MRT von Hirntumoren: Zucker statt Kontrastmittel

Heidelberger Forschern ist es gelungen, Hirntumore mit einer Glucoselösung sichtbar zu machen. Möglicherweise ist Zucker bei der Erkennung von Hirntumoren im MRT Kontrastmitteln sogar überlegen.

MRT

Kontrastmittel sind in der Diagnoseerhebung von Tumoren unerlässlich. Redundant werden allerdings immer wieder Bedenken laut, ob sich als unbedenklich eingestufte Kontrastmittel nicht doch nachteilig auf den Organismus auswirken. Eine einfache Zuckerlösung wäre jedenfalls deutlich verträglicher. Wissenschaftler des Heidelberger Universitätsklinikums und des Deutschen Krebsforschungszentrums ist es tatsächlich gelungen, Gehirntumore mit Glucose in einem neuartigen MRT-Verfahren sichtbar zu machen. Wie Kontrastmittel auch verbessert Zucker die optische Darstellung von Gewebestrukturen. Dabei punktet Zucker sogar mit einer Besonderheit. Im Gegensatz zu konventionellen Kontrastmitteln gelangt Glucose ins Innere der Zellen und wird dort abgebaut. Aufgrund des gesteigerten Energiebedarfs von Tumorzellen könnte diese Überlegenheit bei der Identifikation von aggressiv wachsenden Krebszellen förderlich sein.

Kontrastmittel gelangt nicht in den Zellinnenraum

Gegenwärtig werden Kontrastmittel standardmäßig zur Diagnoseerhebung von Tumoren bei bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomografien (MRT) eingesetzt. Klassischerweise werden bei einer MRT Protonensignale im Wasser gemessen. Der Kontrast einer Aufnahme erhebt sich aus Protonendichte, longitudinaler Relaxationszeit (T1) und transcersaler Relaxationszeit (T2). Aufgrund des hohen Wasseranteils von mehr als 60 Prozent im Körper entsteht so ein deutliches Bild von Gewebestrukturen. Kontrastmittel verstärken die intravasalen und interzellulären Signale. Bis in den Intrazellulärraum dringen sie jedoch nicht vor. Das wäre ein Vorteil von Zucker, der von Krebszellen - insbesondere von aggressiv wachsenden – zur Energiegewinnung in hohem Maße verstoffwechselt wird.

Glucose bei der PET

Bei einem anderen Diagnoseverfahren, der Positronenemissions-Tomografie (PET), wird der positive Aspekt von Zucker bereits genutzt wird. Damit der erhöhte Glucoseverbrauch von Tumorzellen jedoch sichtbar gemacht werden kann, müssen radioaktiv markierte Zuckermoleküle eingesetzt werden. Wissenschaftlern der Heidelberger Universität und des Deutschen Krebsforschungszentrums ist es jetzt gelungen, eine MRT mit Glucose zu entwickeln, die ohne Radioaktivität und somit ohne gesundheitsschädigende Strahlenbelastung auskommt.

Zucker als Kontrastmittel

Für die Sichtbarmachung der Glucose verwendeten die Wissenschaftler einen Hochfeldtomografen mit einer Magnetfeldstärke von 7 Tesla. Zudem realisierten sie eine spezielle Methode, um das Glucose-Signal selektiv sichtbar zu machen. Mit dieser Neuentwicklung erreichten sie eine Signalstärke, die Veränderungen der Glucosekonzentration im Hirngewebe nach der Injektion einer einfachen Zuckerlösung offenbart. Die Forscher setzen dabei auf das bekannte Prinzip des Magnetisierungstransfer-Effekts. Bislang war es jedoch nicht möglich, diesen für Glucose zu nutzen. Beim Magnetisierungstransfer wird das Signal der Glucose-Protonen auf das in der Magnetresonanztomografie ermittelte körpereigene Wasser transferiert. Dieser Effekt verhält sich proportional zur lokalen Konzentration von Glucose, da sich beide Protonen-Fraktionen über Spin-Spin-Wechselbeziehungen beeinflussen. So kann also eine regional veränderte Glucosekonzentration, wie sie sich in Tumorgeweben findet, ermittelt werden.

Glucose-MRT-Projekt bei Hirntumoren

Die Wissenschaftler konnten in ihrem Glucose-MRT-Projekt Veränderungen des Glucose-Signals in gesunden und tumorös veränderten Hirnarealen beobachten. Es gibt aber noch offene Fragen. „Wir wissen noch nicht, wie die Anteile der gemessenen Glucose zwischen Gefäßen und Extrazellularraum einerseits und dem Zellinneren andererseits verteilt sind.“ äußerst sich Prof. Dr. Heinz-Peter Schlemmer, Studienautor und Leiter der Abteilung Radiologie des Deutschen Krebsforschungszentrums. Schlemmer weiter: „Wenn sich bestätigt, dass wesentliche Signale vom Zucker aus dem Zellinneren herrühren, würde das für die Tumor- und funktionelle MRT-Bildgebung eine wichtige Zusatzinformation bedeuten. Das könnte die Therapieplanung und das Monitoring verbessern.“

Es bleibt also abzuwarten, ob Zucker in Zukunft konventionelle Kontrastmittel ersetzen wird. Eine Glucose-MRT-Bildgebung ohne radioaktive Strahlenbelastung des Patienten ist jedoch schon heute eine potenziell hoffnungsvolle Zukunftsperspektive.

Autor:
Stand:
11.07.2017
Quelle:

Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz)

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