Nicht nur in der Pandemie: Vorzüge der Telemedizin

Die Telemedizin hat in Pandemiezeiten effektiv zur Reduktion des Patientenverkehrs in Praxen und Kliniken und damit zum Infektionsschutz beigetragen. Doch Telemedizin kann viel mehr und sollte zum Wohl der Patienten ausgebaut werden, wie eine Expertengruppe schreibt.

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Hintergrund

Nach dem die Telemedizin in Deutschland lange nicht aus den Kinderschuhen herauskam, hat die SARS-CoV-2-Pandemie  ihrer Verbreitung gerade in der Kardiologie einen kräftigen Wachstums- und Entwicklungs-Schub beschert. Doch die Möglichkeiten und Vorteile der Telemedizin gehen weit über den in Pandemiezeiten lebenswichtigen Infektionsschutz für Patienten, Ärzte und Pflegepersonal hinaus, wie die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. rer. oec. Bettina Zippel-Schultz von der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke (DSCK), Dr. med. Thomas M. Helms, Sprecher der Arbeitsgruppe 33 Telemonitoring (AG33) der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Vorstandsvorsitzender der DSCK, PD Dr. med. Martin Stockburger vom Klinikum Nauen und Prof. Dr. med. Christian Perings Kardiologe und Chefarzt am Klinikum Lünen – St.-Marien-Hospital in einem Artikel für das Portal Kardiologie.org schreiben.

Räumliche und zeitliche Unabhängigkeit

Ein grundlegender Vorteil der Telemedizin ist, dass die räumliche Entfernung für die Kommunikation zwischen Arzt und Patient, aber auch unter Kollegen keine Rolle mehr spielt. Tatsächlich erlaubt die Telemedizin auch eine gewisse zeitliche Unabhängigkeit: Aufzeichnung physiologischer Parameter, beispielsweise, kann über smarte tragbare Geräte, die sogenannten Wearables, über 24 Stunden völlig unabhängig von den Sprechzeiten erfolgen. Die aufgezeichneten Daten können in vielen Fällen direkt auf den Praxiscomputer übertragen werden und vom behandelnden Arzt dann ausgewertet werden, wenn es in seinen „Arbeitsflow“ passt. Im Alltag bietet die Telemedizin weitere konkrete Vorteile, wie die Autoren ausführen:

Effektivere Kooperation

Gleichgültig, ob es um das Einholen einer Zweitmeinung, die Erläuterungen zu einem Befund oder um die Therapieplanung geht, die Telekonsultation, Teleradiologie oder Telepathologie erleichtern die „doctor-to-doctor“ (doc2doc) Kommunikation und Kooperation erheblich und machen sie so auch effektiver.  

Ausbildung

Lernen im eigenen Tempo, wann immer man Zeit hat – genau das bietet die Teleedukation für die medizinische Aus-, Fort- und Weiterbildung. Mithilfe digitaler Medien, beispielsweise virtuellen Operationsszenarien, kann der Stoff darüber hinaus besonders anschaulich und praxisnah vermittelt werden.

Kontinuierliches Monitoring

Telemonitoring über externe oder implantierte Sensoren ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung bestimmter gesundheitlicher Parameter des Patienten und liefert so ein verlässlicheres klinisches Gesamtbild als die Momentaufnahme, die bei der isolierten Untersuchung in der Sprechstunde gewonnen wird. Telemetriefähige Geräte funken die Daten automatisch in die Praxis und können je nach Gerät im Notfall auch selbstständig Alarm schlagen

Betreuung chronisch kranker Patienten

Bei der Betreuung chronisch Kranker ist das Telemonitoring von besonders großem Nutzen. Über die kontinuierliche Datensammlung können Veränderungen des Gesundheitsstatus frühzeitig erkannt und Therapien entsprechend angepasst werden. Mithilfe des Telemonitoring kann der Patient, wo immer er sich gerade aufhält, regelmäßig bei der Umsetzung von nötigen Verhaltens- oder Lebensstiländerungen begleitet und unterstützt werden. Über Teletherapien kann sich der Patient auch ortsunabhängig von einem Therapeuten seiner Wahl – natürlich in gewissen Grenzen – behandeln lassen. Innovationen in der Telechirurgie und Telerobotik dürften diese Grenzen immer weiter verschieben und in Zukunft mehr Telebehandlungen möglich machen.

Smarte Zukunft

Je kleiner die Sensoren werden, desto besser können die Patienten sie in ihren Alltag integrieren. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen machen Wearables immer smarter und effektiver. In Kombination mit anderen Geräten und spezieller Software können sie zu Begleitern des Patienten werden, die ihn nicht nur zuverlässig informieren, sondern auch motivieren (Serious Gaming) sich für die eigene Gesundheit zu engagieren, sich beispielsweise mehr zu bewegen.   

Ausblick und Anforderungen

Bereits heute ermöglichen die vorhandenen Daten und Strukturen eine informierte, abgestimmte, personalisierte und vorausschauende Versorgung der Patienten. Es besteht jedoch Bedarf Maßnahmen zur Sicherung der Qualität digitaler Angebote.  Die AG33 der DGK hierzu bereits Anforderungen an Telemedizinzentren formuliert, die als Leitfaden dienen können, so die Autoren. Darüber hinaus sind adäquate Finanzierungsstrukturen im deutschen Gesundheitswesen erforderlich, um die neuen Methoden und ihr Potenzial zum Wohle der Patienten in den Praxisalltag zu integrieren.

Autor:
Stand:
14.12.2020
Quelle:

Zippel-Schultz, Stockburger, Helmset al. (2020): Telemedizin in der Kardiologie – Status Quo und Perspektiven. Kardiologie.org

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