Bestimmung des kardiovaskulären Risikos mittels Lp(a)

Die Bestimmung des kardiovaskulären Risikos bei Patienten im mittleren Alter kann durch eine direkte Messung des Lipoproteins a erfolgen oder durch den genetischen Risikoscore des LPA-Gens. Die Einbeziehung der Werte bei QRISK3 verbessert geringfügig die Vorhersage.

ASCVD

Hintergrund

Lipoprotein (a) ist als atherogener Biomarker bekannt und die Lp(a)-Konzentrationen im Blut sind zu 75% - 95% vererblich. Man spricht ab einer Konzentration von ≥ 120 nmol/L bzw. ≥ 50 mg/dL von erhöhten Lp(a)-Werten, die in der heutigen Bevölkerung weit verbreitet sind und einen von fünf Europäern betrifft.

Mendelsche Randomisierungsstudien weisen darauf hin, dass Lp(A) ursächlich zu atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen (atherosclerotic cardiovascular disease [ASCVD]) beiträgt. Klinische Studien überprüfen diese Hypothese. Es ist bisher immer noch unklar, ob genetische Faktoren, die die Lp(A)-Konzentration beim Mensch bestimmen, eine relevante Rolle bei der Vorhersage des Risikos von ASCVD spielen.

Zielsetzung

Die hier vorgestellte Klinische Studie beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob Lp(a)-Bestimmungen und/oder die Bestimmung eines genetischen Risikoscore (GRS) bestehend aus 43 Varianten des LPA-Gens, einen klinischen Nutzen für die Risikovorhersage des Auftretens von ASCVD haben.

Methodik

Für den prospektiven Ansatz dieser Beobachtungsstudie wurden Proben der UK Biobank-Kohorte verwendet. Diese setzt sich aus ca. 500.000 freiwilligen Teilnehmer im Alter zwischen 40 und 69 Jahren zusammen. Die Probanden wurden nach ihrer jeweiligen Volkszugehörigkeit klassifiziert (Afrikaner, Europäer, Ostasiaten, …).  Ausgeschlossen wurden Teilnehmer die eine lipidsenkende Therapie, Angina, koronare Herzerkrankung (KHK), Myokardinfarkt, Schlaganfall oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) bei Studieneinschluss hatten.

Zunächst wurde der Lp(a)-Gehalt der einzelnen Teilnehmer bestimmt und es erfolgte eine Genotypisierung des LPA-Gens um einen LPA-GRS zu berechnen.

Mit Hilfe eines Cox-proportionalen Hazard Modells wurde die Verbindung zwischen dem gemessenen Lp(a) und/oder dem LPA-GRS und der ASCVD-Inzidenz geschätzt. Folgende Ereignisse wurden als ASCVD definiert: pAVK, KHK, Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall und kardiovaskuläre Mortalität. Um den Klinischen Nutzen der gemessenen Lp(A)-Konzentration und des LPA-GRS als Risikoverstärker für ASCVD zu bestimmen wurde die potentielle Verbesserung des ASCVD-Risikos mittels QRISK3 und der ‚Pooled Cohort Equation‘ bei Personen mit einem grenzwertigen bis mittleren Risiko beurteilt (n=113.703 bzw. 144.350 Personen).

Ergebnisse

Gesamtstudienpopulation

In die Kohortenstudie wurden insgesamt 374.099 Personen mit einem medianen Alter von 57,6 ± 8,0 Jahre eingeschlossen. 204.355 Personen waren weiblich (54,6%). Die mediane Nachbeobachtungsdauer für das Auftreten von ASCVDs lag bei 11,1 Jahren (IQR: 1,4 Jahre). In diesem Zeitraum hatten 15.444 Teilnehmer ein ASCVD (5,1%).

Eine Verbindung zwischen dem bestimmten LPA-GRS und der gemessenen Lp(A)-Konzentration zeigte sich für die einzelnen Volksgruppen und wurde durch den Pearson-Korrelationskoeffizient bestätigt:

  • Weiße/Europäer: R2=0,595; p<0,001; r=0,717
  • Südasiaten: R2=0,11; p<0,001; r=0,371
  • Ostasiaten: R2=0,078; p<0,001; r=0,281
  • Schwarze/Afrikaner: R2=0,038; p=0,03; r=0,070.

Subgruppen-Analyse

Von allen Teilnehmern hatten 300.839 Teilnehmer keine vorherherrschende ASCVD und nahmen keine cholesterinsenkenden Medikamente ein. Das mittlere Alter dieser Subgruppe lag bei Studieneinschluss bei 56,6 ± 8,0 Jahre und 174.555 Personen waren weiblich (58,0%).

Ihre mediane Lp(A)-Konzentration lag bei 24,1 nmol/l (Interquartilsabstand (IQR): 73,6 ng/ml).

In dieser Subgruppe war eine erhöhte Lp(a)-Konzentration von ≥ 120 nmol/l signifikant mit einem erhöhten Auftreten eines ASVCD-Ereignisses für alle Volksgruppen mit Ausnahme von Schwarzen/Afrikanern bzw. unbekannter Herkunft assoziiert.

Assoziation von Lp(a) und LPA-GRS mit ASCVD

Betrachtet man die 283.540 Weißen/Europäer der oben genannten Subgruppe war sowohl die gemessene Lp(a)-Konzentration als auch der bestimmte LPA-GRS mit einer erhöhten Anzahl an ASCVD-Ereignissen assoziiert. Die Hazard Ratio pro 120 nmol/l Anstieg lag für Lp(a) bei 1,26; 95%- Konfidenzintervall (KI):1,23-128 und für LPA-GRS bei 1,29; 95%-KI: 1,26-1,33; p<0,001.

  • pAVK: für Lp(a) HR: 1,25; 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,19-1,31 und LPA-GRS 1,34; 95%-KI: 1,26-1,42)
  • KHK: für Lp(a) HR: 1,40; 95%-KI: 1,37-1,43 und LPA-GRS 1,45; 95%-KI: 1,41-1,50)
  • Myokardinfarkt: für Lp(a) HR: 1,32; 95%-KI: 1,28-1,36 und LPA-GRS 1,38; 95%-KI: 1,33-1,43)
  • ischämischer Schlaganfall: für Lp(a) HR: 1,11; 95%-KI: 1,05-1,16 und LPA-GRS 1,12; 95%-KI: 1,04-1,19)
  • kardiovaskuläre Mortalität: für Lp(a) HR: 1,09; 95%-KI: 1,04-1,16 und LPA-GRS 1,09; 95%-KI: 1,02-1,16).

Bei Personen mit einer cholesterinsenkenden Therapie ohne vorherrschende ASCVD (n=43.829) war die Assoziation nur geringfügig verringert.

Vergleich von LPA-GRS und Lp(a)-Konzentrationen für die Risikoprognose von kardiovaskulären Erkrankungen

Die Assoziation zwischen LPA-GRS und dem Auftreten einzelner ASCVD-Ereignisse verminderte sich wesentlich nach Anpassung an die gemessene Lp(A)-Konzentration.
Bei der Risikokalkulation mittels QRISK3 verbesserte sich durch Einbeziehung des gemessenen Lp(A) oder des LPA-GRS die Risikodiskriminierung von ASCVD-Ereignissen geringfügig (Fläche unter der ROC-Kurve: 0,640; 95%-KI: 0,633-0,647 vs. 0,642; 95%-KI: 0,635-0,649; p=0,005 bzw. p=0,01).

Fazit

Diese Studie zeigt, dass Lp(a) ein geeigneter Biomarker ist um das Risiko von ASCVD zu bestimmen. Die direkte Messung von Lp(a) im Blut als auch die Anwendung des LPA-GRS sind hierfür geeignet und liefern vergleichbare Ereignisse. Eine Einbeziehung der beiden Faktoren in der von den Leitlinien empfohlen Risikokalkulation (QRISK3) führt aber nur zu einer geringfügigen Verbesserung des Diskriminierungsrisiko. Es zeigt aber, dass Lp(A) als Risikofaktor nicht außer Acht gelassen werden darf.

Autor:
Stand:
17.11.2020
Quelle:

Trinder M. et al. (2020): Clinical Utility of Lipoprotein(a) and LPA Genetic Risk Score in Risk Prediction of Incident Atherosclerotic Cardiovascular Disease, JAMA Cardiology, DOI: 10.1001/jamacardio.2020.5398

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