Narkosewahl bei der TAVI

Die örtliche Betäubung stellt eine sichere Alternative zur Vollnarkose beim Aortenklappenersatz mittels TAVI bei Patienten mit einer schwerwiegenden symptomatischen Aortenstenose dar. Die Entscheidung liegt beim Arzt.

Narkose

Hintergrund

Patienten mit einer schweren symptomatischen Aortenklappenstenose, die als inoperabel gelten oder ein hohes Risiko für einen chirurgischen Eingriff besitzen, profitieren von einem Aortenklappenersatz mittels TAVI (Transcatheter Aortic Valve Implantation). Heutzutage wird die TAVI auch immer häufiger bei Patienten mit einem mittleren bis geringen, chirurgischen Risiko angewendet.

Seit Beginn der TAVI, bei dem die neue Aortenklappe mittels Katheter über die Leistenarterie implantiert wird, wurden die Eingriffe unter Vollnarkose durchgeführt. Mit zunehmender Erfahrung und verbesserten Transkatheter-Aortenklappensystemen werden die Eingriffe vermehrt auch unter örtlicher Betäubung vorgenommen.

Beide Narkosemöglichkeiten haben dabei ihre Vor- bzw. Nachteile, wobei Angaben von Registerstudien nach, die örtliche Betäubung inzwischen bevorzugt wird. Randomisierte Studien zu diesem Thema fehlen bislang.

Zielsetzung

Die Zielsetzung der SOLVE-TAVI Studie (Comparison of Second-Generation Self- Expandable Versus Balloon-Expandable Valves and General Versus Local Anesthesia in Transcatheter Aortic Valve Implantation) war es, die beiden Narkosemöglichkeiten (Vollnarkose vs. örtliche Betäubung) in Bezug auf Sicherheit und Wirksamkeit der TAVI miteinander zu vergleichen.

Methodik

In die Studie eingeschlossen wurden Patienten ≥ 75 Jahre, die sich aufgrund einer schweren symptomatischen Aortenstenose einer TAVI unterziehen mussten und ein hohes Risiko für einen chirurgischen Eingriff aufwiesen. Klinische Visiten wurden bei Krankenhausentlassung nach 30 Tagen und nach 6, 12, 24 und 60 Monaten durchgeführt.

Der primäre Endpunkt für den Vergleich der Narkose war definiert als kombinierter Endpunkt aus den Ereignissen Gesamtmortalität, Schlaganfall, Myokardinfarkt, Infektionen die eine Antibiotika-Behandlung benötigen und akutes Nierenversagen innerhalb der ersten 30 Tage nach einer TAVI. Die Studie war gepowert für den Nachweis der Äquivalenz (Äquivalenzgrenze 10%, Signifikanzlevel 0,05).

Ergebnisse

Patientencharakteristika:

Insgesamt wurden 447 Patienten randomisiert von denen 225 Patienten eine Vollnarkose erhielten und 222 Patienten eine örtliche Betäubung. Das mittlere Alter der Patienten betrug 81,6 ± 5,5 Jahre und es traten keine Unterschiede in den Charakteristika zwischen den beiden Gruppen auf.

Bei 13 Patienten (5,9%) musste während des Eingriffes von örtlicher Betäubung auf eine Vollnarkose gewechselt werden. Diese Patienten hatten eine deutlich höhere Mortalitätsrate als Patienten mit örtlicher Betäubung (31% vs. 1,5%).

Klinische Ergebnisse

Innerhalb der ersten 30 Tage nach einer TAVI konnten keine signifikanten Unterschiede im Auftreten des primären Endpunktes gefunden werden. So hatten 27,2% mit örtlicher Betäubung und 26,4% der Patienten unter Vollnarkose ein Ereignis des kombinierten primären Endpunktes (Differenz: 0,8%; 90%-Konfidenzintervall (KI): -6,2% bis 7,8%; pÄquivalenz=0,02).

Vergleicht man das Auftreten der einzelnen Ereignisse konnten ebenfalls keine Unterschiede zwischen den beiden Narkosemöglichkeiten nachgewiesen werden (örtliche Betäubung vs. Vollnarkose):

  • Gesamtmortalität: 3,2% vs. 2,3% (Differenz: 0,9%; 90%-KI: -2,9% bis 4,8%; pÄquivalenz=0,02)
  • Schlaganfall: 2,4% vs. 2,8% (Differenz: -0,4%; 90%-KI: -3,8% bis 3,8%; pÄquivalenz<0,001)
  • Myokardinfarkt: 0,5% vs. 0,0% (Differenz: 0,5%; 90%-KI: -3,0% bis 3,9%; pÄquivalenz<0,001)
  • Infektion mit notwendiger Antibiotika-Behandlung: 21,1% vs. 22,0% (Differenz: -0,9%; 90%-KI: -7,5% bis 5,7%; pÄquivalenz=0,011)
  • akutes Nierenversagen: 9,0% vs. 9,2% (Differenz: -0,2%; 90%-KI: -5,2% bis 4,8%; pÄquivalenz=0,0005)

Bei der örtlichen Betäubung mussten hingegen weniger inotrope und vasopressorische Substanzen (62,8%) eingesetzt werden als bei der Vollnarkose (97,3%) (Differenz: -34,4%; 90%-KI: -41,0% bis -17,8%).

Fazit

Die Daten der ersten randomisierten Studie zum Vergleich der Narkoseoptionen während der TAVI bei Patienten mit einer schwerwiegenden symptomatischen Aortenstenose zeigen, dass eine örtliche Betäubung genauso sicher ist wie die Vollnarkose. Sie bestätigen die bislang gewonnen Erkenntnisse aus den vorhandenen Registerstudien.

Autor:
Stand:
01.12.2020
Quelle:

Thiele H. et al (2020): General Versus Local Anesthesia With Conscious Sedation in Transcatheter Aortic Valve Implantation The Randomized SOLVE-TAVI Trial. Circulation, DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.120.046451

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