Impfpflicht von internistischen Fachgesellschaften gefordert

Niedrige Impfquoten sorgen in einigen Regionen Deutschlands für nur noch wenige freie Intensivbetten. Das wirkt sich nicht nur auf die Behandlung von COVID-19-Patienten aus – auch die Versorgung von Notfällen ist erheblich erschwert, elektive Behandlungen verzögern sich zum Teil erheblich.

Impfpflicht

Die aktuelle Covid-19-Welle bringt das deutsche Gesundheitssystem mit sehr hohen Inzidenzen an seine Grenzen, sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich. Zentrale Ursache hierfür sind niedrige Impfquoten, so die führenden internistischen Verbände. Daher fordern die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) und sieben weitere Fachgesellschaften die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 für Erwachsene.

Nach Einschätzung der Mediziner sei die Coronapandemie und ihre Auswirkungen nur mit einer stark ansteigenden Impfquote nachhaltig zu kontrollieren.

Omikron verschärft die schwierige Situation

In etlichen Kliniken stehen Intensivbetten nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Das erschwert die Versorgung von Notfällen deutlich; elektive Behandlungen – inklusive Krebstherapien – müssen teilweise um Wochen verschoben werden. Die neue Omikron-Variante wird die Situation vermutlich noch weiter verschärfen. „Alle verfügbaren Daten deuten momentan darauf hin, dass die Omikron-Variante sich rasch ausbreiten und zu einem weiteren Anstieg der SARS-CoV-2-Infektionen führen wird. Diese weitere Welle droht das System endgültig zu überlasten“, warnt Professor Dr. Bernd Salzberger, Vorsitzender der DGI.

Vierte Welle belastet alle Bürgerinnen und Bürger

Die derzeitige Entwicklung der vierten Welle bedeutet erhebliche Belastungen für alle Bürgerinnen und Bürger, sei es durch die hohe Sterblichkeit, Langzeitschäden nach einer Corona-Infektion (sogenanntes Long-COVID) oder pandemiebedingte psychische und soziale Folgen. Diese sind schon jetzt unverhältnismäßig hoch – und werden weiter zunehmen. Überdies sind die sekundären Folgen zu beachten, die sich durch eine schlechtere Versorgung anderer, nicht an COVID-19 erkrankter, Patienten ergeben.

Impflücken müssen geschlossen werden

Anders als im Winter 2020/21 hat sich die Situation verändert. Inzwischen sind Impfungen verfügbar, die rasch und nachhaltig die Krankheitslast und stationären Einweisungen – auch bei hohen Inzidenzen – senken können. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gibt es hierzulande aber immer noch „erhebliche Impflücken“, die das Gesundheitssystem „an den Rand des Kollapses“ bringen, so Salzberger. Um dies zu verhindern, befürworten die internistischen Fachgesellschaften die schnellstmögliche Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 für Erwachsene. „Neben Kontaktbeschränkungen, die helfen, die Inzidenzen kurzfristig zu senken, ist die konsequente Impfung zumindest der erwachsenen Bevölkerung der einzige anhaltend wirksame Weg, das Infektionsgeschehen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Die Impflicht nur für im Gesundheitssystem Tätige reicht da nicht aus “, sagt Professor Dr. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM.

Impfpflicht ist alternativlos

Experten aus Politik und Wissenschaft haben seit der Verfügbarkeit der ersten Corona-Impfstoffe auf die konsequente Notwendigkeit einer Immunisierung als wichtigste Maßnahme zum Infektionsschutz – und vor allem zur Verringerung der Krankheitslast – permanent und nachdrücklich hingewiesen. Dennoch reichten die Appelle und Anreize nicht aus, die Menschen von der Wichtigkeit der Impfung zu überzeugen, sodass keine ausreichend hohen Impfquoten erreicht werden konnten. Die Entwicklung der neuen und besorgniserregenden Omikron-Variante zeige eindringlich, dass die Pandemie und ihre Folgen noch nicht kontrolliert sind; vielmehr sei unter Omikron sogar eine deutlich höhere Infektionsdynamik zu befürchten. Das erfordert konsequente Vorgaben, um schnellstmöglich eine nachhaltige Kontrolle der Pandemie zu erreichen, so die Fachgesellschaften. Angesichts der hohen Anzahl an Menschen, die mit der bisherigen Impfkampagne nicht erreicht werden konnten, sei der Weg der allgemeinen Impfpflicht alternativlos.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht unzureichend

Nach Ansicht der Fachverbände ist eine Pflichtimpfung gegen SARS-CoV-2 in der aktuellen Lage ethisch geboten und stellt keine unzumutbare Belastung für die Bevölkerung dar. Eine alleinige einrichtungsbezogene Impfpflicht würde nicht ausreichen, um die Probleme zu lösen. Sie könne deshalb allenfalls als vorgezogene Maßnahme dienen.

Alle zehn Fachgesellschaften hoffen, dass eine verpflichtende COVID-19-Impfung die Krankheitslast senkt und vor allem die Sterblichkeit erheblich reduziert. Dies würde den Weg in die Normalität ebnen und dabei helfen, die gesellschaftliche Spaltung nachhaltig zu überwinden.

Autor:
Stand:
14.12.2021
Quelle:
  1. Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI), Deutsche Gesellschaft für Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM): Pressemitteilung: Impfpflicht für Gesundheitsberufe nicht ausreichend: Internistische Fachgesellschaften fordern angesichts der Verbreitung der Omikron-Variante eine allgemeine Impfpflicht; 10. Dezember 2021.
  2. Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI), Deutsche Gesellschaft für Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM): Stellungnahme der internistischen Fachgesellschaften zur Impfpflicht gegen das SARS-CoV-2-Virus für alle Erwachsenen; 10. Dezember 2021.
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