Bei Vorhofflimmern ist auch wenig Alkohol zu viel

Während Alkohol in geringer Menge kardioprotektive Effekte hinsichtlich Herzinfarkts und Herzinsuffizienz entfalten soll, zeigte eine Studie mit über 100.000 Teilnehmern nun, dass bereits ein maßvoller Alkoholkonsum die Entstehung von Vorhofflimmern begünstigen kann.

Alkohol

Hintergrund

Mit einer Prävalenz von 1-2% ist Vorhofflimmern die weltweit häufigste Herzrhythmusstörung. In Gesellschaften mit zunehmendem Durchschnittsalter ist die Prävalenz noch höher und im Steigen begriffen. Eine große Bedeutung für die öffentliche Gesundheit kommt dem Vorhofflimmern auch deshalb zu, weil es das Risiko für Schlaganfälle und Herzversagen deutlich erhöht. Es kann das Sterberisiko mehr als verdoppeln. Schon länger ist bekannt, dass regelmäßiger Alkoholkonsum das Risiko von Vorhofflimmern erhöht. Die Alkoholdosis, die das Entstehen von Vorhofflimmern fördert, ist jedoch umstritten.

Ab welchem Alkoholkonsum steigt das Risiko für Vorhofflimmern

Während einerseits die Meinung besteht, dass bereits geringe Alkoholmengen, die Wahrscheinlichkeit für Vorhofflimmern erhöht, sehen andere Wissenschaftler erst bei größeren Mengen eine Gefahr. Letztere weisen häufig auch auf Studienergebnisse hin, die die Hypothese unterstützen, dass geringe Mengen an Alkohol das Risiko für andere Herzkrankheiten wie Herzinsuffizienz und/oder kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt eher senken. Eine internationale Arbeitsgruppe hat nun anhand von über 100.000 Patientendaten untersucht, ob es einen Schwellenwert gibt, ab dem Alkoholkonsum Vorhofflimmern begünstigt. [1,2]

Zielsetzung

Ziel der Studie war es, festzustellen, ab welchen Mengen Alkoholkonsum einen Einfluss auf die Inzidenz von Vorhofflimmern hat.

Methoden

Zur Analyse wurden die Patientendaten aus fünf großen europäischen Kohortenstudien gepoolt. Von der Analyse ausgeschlossen wurden die Daten von Teilnehmer, die bereits zu Beginn der Studien die Diagnose Vorhofflimmern hatten. In die Auswertung flossen neben der konsumierten Alkoholmenge und dem Trinkverhalten auch Daten zur Person, kardiovaskuläre Risikofaktoren und Vorerkrankungen ein. Der durchschnittliche Alkoholkonsum wurde in g/Tag umgerechnet. Dafür wurde ein durchschnittlicher Gehalt von 12g Ethanol in jeweils 120ml Wein, 330ml Bier oder 40 ml Spirituosen als Berechnungsgrundlage angenommen. Bei 23.205 Teilnehmern standen darüber hinaus Daten zu NT-proBNP und bei 31.129 zu hochsensitives Troponin I (hsTnI) für die Auswertung zur Verfügung.

Trinkfrequenz und Trinkverhalten

Bei der Frequenz des Alkoholkonsums wurden sechs Typen: die lebenslange Abstinenz (Kontrollgruppe), Ex-Trinker, weniger als 1x wöchentlich, sowie an 1-2, 3-5 und 5-6 Tagen in der Woche unterschieden. Anhand der Trinkmenge pro Tag wurden die Teilnehmer in die folgenden sieben Gruppen unterteilt:

  • Personen, die nie Alkohol getrunken hatten
  • Ex-Trinker
  • Gelegenheitstrinker (<1 g/Tag),
  • 1–12 g/Tag(<1 Drink/Tag),
  • 12,1–24 g/Tag (>1 Drink/Tag),
  • 24,1–48 g/Tag (2–4 Drinks/Tag)
  • >48 g/Tag

Ergebnisse

Insgesamt kamen die Datensätze von 100.092 Teilnehmern im medianen Alter von 47,8 Jahren zur Auswertung. Mit 48,3 Prozent lagen etwas weniger Datensätze von Männern als von Frauen vor. Der mediane Alkoholkonsum lag bei 3g/Tag der durchschnittliche bei 8,7 g/Tag. Die Ergebnisse wurden um die bekannten zusätzlich zum Alkoholkonsum bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren bereinigt. In der medianen Nachbeobachtungsphase von 13,9 Jahren erkrankten 5.854 Personen an Vorhofflimmern. Der Alkohol-Konsum war positiv, aber nicht linear, mit der Inzidenz von Vorhofflimmern assoziiert. Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Inzidenz von Vorhofflimmern konnte dabei nicht durch die Werte für kardiale Biomarker oder das Vorkommen von Herzinsuffizienz erklärt werden.

Risikoerhöhung

Die Hazard Ratio (HR) betrug bei etwa einem Drink pro Tag (Äquivalent zu 12 g/d Alkohol) 1,16 (95% Konfidenzintervall [CI] 1,11-1,22; p < 0,001). Dabei spielte es keine Rolle welcher Art der konsumierte Alkohol war. Bereits ab einem täglichen Konsum von 2 g Alkohol konnten die Autoren ein um 2% signifikant erhöhtes Risiko (HR 1,02) nachweisen. Das Risiko stieg nicht linear mit der Alkoholmenge bei 2 Drinks pro Tag um 36% (HR 1,36; CI 1,25-1,47) und bei 4 Drinks täglich um 59% (HR 1,59; CI 1,37-1,85)

Fazit

Die Autoren schlossen aus ihren Ergebnissen, dass selbst ein geringer Alkoholkonsum das Risiko von Vorhofflimmern erhöht und dass dieses Risiko mit der Alkoholmenge ansteigt. Sie appellieren daher, dass der Alkoholkonsum bei der Prävention der Rhythmusstörung berücksichtigt werden muss. In ihrem Editorial zur Studie bekräftigen und ergänzten die Kardiologen Dr. Jorge Wong und Dr. David Conen von der McMaster Universität in Hamilton den Appell der Studienautoren hinsichtlich der Prävention und des Managements von Vorhofflimmern. Sie meinten aber auch, dass die möglichen kardioprotektiven Effekte von Alkoholkonsum in geringen Mengen nicht vergessen werden sollten. Sie regten daher Studien an, die den möglichen kardialen Nettonutzen eines maßvollen Alkoholkonsums mit den kardialen Risiken untersuchen sollten. [3]

Autor:
Stand:
25.01.2021
Quelle:
  1. Csengeri, Sprünker, Di Castelnuovos et al. (2021): Alcohol consumption, cardiac biomarkers, and risk of atrial fibrillation and adverse outcomes. Eur Heart J 2021; 00, 1–8; DOI:10.1093/eurheartj/ehaa953
  2. Schlimpert (2021):  Alkohol  & Vorhofflimmern – ist ein Drink am Tag schon zu viel? Kardiologie.org
  3. Wong , Conen (2021):  Alcohol consumption, atrial fibrillation, and cardiovascular disease: finding the right balance. Eur Heart J 2021; 00, 1–2; DOI:10.1093/eurheartj/ehaa955
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige