
In fast allen 16 Bundesländern gilt seit Montag zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus eine Maskenpflicht. In Schleswig-Holstein wird die Maskenpflicht ab dem 29. April beim Einkaufen und in öffentlichen Verkehrsmitteln gelten. In vielen Bundesländern gilt die Pflicht auch bereits für Schulkinder, bzw. ab einem Alter von sechs Jahren. Es stellt sich nun die Frage ob diese Pflicht für Kinder angemessen und sinnvoll ist.
Welche konkreten Ziele werden verfolgt?
Um eine Pflicht für das Tragen von Masken für Kindern auszusprechen ist es wichtig bestimmte Gesichtspunkte zu beachten:
- Kann das Tragen von Masken bei Kindern zur Viruseindämmung beitragen?
- Welcher Zeitraum soll betroffen sein? Tragen während heißen Sommermonaten?
- Handelt es sich um ein zeitlich begrenztes Tragen oder um ein Tragen im „öffentlichen Raum“ von Schulen und Kindergärten?
Dabei sollte bei der Diskussion um eine Verpflichtung der Kinder zum Tragen von Masken im öffentlichen Raum auch berücksichtigt werden, dass aktuell noch nicht geklärt ist, wie infektiös Kinder tatsächlich für ihre Umgebung sind.
Empfehlungen
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte verschiedene Empfehlungen für das Tragen von Masken für Kinder ausgesprochen, aber auch betont, dass eine verlässliche Datengrundlage für Empfehlungen fehlt.
Kitas, Kindergärten, Schulen
Eine Maskenpflicht für Kinder in Kitas und Kindergärten hält die DGKJ definitiv nicht umsetzbar. Auch in den unteren Klassen der Grundschule wird eine Maskenpflicht sehr schwierig. Hier ist eine solche „Verordnung“ zwar denkbar, aber es wird nicht den Zweck erfüllen, für den es gedacht ist: Es wird keine sinnvolle Schutzmaßnahme sein, allenfalls eine pädagogische, so die DGKJ.
Vorerkrankungen
Besondere Einwände bzw. Vorsichtsmaßnahmen gilt es bei Kindern (wie auch Erwachsenen) dann zu beachten, wenn diese aufgrund einer akuten oder chronischen Erkrankung der Atemwege oder des Herzkreislaufsystems in ihrer Lungenfunktion eingeschränkt sind.
Art der Maske
Dicht sitzende FFP2-Masken sind bezogen auf die Schwere des Atmens problematischer und für die Anwendung dieser speziellen Masken beim Kind gibt es nach Einschätzung der DGKJ ohnehin keine Indikation. Weiterhin räumt die DGKJ mit Irrtümern auf, Stoffmasken seien umso wirksamer, je dichter gewebt sie seien. Dies ist nicht zutreffend, appelliert die DGKJ. „Eher das Gegenteil ist der Fall. Wichtig ist, dass der Stoff zwar dicht gewebt (und bei 95°C waschbar bzw. bei 60° und anschließender Trocknung!), aber so durchlässig ist, dass man durch den Stoff atmen kann, wieviel auch immer dadurch filtriert wird. Wenn der Stoff zu dicht ist und der Atemzug damit wesentlich beeinträchtigt wird, wird zwangsläufig an der Maske vorbei geatmet (oben, unten, an der Seite) und der gewünschte Schutzeffekt wird nicht erzielt.“
Säuglinge
Zur Prävention des plötzlichen Kindstodes sollten Säuglinge generell keine Masken tragen.
Öffentlicher Raum
Für Kinder ab dem Grundschulalter scheint es sinnvoll und auch längerfristig zumutbar, so die DKGJ, wenn Masken im öffentlichen Raum, d.h. beim Einkaufen, Straßenbahn etc., getragen werden, wenn sie in Begleitung von Eltern oder Bezugspersonen sind. Beim Besuch von Risikobereichen z. B. Ambulanzen in Krankenhäusern ist das Tragen von Masken sicherlich auch bei kleineren Kindern möglich und sollte auch umgesetzt werden. Insofern würde in der Altersgruppe darunter, d.h. vor dem Grundschulalter, dann eine „Kann“-Empfehlung vernünftig erscheinen, mit offenen Grenzen nach oben und unten, je nach Reife des Kindes.
Studie
Eine Studie aus dem Jahr 2008 befasste sich mit der Fragestellung in wieweit verschiedene Maskentypen vor Infektionen schützen können. Das Ergebnis: Alle Arten von Masken reduzierten die Aerosolexposition, waren über die Zeit relativ stabil, unabhängig von der Tragedauer oder der Art der Aktivität, jedoch mit einem hohen Grad an individueller Variation. Atemschutzmasken waren effizienter als chirurgische Masken, die wiederum effizienter waren als selbstgemachte Masken. Unabhängig vom Maskentyp waren Kinder weniger gut geschützt. Dies wurde vor allem auf die schlechte Passform für die kleineren Köpfe zurückgeführt.
Kohlenstoffdioxid wird nicht angestaut
Verschiedene Berichte die im Internet kursieren warnen vor dem Tragen von Masken bei Kindern, da sich Kohlenstoffdioxid unter diesen ansammeln könnte, da die Kinder nicht genug „Kraft“ hätten dieses durch die Maske abzuatmen. Kohlenstoffdioxid kann allerdings nicht von Atemmasken zurückgehalten werden, da selbst Masken der höchsten Schutzklasse FFP3 lediglich Partikel bis zu einer Größe von 0,6 µM zurückhalten und Kohlenstoffdioxid wesentlich kleiner ist.
Warnung
Der Kinder- und Jugendarztpräsident Thomas Fischbach hat vor einer Maskenpflicht für Kindergartenkinder zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie gewarnt:
„Es mag auch jüngere Kinder geben, die einen Mund-Nasen-Schutz akzeptieren, doch die allermeisten werden das eher als Spielzeug betrachten, daran herumhantieren und damit die Infektionsgefahr eher noch verstärken. Es ist deswegen unklug, sollten einige Bundesländer das Maskentragen in öffentlichen Bereichen sogar für Kleinkinder vorschreiben.“ Dr. Fischbach betonte weiter: „Eine Maskenpflicht ist aus entwicklungspsychologischer Sicht erst vom Grundschulalter an sinnvoll.“ Grundschüler seien meistens schon in der Lage, mit Masken vernünftig umzugehen.