Sonnenstich

Ein Sonnenstich wird durch langanhaltende Sonnenbestrahlung des ungeschützten Kopfes verursacht. Komplikationen sind Hirndruckanstieg, Bewusstlosigkeit, epileptische Krämpfe und Kreislaufinstabilität.

Definition

Sonnenstich

Der Sonnenstich (ICD-10 T67.0) ist eine Sonderform der exogenen Hyperthermie und gehört zu den Hitzeerkrankungen. Ursache ist die direkte Einwirkung von Sonnenstrahlen auf den ungeschützten Kopf. Das Phänomen ist häufig bei Massenveranstaltungen im Freien ohne Beschattung sowie bei militärischen Paraden oder Exerzierübungen zu beobachten. Eine langanhaltende intensive Sonnenexposition des ungeschützten Kopfes bewirkt einen Hitzestau im Schädelinneren und eine massive Vasodilatation der Kopf- und Hirngefäße. Dies geht mit einer leichten bis mäßiggradigen Hirndrucksymptomatik einher. Ferner können Schädeldecke und Hirnhäute hitzebedingt gereizt werden, was in einer akuten abakteriellen thermischen Meningitis resultiert. Typische Symptome sind ein hochroter heißer Kopf sowie Unruhe, Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Bewusstseinsstörungen und Nackensteifigkeit. Die Körpertemperatur ist in der Regel normal bis maximal leicht erhöht. Betroffene sollten sich sofort aus der Sonne in eine schattige, kühle Umgebung begeben und dort mit erhöhtem Oberkörper und gekühltem Kopf/Nacken ausruhen. Bessern sich die Beschwerden, ist eine stationäre Überwachung nicht zwingend erforderlich. Bei schwerer meningealer Reizung, Bewusstlosigkeit, epileptischen Anfällen und Kreislaufinstabilität muss eine umgehende rettungsdienstliche/notärztliche Versorgung inklusive Klinikzuweisung erfolgen.

Cave: Ein Sonnenstich kann mit einer Hitzeerschöpfung oder einem potenziell lebensbedrohlichen Hitzschlag assoziiert sein. Zum Ausschluss sollte die Körpertemperatur wiederholt gemessen werden [1, 2].

Epidemiologie

Der Sonnenstich gehört zu den Hitzeerkrankungen bzw. Hitzeschäden. Diese werden aufgrund der weltweit zunehmenden Hitzewellen immer häufiger beobachtet. Genaue epidemiologische Daten zum Sonnenstich gibt es nicht.

Besonders anfällig, einen Sonnenstich zu entwickeln, sind Säuglinge, Kinder und ältere Personen sowie Menschen mit wenig Kopfhaar oder Glatze. Das Risiko einer thermischen Meningitis ist bei Kleinkindern größer als bei Erwachsenen, da die Wärmestrahlung durch die dünnere Schädeldecke leichter zum Gehirn gelangt.

Der Sonnenstich tritt häufig bei Massenveranstaltungen wie Sportereignissen oder Konzerten im Freien ohne Beschattung sowie im militärischen Bereich, etwa bei Paraden oder Exerzierübungen, auf [3–5].

Ursachen

Der Sonnenstich ist ein auf den Kopf begrenzter, durch Einwirkung langwelliger Wärmestrahlung ausgelöster Hitzeschaden. Ursache ist eine länger andauernde direkte und intensive Sonneneinstrahlung auf den ungeschützten Kopf, Hals oder Nacken [1, 2, 5].

Pathogenese

Bei direkter Sonnenexposition des ungeschützten Kopfes über einen längeren Zeitraum gelangen die langwelligen Infrarotstrahlen bis ins Schädelinnere. Der Hitzestau löst eine massive Vasodilatation der Kopf- und Hirngefäße aus, was ein Hirnödem und eine Steigerung des intrakraniellen Drucks zur Folge haben kann. Die thermische Reizung von Hirngewebe und Hirnhäuten induziert eine Entzündungsreaktion, die sich als akute abakterielle Meningitis äußert. Meningeale Reizerscheinungen sind bereits bei einer Erwärmung des Hirngewebes um 1–2 °C zu beobachten [1, 2].

Symptome

Auffälligstes Symptom beim Sonnenstich ist ein hochroter, heißer Kopf. Im Gegensatz zum Hitzschlag ist die Körpertemperatur normal bis allenfalls leicht erhöht. Die Betroffenen sind oft unruhig und erschöpft. Typisch sind mittelstarke bis starke Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit und Brechreiz. Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit, Nackensteifigkeit, epileptische Krämpfe und Kreislaufinstabilität weisen auf eine ausgeprägte thermische Störung hin.

Cave: Ein Sonnenstich tritt häufig erst mit mehrstündiger Verzögerung auf, wenn der Betroffene schon nicht mehr der Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist [1, 2].

Hitzeerschöpfung und Hitzschlag

Ein Sonnenstich kann mit einer Hitzeerschöpfung und einem Hitzschlag kombiniert sein. In diesen Fällen überlagern sich die Beschwerden mitunter.

Eine Hitzeerschöpfung ist durch folgende Symptome gekennzeichnet:

  • Schwäche, Erschöpfung
  • Kopfschmerzen
  • Durst
  • Schwindel
  • Unwohlsein
  • Verwirrtheit
  • Schockzeichen
  • Muskelschwäche
  • Krämpfe der beanspruchten Muskulatur

Ein Hitzschlag stellt eine Notfallsituation dar, die durch Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle und Schock gekennzeichnet ist. Die Haut des Patienten ist heiß und trocken, die Körpertemperatur beträgt mehr als 40,5 °C [2, 5].

Diagnostik

Die Diagnose Sonnenstich ergibt sich aus der Anamnese und Klinik. Der Patient sollte auf meningeale Anzeichen überprüft und der Blutzuckerspiegel gemessen werden.

Abhängig von der individuellen Situation sind ein kontinuierliches Monitoring von Puls, Blutdruck, Temperatur, Atmung, Sauerstoffsättigung und Bewusstsein sowie regelmäßige neurologische Status-Checks indiziert. Zur Prüfung der Körperkerntemperatur sind sublinguale oder besser noch rektale Messmethoden geeignet. Die Verwendung von Stirnsensoren oder Infrarotmessungen ist nicht zu empfehlen. Eine kraniale Bildgebung kann erwogen werden [2, 6].

Therapie

Treten die Beschwerden während der Sonnenexposition auf, müssen die Betroffenen unverzüglich an einen schattigen, kühlen, gut belüfteten Ort gebracht werden, an dem sie sich in Oberkörperhochlagerung ausruhen. Kopf und Nacken werden mit feuchten Tüchern oder durchfeuchteten Kompressen gekühlt. Zur Durchfeuchtung kann kaltes Wasser oder kalte Kochsalzlösung benutzt werden. Das Auflegen von Coolpacks auf den Nacken (eingewickelt, nicht direkt auf die Haut) ist ebenfalls möglich. Der wesentliche Kühleffekt beim Sonnenstich erfolgt evaporativ über die Verdunstungskälte – aufgrund der kaum vorhandenen Isolationsschicht im Schädelbereich aber auch über Konduktion und Konvektion.

Bewusstseinsklare Patienten mit nur leichter Symptomatik sollen und dürfen klare, alkoholfreie Flüssigkeiten zu sich nehmen.

Bessern sich die Beschwerden infolge der Erstmaßnahmen deutlich, kann von einer stationären Überwachung abgesehen werden. Schwere Symptome, zum Beispiel ausgeprägte Anzeichen einer meningealen Reizung bzw. hochgradiger Meningismus, zunehmende Verwirrung mit Bewusstseinseintrübung, zentrale Krampfereignisse und/oder eine Atemdepression erfordern eine schnellstmögliche rettungsdienstliche/ notärztliche Versorgung. Diese umfasst neben den bereits beschriebenen Interventionen die:

  • Anlage eines venösen Zugangs
  • Gabe von kristalloiden Infusionslösungen in Form von Vollelektrolytlösungen
  • Bereitschaft zur medikamentösen Unterbrechung eines zentralen Krampfgeschehens
  • Notfallnarkose und Schutzintubation nach Vorgaben der aktuellen Leitlinien bei deutlicher Eintrübung und dem Verlust von Schutzreflexen
  • Krankenhauseinweisung und stationäre Überwachung, ggf. sogar eine intensivmedizinische Betreuung [2].

Prognose

Ein Sonnenstich heilt in der Regel folgenlos aus. Je länger und stärker die Hyperthermie anhält und je mehr Hitzeschäden akkumulieren, umso ungünstiger ist die Prognose. Bei ausgeprägtem Hitzschlag liegt die Letalität trotz Therapie bei über 30 Prozent [6].

Prophylaxe

Ein Sonnenstich kann verhindert werden, indem an sonnenintensiven Tagen eine Kopfbedeckung getragen und eine lang andauernde Sonnenlichtexposition vermieden wird. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und das Tragen von luftig, lockerer Kleidung ist obligat. Ferner gilt es, Hitzestress in Form von körperlichen Belastungssituationen (Freizeitaktivitäten, sportliche und berufliche Betätigungen) rechtzeitig zu beenden [2, 5, 6].

Autor:
Stand:
10.05.2022
Quelle:
  1. Herold, J. (2019): Sonnenstich und Hitzeschock. Internist 2019 Jul; 60:1007–8; DOI: 10.1007/s00108-019-0648-x.
  2. Muth, C. M. (2020): Hitzeerkrankungen. Notfall Rettungsmed 2020 May; 23:299–312; DOI: 10.1007/s10049-020-00716-5.
  3. Bouchama, A. (2004): The 2003 European heat wave. Intensive Care Med 2004 Jan; 30:1–3; DOI: 10.1007/s00134-003-2062-y.
  4. Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): Wirkung von Infrarot-Strahlung. Stand 26. August 2021; abgerufen am 20. November 2021.
  5. Leyk, D. et al. (2019): Gesundheitsgefahren und Interventionen bei anstrengungsbedingter Überhitzung. Dtsch Arztebl Int 2019 Jun; 116:537–44; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0537.
  6. Füeßl, H. S. (2016): Hitzekrankheit. MMW – Fortschritte der Medizin 2016 Jun; 158:55; DOI: 10.1007/s15006-016-8448-x.
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