
Mit einem trojanischen Pferd verglich Prof. Dr. Martin J. van den Bent, Neuroonkologe an der Erasmus-Universität in Rotterdam, das Anti-Körper-Wirkstoffkonjugat Depatux-M, das einen Antikörper besitzt, der nur an der aktivierten oder verlängerten Form von EGFR bindet, was in normalen Geweben wenig oder gar nicht der Fall ist. Nach dieser Bindung entlässt das Konjugat das mit dem Antikörper verbundene Spindelgift Monomethylauristatin F (MMAF) als zytotoxische Substanz in die entsprechende Zelle.
Erste Hinweise auf Verzögerung der Progression
In einer Phase-I-Studie erreichten Patienten mit einem neu diagnostizierten Glioblastom und EGFR-Amplifikation bei Monotherapie mit unterschiedlichen Dosierungen von Depatux-M eine auf sechs Monate bezogene Rate des progressionsfreien Überlebens (PFS) von 28,3% und in Kombination mit Temozolomid (TMZ) von 23,5% - ein Wert, der klar über den 20% liegen, die meist als Schwelle für die Weiterentwicklung einer Therapie angesetzt wird, wie Prof. van den Bent betonte. Allerdings ging dieser vielversprechende Erfolg bei 25 bis 30% der Patienten mit einer Grad-3- und -4-Toxizität an den Augen einher. Dies war nach Dosisreduktion oder Therapieunterbrechung meist reversibel, hatte aber bei 10 bis 15% der Patienten einen Therapieabbruch zur Folge. Der Mechanismus ist bislang unklar, möglicherweise kommt es zu einer Akkumulation in den Cornea-Zellen. Die Dosis zur weiteren Entwicklung des Antikörper-Wirkstoffkonjugats wurde deshalb moderat gewählt mit 1,0 mg/kg i.v. alle zwei Wochen.
Phase-2-Studie zeigt Überlebensvorteil für Kombination mit TMZ
Erste Ergebnisse der Phase-2-Studie INTELLANCE2 zeigen einen PFS-Vorteil der Kombination von Depatux-M mit TMZ bei rezidiviertem EGFR-amplifiziertem Glioblastom. Die 12-Monats-PFS-Rate lag bei 39,7% mit Depatux-M plus TMZ versus 28,2% bei TMZ oder Lomustin in Monotherapie (Hazard Ratio [HR] 0,68; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,48-0,95; p=0,024). Die Monotherapie mit Depatux-M war einer anderen Monotherapie hier nicht überlegen.
Auch ein Vorteil im Gesamtüberleben (OS) konnte für die Kombination belegt werden, allerdings nur bei den Patienten, bei denen mindestens 16 Wochen seit der letzten TMZ-Therapie vergangen waren. Das mediane OS lag bei 15,2 Monaten mit Depatux-M plus TMZ um fast sechs Monate höher als im Vergleichsarm mit 9,5 Monaten (HR 0,46; 95% KI 0,24-0,87). Entgegen den Erwartungen fand sich laut Prof. van den Bent keine Assoziation des Therapieerfolgs mit dem MGMT-Promotor-Methylierungsstatus.
Die Ergebnisse der Phase 2/3 Studie INTELLANCE1 bei Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom und EGFR-Amplifikationen werden nun mit Spannung erwartet. Die Studie vergleicht das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat kombiniert mit Strahlentherapie und TMZ und mit Bestrahlung und TMZ alleine.