
Anhand von Informationen aus der CheckMate-141- und der KEYNOTE-040-Studie zu Wirksamkeit und Verträglichkeit von Nivolumab bzw. Pembrolizumab stellte Prof. Sandrine Faivre vom Bichat-Beaujon University Hospitals, Paris, Frankreich, auf dem ESMO 2018 Kongress in München vor, wie die Antwort auf die Immuntherapie evaluiert wurde und welche Relevanz sich aus dem Ergebnis für die Wahl von Studienendpunkten ableiten lässt. Das Tumorverhalten wurde standardmäßig anhand der RECIST bewertet. Unter Berücksichtigung der besonderen Vulnerabilität der Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren sollten nach Meinung der Expertin auch Therapiesicherheit und Lebensqualität bei den Endpunkten eine Rolle spielen. Das progressionsfreie Überleben hat sich nicht als verlässlicher Endpunkt in der ITT-Population gezeigt. Als geeignetster Endpunkt sowohl für Mono- als auch für Kombinationstherapien erwies sich das Gesamtüberleben, da hier Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie berücksichtigt werden [1].
Verschiedene Strategien der Immuntherapie sind erforderlich, um die Ansprechraten bei Kopf-Hals-Tumoren zu erhöhen
Plattenepithelkarzinome des Kopf-Hals-Bereichs (head and neck squamous cell carcinoma, HNSCC) sind durch eine schlechte Prognose und hohe Sterblichkeitsrate gekennzeichnet. Niedrige Überlebensraten in Kombination mit signifikanten Toxizitäten der derzeitigen Behandlungsstrategien unterstreichen die Notwendigkeit für neuartige Therapieoptionen. Da bei der Initiierung und Progression von HNSCC-Tumoren die Immunevasion eine Schlüsselrolle spielt, nahm man an, dass die Immuntherapie beim HNSCC erfolgreich sein könnte.
T-Zell-Checkpoint-Inhibitoren, die auf das programmierter Zelltod-Protein-1 (programmed cell death protein-1, PD-1) abzielen haben sich inzwischen als neuartige Immuntherapie mit bemerkenswerter Wirksamkeit bei HNSCC erwiesen. Allerdings profitiert nur eine Minderheit von Patienten von einer Monotherapie, so dass eine Reihe an Kombinationen mit Immuntherapien untersucht werden, um die Zielgruppe an Patienten zu erweitern [2].
Verfügbarkeit neuer Therapeutika in der Klinik
In Deutschland sind neben dem objektiven Ansprechen auf eine Therapie weitere Endpunkte, die in den klinischen Studien gewählt werden, entscheidend dafür, wie letztendlich der Nutzen eines neuen Therapeutikums eingestuft und ob der Marktzugang möglich wird. Für viele Krebspatienten liegt der Nutzen einer Behandlung nicht nur in einer längeren Lebenszeit, sondern auch in einem längeren krankheits- oder progressionsfreien Überleben bei guter Lebensqualität [3].
Studien an Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren
In der derzeitigen Praxis wird das Tumorverhalten anhand der Response evaluation criteria in solid tumors (RECIST) beurteilt. Die Regeln sollen die Bewertung der Behandlungserfolge von Krebserkrankungen in medizinischen Forschungsstudien objektivieren und definieren exakt, wann eine Krebserkrankung unter Therapie zurückgeht („anspricht“), unverändert (stabil) bleibt oder fortschreitet (Progression). Die Kriterien sind explizit nicht dazu vorgesehen zu bestimmen, ob sich der Zustand eines Patienten verbessert hat oder nicht.
Viele Onkologen überprüfen in ihrer täglichen klinischen Praxis die maligne Erkrankung ihrer Patienten durch wiederholte bildgebende Untersuchungen und treffen Entscheidungen über die Fortsetzung der Therapie auf der Grundlage von objektiven und zusätzlich symptomatischen Kriterien.
In Studien mit Immuntherapeutika erfolgt üblicherweise ein Imaging zu Beginn der Behandlung, dann Kontrollen nach jeweils zwei bis drei Monaten. Bei einer Verschlechterung des klinischen Zustands erfolgt ein Imaging schon nach ein bis zwei Monaten, gegebenenfalls folgt eine Entscheidung für eine Therapieumstellung, erläuterte Faivre. In ihrem Vortrag stellte sie vergleichend einzelne Ergebnisse für die untersuchten objektiven Antwortraten und Endpunkt der CheckMate-141- und der KEYNOTE-040-Studie für Patienten mit rezidiviertem oder metastasiertem HNSCC im Nivolumab- bzw. Pembrolizumab-Arm vor.
Bestimmung der Antwortraten
In beiden Studien lag die Gesamtantwortrate zwischen 13 und 15%.
Die objektive Ansprechrate (objective response rate, ORR) lag in der CheckMate-Studie für Patienten mit PD-L1-Expression vergleichbar hoch wie für Patienten ohne PD-L1-Expression (17,7% vs 11,8%). In der KEYNOTE-Studie wich die ORR für Patienten mit einem kombinierten positiven Score (combined positive score, CPS) ≥1 deutlich von der ORR bei Patienten mit einem Tumor proportion score (TPS) ≥50% ab (17,3% vs 26,6%).
Der Tumor proportion score (TPS) als Maß für die PD-L1-Expression berücksichtigt nur Tumorzellen während mit dem kombinierten positiven Score (CPS) sowohl Tumor- als auch Entzündungszellen erfasst werden. Die Interpretation der Studienergebnisse hängt also stark vom betrachteten Parameter ab.
Bei fortgeschrittenen Erkrankungen korrelierten die Qualität der ORR und ihre Dauer oft gut mit einer Verbesserung der Symptome.
Wahl von Endpunkten
Die Verträglichkeit der Therapie ist ein wichtiger Endpunkt in Studien mit Kopf-Hals-Tumoren und kann Einfluss auf die Lebensqualität haben. Die Immuntherapeutika zeigten in allen Phase-III-Studien eine bessere Therapiesicherheit als der Vergleich und die Lebensqualität verschlechterte sich weniger.
In der ITT-Population der KEYNOTE-Studie war das progressionsfreie Überleben (progression free survival, PFS) in beiden Therapiearmen (Immuntherapie vs Standard of care) gleich und scheint kein geeigneter Surrogat-Endpunkt für OS zu sein. Das PFS könnte jedoch als Endpunkt in speziellen Subgruppen, z. B. mit PD-L1 TPS ≥50%, interessant sein.
Der Anteil an Patienten mit stabiler Erkrankung oder in Remission war in der Gruppe mit PD-L1 TPS≥50% deutlich größer als in der ITT-Population. Der Therapieerfolg hängt also von der Betrachtung der Subgruppe ab.