Zikavirus-Infektion

Das Zikavirus tritt primär in den (Sub-)Tropen auf und wird v. a. durch Stechmücken der Gattung Aedes übertragen. Meist ist der Verlauf mild, es kann aber zu Komplikationen wie dem Guillain-Barré-Syndrom oder Mikrozephalie kommen. Eine Impfung existiert nicht und die Therapie ist supportiv.

Zikavirus-Infektion

Definition

Das Zikavirus gehört zur Gattung Flavivirus, besitzt lineare (+)ssRNA, ist behüllt und ist eng mit anderen Flaviviren wie dem Gelbfiebervirus, Denguevirus, West-Nil-Virus und FSME-Virus verwandt [1,2]. Die Virusstämme werden in eine afrikanische und asiatische Gruppe eingeteilt, manche Autoren fügen diesen auch eine amerikanische Gruppe hinzu. Das Virus wird primär durch Mücken der Gattung Aedes übertragen [3].

Bei einer Infektion mit diesem Arbovirus kommt es häufig nur zu einer leichten Krankheit mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen. Jedoch sind auch schwere Komplikationen wie Mikrozephalie bei intrauteriner Infektion oder das Guillain-Barré-Syndrom möglich [4]. Insbesondere Schwangere sollten Gebiete mit hohem Übertragungsgeschehen meiden oder Maßnahmen zum Schutz vor Mückenstichen ergreifen. Eine Impfung ist nicht verfügbar.

Epidemiologie

Im Jahr 1952 wurde in Afrika das Zikavirus erstmalig im Menschen nachgewiesen [5]. Nachfolgend breitete sich das Virus in Afrika und Südostasien aus, sorgte dort aber nur für wenige sporadische Infektionen bis 2007. Seitdem gab es größere Ausbrüche in Mikronesien und Französisch-Polynesien. Bei dem bisher größten Ausbruch in 2015–2016 infizierten sich schätzungsweise allein 310.000 bis 1.670.000 Menschen in Brasilien mit dem Zikavirus [6].

In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis des Zikavirus bei Hinweis auf eine akute Infektion namentlich meldepflichtig gemäß § 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). In den ersten 39 Wochen des Jahres 2022 registrierte das Robert-Koch-Institut fünf Fälle von Zikavirus-Erkrankungen [7].

Die wichtigsten Vektoren des Zikavirus, Aedes aegypti und Aedes albopictus, sind in den Tropen und Subtropen weit verbreitet. In Europa konnte sich Aedes albopictus entlang der Mittelmeer- und Schwarzmeerküste, aber auch nördlicher, z. B. in Thüringen, etablieren (Stand März 2022). Aedes aegypti konnte sich in Europa nur in Teilen der Ostküste des Schwarzen Meeres etablieren (Stand März 2022) [8]. Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Verbreitung dieser Vektoren [9].

Zikavirus-Infektion Karte

Ursachen

Am häufigsten finden Infektionen über Stiche von Mücken der Gattung Aedes statt, die zuvor ein bereits virämisches Wirbeltier gestochen haben. Dies kann in einem enzootischen Zyklus oder urbanen bzw. epidemischen Zyklus geschehen [3]. Weiterhin kann das Virus sexuell und wahrscheinlich auch bei Bluttransfusion übertragen werden [11,12]. Diaplazentare oder perinatale Übertragungen auf das Kind sind mit schwerwiegenden Komplikationen assoziiert [13,14].

Pathogenese

Fünf bis zehn Tage nach Aufnahme des Zikavirus in die Mücke kann das Virus in deren Speichel nachgewiesen werden [15,16]. Beim Stich eines Menschen kann das Virus Keratinozyten, Fibroblasten und dendritische Zellen der Haut infizieren [17]. Wahrscheinlich folgt darauf die Verbreitung in die Lymphknoten und den Blutstrom.

Die Inkubationszeit der Zikavirus-Infektion beträgt 3–14 Tage [18].

Eine schwangerschaftsassoziierte Infektion mit dem Zikavirus kann zu Mikrozephalie des Babys führen, möglicherweise da das Virusprotein NS4A über Interaktion mit ANKLE2 das Gehirnwachstum stören kann [19].

Zikavirus-Infektion

Symptome

Zikavirus-Krankheit

Circa 80% der Zikavirus-Infektionen sind asymptomatisch oder zeigen einen milden Verlauf über bis zu sieben Tage, der dem Dengue-Fieber ähnelt. Zu den unspezifischen Symptomen können Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gelenkschmerzen, retroorbitale Schmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Konjunktivitis und makulopapulöses Exanthem gehören. Es sind nur vereinzelt Todesfälle infolge der initialen Infektion bekannt. Als schwerwiegende neurologische Komplikationen sind z. B. das Guillain-Barré-Syndrom, (Meningo-)Enzephalitis und Myelitis möglich [4].

Angeborene Zika-Viruskrankheit

Bei diaplazentarer Infektion des Fötus kann es zu Mikrozephalie und anderen schweren neurologischen Störungen kommen [13,20]. Weitere ophthalmologische und unspezifische Entwicklungsstörungen des Neugeborenen sind ebenfalls möglich [4].

Diagnostik

Eine zügige, sensitive und spezifische Diagnose einer Zikavirus-Infektion ist mit Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) möglich. Bei diesem Test werden häufig Primer genutzt, die für die Gene NS5 oder E des Zikavirus spezifisch sind. Als Proben können dafür z. B. Blutserum, Urin oder Samenflüssigkeit genutzt werden. Serumproben sollten in der frühen Phase der Erkrankung genommen werden, da die Virämie häufig ≤5 Tage dauert. Urin und Samenflüssigkeit können eine höhere Viruskonzentration als Serum aufweisen und für mehrere Wochen bis einige Monate positiv sein [4,21,22].

Die erfolgreiche Anzucht von Zikavirus in Zellkultur ist abhängig von dem Zeitpunkt der Probengewinnung und der Viruskonzentration in den Proben. Ein positives Serum-IgM oder die vierfache Erhöhung des Titers von neutralisierenden Antikörpern in gepaarten Serumproben im zeitlichen Abstand von ca. zwei Wochen kann ebenfalls der Diagnose einer Zikavirus-Infektion dienen.

Bei den serologischen Untersuchungen, vor allem der Analyse von IgM, kann es aufgrund von Kreuzreaktivität mit anderen Flaviviren wie dem Dengue-Virus zu falsch positiven Ergebnissen für die Diagnose einer Zikavirus-Infektion kommen [4].

Bei Verdacht auf eine intrauterine Zikavirus-Infektion kann die virologische oder histopathologische Untersuchung von Amnionflüssigkeit, Plazenta- oder Nabelschnurgewebe die Diagnose stützen [4].

Therapie

Die Therapie einer unkomplizierten Zikavirus-Infektion erfolgt supportiv. In Fällen, in denen Infektionen mit dem Dengue-Virus oder Chikungunya-Virus nicht ausgeschlossen werden können, sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) kontraindiziert, um hämorrhagische Komplikationen zu vermeiden.

Mögliche schwere Komplikationen sollten zügig diagnostiziert werden, um z. B. beim Guillain-Barré-Syndrom die frühe Gabe von Immunglobulinen oder eine Plasmapherese zu ermöglichen.

Schwangeren Frauen mit möglicher Zikavirus-Infektion sollten virologische Untersuchungen und ein Ultraschall des Fötus angeboten werden, um eine Zikavirus-Infektion und deren mögliche Komplikationen wie Mikrozephalie auszuschließen [4].

Prognose

Die meisten Zikavirus-Infektionen verlaufen mild oder asymptomatisch. Selten ist eine Hospitalisierung notwendig. Todesfälle infolge der initialen Infektion sind nur vereinzelt bekannt. Jedoch können schwere Komplikationen wie Mikrozephalie bei intrauteriner Infektion oder das Guillain-Barré-Syndrom die Entwicklung des Kindes bzw. die Lebenserwartung beeinträchtigen.

Prophylaxe

Vektorenkontrolle und persönliche Prävention spielen eine wichtige Rolle bei der Vermeidung von Zikavirus-Infektionen. Übertragungen durch Mückenstiche können durch das Tragen langer Kleidung, das Nutzen von Repellentien und Moskitonetzen vermieden werden. Indem man den Austausch von Körperflüssigkeiten vermeidet, z. B. durch den Gebrauch von Kondomen, kann man das Risiko für sexuelle Übertragungen senken.

Eine Impfung für das Zikavirus ist nicht verfügbar.

Hinweise

Meldepflicht

In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis des Zikavirus bei Hinweis auf eine akute Infektion namentlich meldepflichtig gemäß § 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Meldepflichtig sind nach § 8 IfSG die Leiter von Medizinaluntersuchungsämtern und sonstigen privaten oder öffentlichen Untersuchungsstellen einschließlich von Arztpraxen mit Infektionserregerdiagnostik und Krankenhauslaboratorien sowie Zahnärzte und Tierärzte, wenn sie aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 24 Satz 3 Nummer 2 befugt sind, im Rahmen einer Labordiagnostik den direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers zu führen und die Leiter von Einrichtungen der pathologisch-anatomischen Diagnostik.

Autor:
Stand:
11.10.2022
Quelle:
  1. Chambers et al. (1990): Flavivirus genome organization, expression, and replication. Annual Review of Microbiology, DOI: 10.1146/annurev.mi.44.100190.003245
  2. Kuno, Chang (2007): Full-length sequencing and genomic characterization of Bagaza, Kedougou, and Zika viruses. Archives of Virology, DOI: 10.1007/s00705-006-0903-z
  3. Gutiérrez-Bugallo et al. (2019): Vector-borne transmission and evolution of Zika virus. Nature Ecology & Evolution, DOI: 10.1038/s41559-019-0836-z
  4. Chan et al. (2016): Zika fever and congenital Zika syndrome: An unexpected emerging arboviral disease. Journal of Infection, DOI: 10.1016/j.jinf.2016.02.011
  5. Dick (1952): Zika virus (II). Pathogenicity and physical properties. Transactions of The Royal Society of Tropical Medicine and Hygiene, DOI: 10.1016/0035-9203(52)90043-6
  6. De Oliveira et al. (2017): Infection-related microcephaly after the 2015 and 2016 Zika virus outbreaks in Brazil: a surveillance-based analysis. The Lancet, DOI: 10.1016/S0140-6736(17)31368-5
  7. Robert-Koch-Institut (2022): Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten. Epidemiologisches Bulletin 2022, Ausgabe 40.
  8. European Centre for Disease Prevention and Control and European Food Safety Authority (2022): Mosquito maps [internet].
  9. Carlson, Dougherty, Getz (2016): An ecological assessment of the pandemic threat of Zika virus. PLoS Neglected Tropical Diseases, DOI: 10.1371/journal.pntd.0004968
  10. Foy et al. (2011): Probable non-vector-borne transmission of Zika virus. Emerging Infectious Diseases, DOI: 10.3201/eid1705.101939
  11. Musso et al. (2015): Potential sexual transmission of Zika virus. Emerging Infectious Diseases, DOI: 10.3201/eid2102.141363
  12. Vasquez et al. (2016): Survey of blood collection centers and implementation of guidance for prevention of transfusion-transmitted Zika virus infection — Puerto Rico, 2016. Morbidity and Mortality Weekly Report, DOI: 10.15585%2Fmmwr.mm6514e1
  13. Rasmussen et al. (2016): Zika virus and birth defects — reviewing the evidence for causality. The New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMsr1604338
  14. Besnard et al. (2014): Evidence of perinatal transmission of Zika virus, French Polynesia, December 2013 and February 2014. Eurosurveillance, DOI: 10.2807/1560-7917.ES2014.19.13.20751
  15. Li et al. (2012): Oral susceptibility of Singapore Aedes (Stegomyia) aegypti (Linnaeus) to Zika virus. PLoS Neglected Tropical Diseases, DOI: 10.1371/journal.pntd.0001792
  16. Wong et al. (2013): Aedes (Stegomyia) albopictus (Skuse): A potential vector of Zika virus in Singapore. PLoS Neglected Tropical Diseases, DOI: 10.1371/journal.pntd.0002348
  17. Hamel et al. (2015): Biology of Zika virus infection in human skin cells. Journal of Virology, DOI: 10.1128/JVI.00354-15
  18. Krow-Lucal et al. (2017): Estimated incubation period for Zika virus disease. Emerging Infectious Diseases, DOI: 10.3201/eid2305.161715
  19. Link et al. (2019): Mutations in ANKLE2, a ZIKA virus target, disrupt an asymmetric cell division pathway in Drosophila neuroblasts to cause microcephaly. Developmental Cell, DOI: 10.1016/j.devcel.2019.10.009
  20. Mlakar et al. (2016): Zika virus associated with microcephaly. The New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMoa1600651
  21. Gourinat et al. (2015): Detection of Zika virus in urine. Emerging Infectious Diseases, DOI: 10.3201/eid2101.140894
  22. Atkinson et al. (2016): Detection of Zika virus in semen. Emerging Infectious Diseases, DOI: 10.3201/eid2205.160107

Abbildung Pathogenese

Adapted from „ZIKV Infection Cycle”, by BioRender.com

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