
Berührungsfreiheit ist nicht erst seit Corona wünschenswert. So ist die Diagnostik von Stuhl und Urin ist für alle Beteiligten immer ein bisschen eklig. Und manchmal technisch schwierig: zum Beispiel, wenn eine Stuhlprobe aus dem Tiefspüler-Toilettenschüssel gefischt werden muss oder wenn man sich aber nur schwer bücken kann.
Wünschenswert: Prävention per Toilettengang
Dazu kommt noch, dass Urin und Stuhlproben immer nur eine Momentaufnahme darstellen. Ein langfristiges Monitoring von einzelnen Patienten mittels dieser Labordaten ist bislang nur schlecht in die klinischen Arbeitsabläufe zu integrieren. Dabei wäre dies für die Früherkennung und Verlaufskontrolle beispielsweise bei CED-Patienten oder Diabetikern hilfreich.
Analyse-Modul auf normale Toiletten montierbar
Wieviel einfacher wäre es da, wenn die Urin- und Stuhl-Analyse schon auf der Toilette erfolgen könnte, dachten sich Forscher der Universität Stanford in Palo Alto (Kalifornien, USA). Dafür entwickelten sie ein vollautomatisches Toilettenmodul, das auf bestehende Toiletten montiert werden kann und drei Elemente umfasst:
- Urinanalyse auf 10 Parameter. Ein Teststreifen liefert eine qualitative und semi-quantitative Analyse des Urins hinsichtlich Erythrozyten und Leukozyten, Urobilinogen, Bilirubin, Eiweißen, Nitriten, Ketonen, Glukose, pH und spezifischem Gewicht.
- Uroflowmetrie zur Quantifizierung der flüssigen Ausscheidungen. Das System erfasst die Menge des ausgeschiedenen Urins, die Dauer der Miktion sowie das „Nachtropfen“ beim Urinieren als möglichen Hinweis auf eine Erkrankung der Prostata.
- Stuhlanalyse anhand der Form und Defäkationszeiten. Mittels der Bristol-Stuhlformen-Skala wurde das System darauf trainiert, Verstopfungen und Durchfall von normalem Stuhlgang zu unterscheiden. Der Stuhl wird gewogen, und außerdem wird auch die Zeit vom Niedersitzen bis zum Ablassen des Stuhls („first stool dropping time“) bestimmt, die mit der Darmfunktion korreliert.
Zuordnung für verschiedene Benutzer
Das System kann auch zwischen den verschiedenen Benutzern der „intelligenten“ Toilette unterscheiden. Dafür nutzt der Prototyp unter anderem den bei der Spülung genommen Fingerabdruck als Identifikationsparameter.
Die Daten werden in verschlüsselter Form in die Cloud geladen und mittels einer Variante der künstlichen Intelligenz (“Deep learning“) ausgewertet.
Erste Studien mit freiwilligen Nutzern der „intelligenten“ Toilette haben sich als vielversprechend erwiesen.
Erweiterungen schon anvisiert
Die Forscher haben aber auch schon Weiterentwicklungen geplant: So sollte der Reinigungsmechanismus des Gerätes noch verbessert werden, um die Wahrscheinlichkeit falsch-positiver Testergebnisse zu senken. Des Weiteren muss die Toilette noch auf Frauen „umlernen“, d.h. die Urinanalyse muss für Frauen adaptiert werden, weil die intelligente Toilette bisher nur auf im Stehen pinkelnde Männer ausgerichtet ist. Außerdem sollen die Testmöglichkeiten erweitert werden, etwa auf den Nachweis illegaler Drogen oder sexuell übertragener Krankheiten sowie der Zusammensetzung der Darmflora.