
Hintergrund
Die Mortalitätsrate bei Schlaganfällen ist rückläufig, jedoch ist die absolute Zahl von ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfällen gestiegen. Der Prävention von Schlaganfällen ist demnach von großer Bedeutung.
Während ischämische Schlaganfälle häufig sind, treten hämorrhagische Schlaganfälle seltener auf. Die Evidenz dafür, dass sich die beiden Arten von Schlaganfällen nicht nur hinsichtlich des Pathomechanismus, sondern auch bezüglich der Risikofaktoren unterscheiden, wächst. Beispielsweise verringert sich das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall bei geringeren Konzentrationen von LDL-Cholesterol, während das Risiko für ischämische Schlaganfälle darunter zunimmt.
Der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach postulierte im 19. Jahrhundert „Der Mensch ist, was er isst“ und die Jahrtausende alte indische Heilkunst des Ayurveda unterstreicht die Bedeutung von Prävention und Ernährung für die Gesunderhaltung des Menschen. Welchen Einfluss hat also unsere Ernährung auf das Schlaganfallrisiko und gibt es Unterschiede zwischen dem Risiko für einen ischämischen und einen hämorrhagischen Schlaganfall in Bezug auf unser Ernährungsverhalten?
Zielsetzung
Ein internationales Team von Forschern um Dr. Tammy Tong von der Universität in Oxford untersuchte den Einfluss der Ernährung auf das Risiko für ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle [1].
Methodik
Die Forsche bedienten sich der Daten, die im Rahmen der Studie EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) erhobenen wurden. Die Studie rekrutierte insgesamt 418.329 Teilnehmer aus neun europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Griechenland, Italien, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden und Vereinigtes Königreich) und erhob Daten zu soziodemographischen Faktoren, Ernährungsverhalten und Lebensstil der Teilnehmer.
Das Ernährungsverhalten der Teilnehmer wurde mithilfe von Fragebögen ermittelt. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Cox-Regression um die Hazard Ratios (HR) für ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfall abzuschätzen, welcher mit dem Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch, Geflügel, Fisch, Milchprodukten, Eiern, Vollkornprodukten, Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen sowie Ballaststoffen verbunden ist.
Ergebnisse
Nach einem mittleren Follow up von 12,7 Jahren kam es insgesamt zu 4.281 ischämischen und 1.430 hämorrhagischen Schlaganfällen. Die demographische Auswertung zeigte, dass die Schlaganfallpatienten älter waren als die übrigen Studienteilnehmer, ein etwas höheres Körpergewicht hatten, häufiger starke Raucher waren und im Durchschnitt auch etwas mehr Alkohol konsumierten.
Risiko für ischämische Schlaganfälle
Ein geringeres Risiko für ischämische Schlaganfälle wurde bei höherem Konsum von Obst und Gemüse in Kombination (bezogen auf eine um 200 g /Tag höhere Aufnahme; HR 0,87; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,82-0,93; p < 0,001), Ballaststoffen (pro 10 g täglich; HR 0,77; 95% CI 0,69-0,86; p < 0,001), Milch (pro 200 g täglich; HR 0,95; 95% CI 0,91-0,99; p = 0,02), Joghurt (pro 100 g täglich; HR 0,91; 95% CI 0,85-0,97; p = 0,04) und Käse (pro 30 g täglich; HR 0,88; 95% CI 0,81-0,97; p = 0,008) beobachtet.
Das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall stieg bei einem stärkeren Konsum von rotem Fleisch, wurde jedoch etwas abgemildert, wenn gegen andere Lebensmittel mit statistisch signifikanten positiven Auswirkungen adjustiert wurde (pro 50 g täglich; HR 1,07; 95% CI 0,96-1,20; p = 0,20). Das bedeutet, dass die negative Wirkung des Fleischkonsums durch den Verzehr anderer Lebensmittel, etwa Obst und Gemüse, in einem gewissen Maße aufgewogen werden kann.
Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle
Das Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle stieg mit dem zunehmenden Verzehr von Eiern (pro 20 g täglich; HR 1,25; 95% CI 1,09-1,43; p = 0,002). Andere Lebensmittel zeigten sich bei dieser Schlaganfallform weder protektiv noch schädigend.
Fazit
Das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall reduzierte sich in der Studie durch den Verzehr von Obst und Gemüse, Ballaststoffen und Milchprodukten, während das Risiko durch den Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch stieg. „Fazit der Studie in Bezug auf den ischämischen Schlaganfall ist also, dass man sein persönliches Erkrankungsrisiko durch Obst, Gemüse und eine vollkornreiche Kost senken kann“, erklärt Prof. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), [2]. Das Risiko für einen hämorrhagischen Schlaganfall war bei einem höheren Konsum von Eiern erhöht.
Die Forscher vermuten, dass die Effekte der verschiedenen Lebensmittel teilweise indirekt, durch die Beeinflussung von Blutdruck und Cholesterolspiegel, bedingt sind. Sie betonen die Bedeutung der differenzierten Betrachtung von ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfällen in Studien.
Limitationen der Studie
Die Fragestellung, ob die medikamentöse Kontrolle einer Hypertonie durch Blutdrucksenker oder einer Hypercholesterinämie beispielsweise durch Statine, eine Risikoreduktion unabhängig von der Ernährung bewirkt, konnte die Studie nicht beantworten.