
Hintergrund
Selbst unter einer optimalen akuten Therapie, inklusive Antikoagulation und Therapie von kardiovaskulären Begleiterkrankungen, können bei Vorhofflimmern (VHF) schwere kardiovaskuläre Komplikationen auftreten. Die klinischen Ereignisse können sich zwischen paroxysmalem VHF und persistentem VHF unterscheiden. So weiß man, dass paroxysmales VHF häufiger mit einem Herzinfarkt einhergeht, während beim persistenten VHF das Schlaganfallrisiko erhöht ist. Ein direkter Therapievergleich zwischen den beiden Formen des VHF wurde nur selten durchgeführt, aber man geht davon aus, dass rhythmuskontrollierende Therapien bei paroxysmalem VHF wirksamer sein können als bei persistentem VHF. Diese Annahme basiert auf indirekten Vergleichen der Wirkung von Antiarrhythmika oder durchgeführten Ablationen.
Zielsetzung
Die Studie untersucht die Auswirkungen einer frühen Rhythmuskontrolle bei erstdiagnostiziertem VHF und vergleicht diese mit denen bei paroxysmalem und persistierendem VHF.
Methodik
Bei dieser Studie handelt es sich um eine präspezifizierte Sekundäranalyse der EAST-AFNET 4-Studie (Early treatment of atrial fibrillation for stroke prevention). Sie vergleicht die Zusammenhänge zwischen VHF und den primären Endpunkten über einen mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 5,1 Jahren. Primäre Endpunkte der EAST-AFNET 4-Studie waren kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall und Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Herzinsuffizienz und eines akuten Koronarsyndroms. Der zweite primäre Endpunkt war definiert als die Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Nächte pro Jahr. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde mittels EQ-5D ermittelt. Für die Analyse wurden die eingeschlossenen Patienten in drei Gruppen eingeteilt. Die Gruppe mit first-diagnosed atrial fibrillation (FDAF): Patienten mit erstmalig diagnostiziertem VHF, die sieben Tage nach der ersten klinischen Diagnose eingeschlossen wurden (n=1.048). Die Gruppe paroxysmales (parox) VHF: Patienten mit paroxysmalem VHF mit einer Dauer <12 Monate (n=994) und die Gruppe persistierendes (pers) VHF: Patienten mit persistierendem VHF mit einer Dauer <12 Monate (n=743).
Ergebnisse
Patienten mit FDAF waren etwas älter (71 Jahre, 48% weiblich) als Patienten mit paroxVHF (70 Jahren, 50% weiblich) bzw. persVHF (70 Jahren, 38% weiblich). Keine Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen gab es in Bezug auf CHA2DS2VASc-Score, Einsatz von Antikoagulantien und Therapie von kardiovaskulären Begleiterkrankungen. In der Primäranalyse der EAST-AFNET 4-Studie sank das Risiko für den primären Endpunkt unter einer frühen Rhythmuskontrolle im Vergleich zur Frequenzkontrolle signifikant um 21%.
Eine frühe Rhythmuskontrolle führte in allen drei Gruppen unabhängig von der Art des VHF zu einem reduzierten primären Endpunkt. Die Zahl der Krankenhauseinweisungen aufgrund eines akuten Koronarsyndroms war aber bei FDAF am höchsten (Inzidenzratenverhältnis (IRR): 1,50; 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,83-2,69; p=0,032) im Vergleich zu paroxVHF (IRR: 0,64, 95%-KI: 0,32 bis 1,25) und persVHF (IRR: 0,50; 95%-KI: 0,25 bis 1,00). Weiterhin verbrachten diese Patienten mehr Nächte im Krankenhaus (IRR: 1,38; 95%-KI: 1,12 bis 1,70; p=0,004) als Patienten mit paroxVHF (IRR: 0,84; 95%-KI: 0,67 bis 1,03) oder persVHF (IRR: 1,02; 95%-KI: 0,80 bis 1,30).
Hingegen verbesserte sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität EQ-5D unter einer frühen Rhythmuskontrolle bei paroxVHF und persVHF, aber nicht bei FDAF-Patienten (p=0,019).
Keine Unterschiede zwischen den Gruppen zeigte sich in Bezug auf das Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses als Teil des primären Endpunktes, wie kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall und Krankenhausaufenthalt aufgrund Herzinsuffizienz.
Fazit
Unabhängig davon, ob Vorhofflimmern erstmalig diagnostiziert wurde oder paroxysmal oder persistierend vorliegt, reduziert eine frühe Rhythmuskontrolle kardiovaskuläre Komplikationen wie den kardiovaskulären Tod, Schlaganfall und Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Herzinsuffizienz. Für FDAF-Patienten kommt es jedoch bei einer frühen Rhythmuskontrolle häufiger zu Krankenhausaufenthalten aufgrund eines akuten Koronarsyndroms und die Aufenthalte dauerten meist länger an. Somit könnte FDAF als einfacher Biomarker verwendet werden, der dabei hilft, Patienten mit einem höheren Risiko für das akute Koronarsyndrom und andere Erkrankungen zu identifizieren.