
Bedeutung der Schlafapnoe
Schlafapnoe mag viele negative Folgen für die Betroffenen haben. Aber: „Warum sind schlafbezogene Atemstörungen (SBAS), insbesondere Schlafapnoe, für uns in der Kardiologie so relevant?“ fragte Professor Dr. Dominik Linz von der Universität Maastricht in den Niederlanden zu Beginn seines Vortrags „Schlafbezogene Atemstörungen und Hypertonie“ im Rahmen der DGK 2022 Herztage.
Er beantwortete seine Frage gleich selbst: „Weil sie so verdammt häufig vorkommen!“ Und, weil schlafbezogene Atemstörungen erhebliche Effekte auf den Blutdruck haben. So leiden 45% der Personen mit Hypertonie auch unter schlafbezogenen Atemstörungen, bei resistenter Hypertonie sind es sogar 90% [1].
Pathophysiologische Effekte der Schlafapnoe
Die Entstehung von schlafbezogenen Atemstörungen wird von vielen Faktoren beeinflusst und ist äußerst komplex. Welche Einflüsse eine Schlafapnoe auf Herz und Blutdruck hat, sind noch nicht abschließend geklärt. Es gibt aber verschiedene Modelle. So sollen die Intrathorakalen Druckschwankungen infolge der Atemaussetzer transmurale Druckgradienten am Herzen, insbesondere verursachen.
Darüber hinaus werden wahrscheinlich das sympathische Nervensystem, das Gefäßsystem und die Thrombogenese beeinflusst. Linz konnte in einer Studie mit unter Narkose selbständig atmenden Schweinen, bei denen eine steuerbare Obstruktion der Atemwege implantiert war, nach einem künstlichen „Atemaussetzer“ eine postapnoetische Blutdrucksteigerung und eine Hypoperfusion der Niere beobachtet werden. Letztere löst wahrscheinlich eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems aus.
Nächtlicher Blutdruckanstieg
Eine Studie von Pankow et al. zeigte bereits 1997, dass schlafbezogene Atemstörungen mit Hypertonie unabhängig von Störfaktoren wie Alter oder Adipositas zusamenhängen. Eine Schlafapnoe hat zwar auch Auswirkungen Blutdruck tagsüber, alarmierender sind jedoch die Effekte während des Nachtschlafs. Es kommt hier zum Verlust des Dippings, einem physiologischen Abfall des Blutdrucks um rund 10% während der Nachtruhe.
Das Dipping bzw. das Non-Dipping wird während einer 24h-Blutdruckmessung festgestellt. Pankow et al, konnten hier Korrelationen des Non-Dippings mit der Schwere der Schlafapnoe feststellen. Ein Problem der schlafbezogenen Atemstörungen ist, dass die Betroffenen nicht immer wissen, dass sie darunter leiden. Hier stellt sich die Frage „Wer soll gescreent werden?“ [2]
Wer sollte auf Schlafapnoe gescreent werden?
Grundsätzlich sollten alle Patienten, die Symptome einer Schlafapnoe, vor allem Atemaussetzer nachts (beobachtet vom Partner), Nykturie und Tageschläfrigkeit, zeigen, auf eine schlafbezogene Atemstörung untersucht werden. Auf eine Schlafapnoe gescreent werden sollten auch Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren, die zwar keine Schlafbeschwerden wahrnehmen, aber unter Hypertonie oder Vorhofflimmern leiden.
Das gilt insbesondere dann, wenn die Hypertonie oder das Vorhofflimmern therapieresistent sind. Neben der Untersuchung im klassischen Schlaflabor gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit eines virtuellen Schlaflabors zuhause. Hierfür wird der Patient mit einem entsprechenden Gerät (Disposable Home Sleep Test) ausgestattet, das die erhobenen Daten über das Smartphone zur Auswertung weiterleitet.
Behandlung der schlafbezogenen Atemstörungen
Zur Therapie der schlafbezogenen Atemstörungen werden Lebensstiländerung und Schlafhygiene empfohlen sowie verschiedene orale und nasale Hilfsmittel und chirurgische Eingriffe angeboten. Am erfolgreichsten ist jedoch der kontinuierlich positive Atemwegsdruck (Continuous positive Airway Pressure [CPAP]).
In einer spanischen Studie mit insgesamt 723 Personen mit schlafbezogenen Atemstörungen war die Inzidenzdichte für Hypertonie und kardiovaskuläre Ereignisse im Beobachtungszeitraum von 4 Jahren mit 9,2 auf 100 Personenjahre in der Gruppe der mit CPAP behandelten Patienten (n=357) (95% Konfidenzintervall [KI]: 7,36-11,04) niedriger als bei der Kontrollgruppe ohne CPAP-Behandlung (n=366) mit einer Inzidenzdichte von 11,02 auf 100 Personenjahre (95%-KI: 8,96-13,08).
Die Inzidenzdichte Ratio betrug 0,83 (95%-KI: 8,96-13,08; p=0,2). Die Subgruppe (n=230), die das CPAP nachts am längsten (≥4 h) einsetzte, erzielte dabei mit einer Inzidenzdichte Ratio von 0,72 (95%-KI: 0,52-0,98; p=0,04) das beste Ergebnis [3].
CPAP bei resistenter Hypertonie
In einer weiteren Studie erzielte CPAP über einen Zeitraum von 12 Wochen sowohl gegenüber Lebensstiländerungen als gegenüber reiner Sauerstoffgabe einen stärkeren Abfall des mittleren arteriellen Blutdrucks bei der 24 Stunden Messung (rund 2,5 mmHg). Der Blutdruckabfall fand vor allem nachts statt, was als prognostisch günstig erachtet wird. Die blutdrucksenkende Wirkung einer CPAP-Behandlung bei Patienten mit schlafbezogenen Atemstörungen wurde auch in einer Metaanalyse bestätigt.
Die Analyse ergab darüber hinaus, dass Patienten mit resistenter Hypertonie oder unter antihypertensiver Therapie am meisten von der CPAP-Therapie profitierten. Für einen tieferen Einstieg in die Materie empfahl Linz das Positionspapier „Schlafmedizin in der Kardiologie“ und das Curriculum Kardiovaskuläre Schlafmedizin. Beide sind über Webseite der DGK-Leitlinien abrufbar [4-7].