
Hintergrund
Es wird angenommen, dass kardiovaskuläre Erkrankungen in Zusammenhang mit Depressionen stehen. Beide Erkrankungen weisen ähnliche Risikofaktoren wie Entzündungen und oxidativer Stress neben weiteren Faktoren auf, die die wichtigsten gemeinsamen Komponenten beider Erkrankungen darstellen.
Kardiovaskuläre Erkrankungen sind weltweit hauptursächlich für die Mortalität der Menschen, während Depressionen die weitest verbreitete psychische Erkrankung darstellt. Obwohl man weiß, dass Depression ein Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen sein könnte, gib es nur wenige Studien die das kardiovaskuläre Risiko als Risikofaktor für die Entwicklung einer Depression untersucht haben. Insgesamt werden depressive Störungen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei Frauen, immer noch zu selten erkannt und behandelt. Man nimmt an, dass der Zusammenhang zwischen den beiden Krankheiten durch das metabolische Syndrom vermittelt wird. Daher wird vermutet, dass die Prävention und Therapie des metabolischen Syndroms bei Erwachsenen im mittleren bis höheren Alter depressive Symptome vorbeugen kann.
Zielsetzung
Das Ziel der Studie war es daher herauszufinden, ob es einen möglichen Zusammenhang zwischen dem kardiovaskulären Risiko und depressiven Symptomen bei Patienten mit metabolischem Syndrom und einem Alter zwischen 55 und 75 Jahren gibt.
Methodik
Bei der PREDIMED-Plus Studie handelt es sich um eine multizentrisch, randomisierte, parallele Gruppenstudie zur Primärprävention in Spanien, deren Ziel es ist, die Auswirkungen eines intensiven Interventionsprogramms zur Gewichtsreduktion auf Grundlage einer energiereduzierten traditionellen mediterranen Diät und der Förderung von körperlicher Aktivität auf klinische, kardiovaskuläre Ereignisse zu untersuchen und diese mit der üblichen Betreuung und Ernährungsberatung nur mit energiereduzierter mediterraner Diät (Kontrollgruppe) zu vergleichen.
In der hier vorgestellten Substudie wurden Männer im Alter von 55 bis 75 Jahren und Frauen im Alter zwischen 60 und 75 Jahren mit Übergewicht oder Adipositas (BMI: ≥ 27 kg/m2 bis < 40 kg/m2) aus der PREDIMED-Plus Studie berücksichtigt. Für den Einschluss mussten die Patienten zusätzlich am metabolischen Syndrom leiden und bei Studienbeginn durfte weder eine kardiovaskuläre Erkrankung noch eine neurologische oder endokrine Störung vorliegen. Die Patienten wurden entsprechend ihrem kardiovaskulären Risiko in drei Gruppen (niedrig, mittel, hoch/sehr hoch) eingeteilt. Die depressiven Symptome wurden mit Hilfe des Beck-Depressions-Inventar-II (BDI-II) zu Studienbeginn und nach zwei Jahren erfasst und der Zusammenhang mit kardiovaskulären Erkrankungen analysiert.
Ergebnisse
Von den insgesamt 6.874 Patienten die in die PREDIMED-Plus Studie eingeschlossen wurden, konnten 4.566 Patienten in die Substudie eingeschlossen und analysiert werden. Die Niedrigrisiko-Gruppe umfasste 32,7% der Patienten, die Gruppe mit mittlerem Risiko 53% und die Hochrisiko-Gruppe 14,3%.
Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Erkrankungen und Depression
Die drei verschiedenen Risiko-Gruppen für kardiovaskuläre Erkrankungen zeigten keine Unterschiede bezüglich depressiver Symptome.
Die Faktoren weibliches Geschlecht, Rauchen sowie eine diagnostizierte Diabetes-erkrankung hingegen waren mit einer Depression assoziiert.
- Frauen vs. Männer: Odds Ratio (OR) = 2,86, 95%-Konfidenzintervall (KI): 2,33-3,50
- Raucher vs. Nichtraucher: OR = 1,38, 95%-KI: 1,09-1,76
- Diabetes vs. Kein Diabetes: OR = 1,39; 95%-KI: 1,17-1,66
Die Analyse spezifischer Faktoren für das kardiovaskuläre Risiko wie Geschlecht, Rauchen, Diabetes, Gesamtcholesterin und Blutdruck zeigte, dass Frauen der Hochrisiko-Gruppe für kardiovaskuläre Erkrankungen eine höhere Wahrscheinlichkeit aufwiesen depressive Symptome zu erleiden als Frauen der Niedrigrisiko-Gruppe (OR = 1,78; 95%-KI: 1,26-2,50).
Erhöhtes Depressionsrisiko
Ein erhöhtes Depressionsrisiko wiesen diejenigen Patienten der Gruppe mit mittlerem kardiovaskulärem Risiko und der Hochrisiko-Gruppe auf, die einen Gesamtcholesterol-Wert von < 160 mg/ml hatten im Vergleich zu Patienten der Niedrigrisiko-Gruppe (Gruppe mittleres Risiko: OR 0 1,77; 95%-KI: 1,13-2,77; Hochrisiko-Gruppe: OR = 2,83; 95%-KI: 1,25-6,42). Patienten mit hohem Gesamtcholesterol-Spiegel in den Gruppen mit mittlerem bis hohem kardiovaskulären Risiko hatten hingegen kein erhöhtes Depressionsrisiko.
Verbesserung depressiver Symptome
Patienten mit diagnostiziertem Diabetes verbesserten nachweislich im Zeitraum über zwei Jahre ihren BDI-II-Score und somit eventuelle depressive Symptome. Besonders ausgeprägt war die bei der Niedrigrisiko-Gruppe und weniger bei den beiden Gruppen mit mittlerem bis hohem Risiko.
In diesen beiden Gruppen zeigten Patienten mit einem erhöhten Gesamtcholesterol (Werte: 240-279 mg/ml) eine deutliche stärkere Verbesserung der depressiven Symptomatik im Laufe der zwei Jahre auf als Patienten der Niedrigrisiko-Gruppe und einem erhöhten Gesamtcholesterol.
Ungeachtet von einer depressiven Symptomatik bei Studienbeginn zeigte sich für die folgenden Faktoren eine signifikante Verbesserung der depressiven Symptomatik: zwischen der Hochrisiko- und der Niedrigrisiko-Gruppe:
- weibliches Geschlecht: Mittelwert -051 vs. -1,89
- Diabetes: Mittelwert -1,24 vs. -2,05
- niedriges Gesamtcholesterol (> 35 mg/ml): Mittelwert -1,02 vs. 2,68.
Fazit
Die Substudie der PREDIMED-Plus Studie bestätigt die Daten aus früheren Studien die zeigten, dass stark gesenkte Gesamtcholesterolwerte bei älteren Patienten mit einem erhöhten Depressionsrisiko assoziiert sein könnten. Demnach kann eine Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit durch Erreichen eines gesunden Körpergewichts, Nicht-Rauchen und Kontrolle des Diabetes bei älteren Menschen einen Schutz vor Depression aber auch eine Verbesserung von depressiven Symptomen bei bestehender Depression leisten. Insbesondere Diabetes und der Gesamtcholesterol-Spiegel spielen möglicherweise eine Rolle eine bestehende Depression und deren Symptomatik bei älteren Menschen mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu verbessern.