Anosmie: Frühsymptom für COVID-19-Infektion

Die Beeinträchtigung des Riechvermögens – ganz ohne Schnupfen – könnte schon früh den Verdacht auf eine Infektion mit dem SARS-2-Corona-Virus erregen. Nach einer deutschen Kohortenstudie tritt dieses Phänomen besonders bei Personen unter 40 Jahren auf, die ansonsten keine weiteren Krankheitszeichen aufweisen. Bei diesen Patienten sollte ein Coronavirus-Test in Betracht gezogen werden.

Mann haelt sich Nase zu

Plötzlich nicht mehr riechen können – dem ein oder anderen mag dies nicht gleich auffallen oder sogar willkommen sein, schließlich bleibt er von schlechten Gerüchen verschont. Mediziner sollten bei solchen Berichten allerdings hellhörig werden, vor allem wenn der Verlust des Riechvermögens nicht durch andere Ursachen, beispielsweise einer Nasenblockade bei Rhinitis, erklärt werden kann. Es könnte nämlich eine beginnende Infektion mit dem COVID-19 Virus dahinterstecken.

Anosmie bei ambulanten Patienten mit COVID-19-Verdacht

Da sich die anekdotischen Berichte zum Auftreten von Anosmie bei COVID-19-Patieten gemehrt haben, wollten Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden wissen, ob zwischen dem Riechverlust und dem Corona-Virus ein Zusammenhang besteht. Sie untersuchten in einer kontrollierten Querschnitts-Kohortenanalyse die Häufigkeit und die diagnostische Bedeutung der Anosmie bei ambulanten Patienten in Deutschland, die während eines 2-wöchigen Zeitraums für einen Coronavirus-Test vorstellig wurden (1).

Riechstörung bei zwei Drittel der COVID-19-Patienten

In die Studie gingen Daten von 500 Patienten mit einem mittleren Alter von 41,3 Jahren ein. 466 davon waren per RT-PCR negativ und 34 positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Von diesen Patienten mit Virusnachweis klagten 64,7 % (22/34) über eine plötzliche olfaktorische Beeinträchtigung. Der Zeitpunkt des Riechverlustes im Vergleich zu anderen Symptomen:

  • 1–2 Tage vor anderen Symptomen: n = 1.
  • Gleichzeitig: n = 4.
  • 1–7 Tage später: n = 14.
  • Unsicher: n = 3.

Jüngere betroffen

Ebenfalls fiel auf, dass die Patienten mit Anosmie jünger waren als die ohne Verlust des Riechvermögens (p = 0,04). Zudem klagten die Patienten mit positivem COVID-19-Test seltener über Rhinorrhoe und hatten im Mittel eine bessere Nasenatmung als die nicht infizierte Gruppe (p < 0,001). Hingegen waren die Beeinträchtigungen der olfaktorischen Funktion bei Patienten, die SARS-CoV-2-positiv getestet wurden, stärker (p = 0,023). Damit hat der Geruchssinnverlust als Einzelsymptom eine Sensitivität von 65 % und eine Spezifität von 97 %; 63 % positiver prädiktiver Wert, 97 % negativer prädiktiver Wert.

Riechverlust sollte auf die WHO-Symptomliste

Nach Ansicht der Autoren dieser Studie, die noch keinen Peer-Review durchlaufen hat, sollte die Beeinträchtigung des Geruchssinns in die Symptomliste der WHO bei COVID-19-Infektion aufgenommen werden. Zudem sollte bei einer plötzlichen Anosmie ohne verstopfte Nase und bei relativ jungen Patienten ein Test auf SARS-CoV-2 in Betracht gezogen werden.

Riechforschung zu SARS-COV-2

Die Dresdner Wissenschaftler beschäftigen sich schon länger mit der Riechstörungen in Zusammenhang mit COVID-19. Sie sind Teil des Global Consortium for Chemosensory Research (Globales Konsortium für chemo-sensorische Forschung = GCCR) einer Gruppe internationaler Riech- und Schmeckforscher (2). Unter anderem wurde hier zusammen mit dem Weizmann Institute of Science (Tel Aviv, Israel) der SmellTracker entwickelt, der online die Riechwahrnehmung von Probanden erfasst.

Smelltracker: Riechtest für zu Hause

Für diesen praktischen Riech- und Schmecktest werden verschiedene gut verfügbare Lebensmittel (z.B. Zimt, Knoblauch, Essig, Erdnussbutter, Nutella) und Haushaltsstoffe (z.B. Zahnpasta, Shampoo) genutzt. Die Plattform basiert auf einem Algorithmus auf der Basis eines mathematischen Modells, das als “Riechfingerabdruck” zur genauen Charakterisierung des Geruchssinns einer Person fähig ist.

Die Forscher betonen, dass der SmellTracker keine offizielle medizinische Diagnose ersetzt. Dennoch hoffen sie, dass das Tool zumindest dabei hilft, den einzigartigen olfaktorischen Fingerabdruck zu charakterisieren, der zur Früherkennung der neuen Viruserkrankung führen könnte.

Link zum Online-Test „SmellTracker“: https://smelltracker.org/de/node/18874

Autor:
Stand:
10.06.2020
Quelle:
  1. Haehner A et al. (2020): Predictive value of sudden olfactory loss in the diagnosis of COVID-19. medRxiv preprint. doi: 10.1101/2020.04.27.20081356.
  2. Pressemitteilung der TU Dresden“Online-Umfrage zu Riech- und Schmeckstörungen bei COVID-19“; vom 30.4.2020
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