für eine Sepsis
Von diesen 48,9 Millionen Sepsisfällen im Jahr 2017 traten 33,1 Millionen (24,1-45,9) bei Patienten auf, die eine infektiöse Ursache der Sepsis aufwiesen, während 15,8 Millionen Sepsisfälle (12,7-20,0) bei Menschen auftraten, die an Verletzungen oder nichtübertragbare Krankheiten litten.
Die häufigste Ursache für eine Sepsis stellten Durchfallerkrankungen dar (im Jahr 2017: 9,21 Millionen [3,56-20,9]). Die häufigste traumatische Ursache für eine Sepsis waren im Jahr 2017 Verkehrsunfälle (457 495 [282 177-715 774] und die häufigste nichtübertragbare Krankheit maternale Erkrankungen (5,7 Millionen [3,4-9,2]). Bei den Kindern unter 5 Jahren stellten Durchfallerkrankungen mit 5,9 Millionen [2,1-14,2] gefolgt von Neugeborenenerkrankungen (5,1 Millionen [2,9-8,9]) und unteren Atemwegsinfekten (3,3 Millionen [1,8-6,3] die häufigsten Ursachen im Jahr 2017 für eine Sepsis dar.
Die Abhängigkeit der Inzidenz der Sepsis vom Alter
Die Sepsisinzidenz ist insbesondere in der frühen Kindheit und bei älteren Erwachsenen erhöht. So lag die weltweite Inzidenz der Sepsis im Jahr 2017 bei den unter-5-jährigen bei 20,3 Millionen (14,0-29,7), in der Altersgruppe zwischen 5-19 Jahren bei 4,9 Millionen (3,5-7,0) und bei den Erwachsenen >20 Jahre bei 23,7 Millionen (20,1-28,8).
Die altersstandardisierte Sepsisinzidenz sank um 37% (95% UI 11,8-54,5) und die Mortalität sank um 52,8% (47,7-57,5) von 1990 bis 2017.
Geographische Unterschiede in der Sepsisinzidenz und -mortalität
Die Inzidenz und Mortalität der Sepsis variierten zwischen den einzelnen Regionen der Erde. Insbesondere in Regionen mit niedrigem soziodemographischem Index (SDI) finden sich die höchsten altersstandardisierten Inzidenzraten der Sepsis. So weisen Afrika (Subsahara), Ozeanien, Südasien, Ostasien und Südost Asien die höchsten Sepsisinzidenzraten auf.
Sepsisbezogene Todesfälle
2017 wurden 11 Millionen (10,2-12,0) Sepsis-bezogene Todesfälle verzeichnet. Dies entsprach 19,7% (18,2-21,4) aller globalen Todesfälle im Jahr 2017. Von den gesamten Todesfällen, denen eine Sepsis zu Grund lag, waren bei 46,6% (42,2-50,8) der Patienten die Ursachen der Sepsis nichtübertragbar. Insgesamt betrachtet war die häufigste Sepsis-bezogene Todesursache für beide Geschlechter und alle Altersgruppen kombiniert, untere Atemwegsinfektion (1,8 Millionen [1,3-2,1] in 2017). Verkehrsunfälle stellten die häufigste traumatische Ursache für Sepsis-bedingte Todesfälle (145 520 [100 480-200 090] und Neugeborenenerkrankungen (801 615 [627 191-996 840] die häufigste nichtübertragbare Krankheitsursache der Sepsistodesfälle dar.
Abhängigkeit der Inzidenz und Mortalität der Sepsis vom soziodemographischen Index
In Regionen mit niedrigem SDI waren die meisten Sepsis-bedingten Todesfälle durch Infektionen verursacht, wohingegen in Regionen mit hohem SDI die meisten Sepsis-bedingten Todesfälle auf Grund nichtübertragbarer Erkrankungen waren.
Unterschiede der Inzidenz und Mortalität zwischen den Geschlechtern
Weltweit litten 2017 mehr Frauen als Männer an einer Sepsis (716,5 [560,2-925,1] versus 642,8 [507,7-834,8]).
Die weltweit altersstandardisierte Sepsis-bezogene Mortalität lag 2017 für Männer höher als für Frauen (164,2 [150,1-180,1] versus 134,1 [123,6-146,1]).
Fazit
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass obwohl die altersstandardisierte Sepsisinzidenz und -mortalität gesunken ist, die Sepsis eine der Haupttodesursachen weltweit bleibt. Hiervon ist insbesondere die Subsahararegion in Afrika betroffen.