Kaltplasma verbessert Wundheilung bei chronischen Wunden

Eine Studie bestätigt: Kaltplasma verbessert die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung geschädigter Gewebeschichten, stimuliert die Durchblutung chronischer Wunden und aktiviert die Wundheilung.

Diabetischer Fussulkus

Hintergrund

Die Heilung chronischer Wunden, beispielsweise bei diabetischem Fußsyndrom oder venöser Insuffizienz, stellt Mediziner häufig vor eine große Herausforderung. Immer wieder gibt es Wunden, die sich trotz Anwendung moderner Wundversorgungsverfahren nicht schließen. Möglicherweise hilft in diesen Fällen eine Plasmabehandlung. In einer prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten und patientenverblindeten klinischen Studie erbrachten Mediziner und Wissenschaftler im Herz- und Diabeteszentrum NRW (Bad Oeynhausen), im Klinikum Karlsburg und im Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie Greifswald erstmalig den Beweis, dass Kaltplasma (Cold Atmospheric Plasma, CAP) den Heilungsprozess chronischer Wunden signifikant beschleunigt.

Methodik

Die Forscher untersuchten 43 stationär behandelte Patienten mit insgesamt 62 durch das diabetische Fußsyndrom verursachte Wunden. Dabei handelt es sich um oberflächliche oder infizierte diabetische Fußgeschwüre, die bis zur Sehne reichen (Wagner-Armstrong-Klassifikation 1B oder 2B). Trotz dreiwöchiger Standard-Wundtherapie waren keine Heilungstendenzen erkennbar. Für die Studie wurden 33 Wunden von 29 Patienten auf CAP und 32 Wunden von 28 Patienten auf Placebo randomisiert. In die abschließende Bewertung flossen pro Gruppe 31 Wunden ein. Die Probanden erhielten ergänzend zur Standard-Wundbehandlung acht Anwendungen mit Kaltplasma oder Placebo.

Endpunkte

Als primäre Endpunkte definierten die Wissenschaftler die Reduktion der Wundoberfläche sowie die Verringerung einer klinischen Infektion und mikrobiellen Belastung im Vergleich zum Beginn der Behandlung. Sekundäre Endpunkte waren die Zeit bis zur relevanten Verminderung der Wundgröße (>10%) und Infektionsreduktion sowie behandlungsassoziierte unerwünschte Ereignisse und Parameter zur Einschätzung des Wohlbefinden des Patienten.

Ergebnisse

Nach zweiwöchiger Behandlungszeit verringerte sich die Wundoberfläche bei den mit Kaltplasma behandelten diabetischen Fußulzera durchschnittlich um 69,5 Prozent. Im Placeboarm konnte nur eine Reduktion um 44,8 Prozent ermittelt werden. Ferner wurde mit der Kaltplasma-Anwendung 55 Prozent mehr Wundfläche verschlossen als bei der alleinigen Standardwundtherapie. Bei der Reduktion von Infektionsgeschehen und mikrobieller Belastung gab es zwischen CAP und Placebo keine signifikanten Unterschiede. Während der Therapie traten in beiden Gruppen keine therapiebedingten unerwünschten Ereignisse auf. Um die Sicherheit der Behandlung auch langfristig bewerten zu können, werden die Patienten bis zum 30. April 2024 weiter beobachtet.

Was ist Kaltplasma?

Das zur Wundbehandlung eingesetzte Plasma steht in keinem Zusammenhang zum Blutplasma. Zur Herstellung wird das Edelgas Argon verwendet. Die Bezeichnung Plasma bezieht sich auf einen angeregten Gaszustand, der neben fest, flüssig und gasförmig oft als vierter Aggregatzustand beschrieben wird. Diesen nimmt das Gas durch Zufuhr von Energie an. Da hierfür keine große Hitze erforderlich ist, hat sich der Name Kaltplasma etabliert. Die aus Elektronen und Ionen bestehenden Kaltplasma-Teilchen werden mit einem speziellen Pen appliziert. Anschließend kommt es zu einer physikalischen Gewebestimulation, verbesserten Sauerstoff- und Nährstoffversorgung im Wundgebiet sowie einer erhöhten Durchblutung geschädigter Gewebeschichten. Dies ermöglicht einen schonenden Wundverschluss.

Fazit

In der randomisierten klinischen Studie konnte die Kaltplasma-Anwendung bei der Behandlung chronischer Wunden positive Effekte erzielen. „Atmosphärisches Kaltplasma besitzt einen eigenständigen Wundheilung-aktivierenden Effekt, der sich nicht allein durch die antimikrobielle Wirkung des Plasmas erklären lässt“, erklärt Bernd Stratmann, Forschungsleiter am Diabeteszentrum Bad Oeynhausen und Erstautor der Studie. Professor Diethelm Tschöpe, Leiter der klinischen Prüfung und Direktor des Diabeteszentrums, fügt hinzu: „Der Heilungsprozess unter Therapie mit Kaltplasma war signifikant beschleunigt, was zu schnellerem Wundverschluss führte.“ Dr. Tania-Cristina Costea, Oberärztin der Klinik und Wundexpertin, hebt zudem die gute Patientenverträglichkeit hervor: „Wir haben keine mit der Therapie verbundenen Nebenwirkungen festgestellt.“

Autor:
Stand:
02.08.2020
Quelle:
  1. Stratmann, B. et al. (2020): Effect of Cold Atmospheric Plasma Therapy vs Standard Therapy Placebo on Wound Healing in Patients With Diabetic Foot Ulcers. Diabetes and Endocrinology. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.10411.
  2. Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum (UK RUB), Aktuelles: Nachweis erbracht: Kaltplasma wirkt bei chronischen Wunden. 17. Juli 2020.
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