
Hintergrund
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) meldet, dass die Akutversorgung von Parkinson-Patienten, z.B. bei Infekten, akinetischen Krisen, Psychosen sowie auch die notwenigen Einstellungen von Medikamentenpumpen oder „Hirnschrittmachern“, auch in Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie uneingeschränkt gewährleistet ist. Die DGN-Kommission Bewegungsstörungen befürchtet jedoch eine suboptimale Versorgung des chronisch-progressiven Krankheitsbildes von Parkinson im fortgeschrittenen Stadium durch die Strategie des „Social Distancing“ zur Eindämmung der SARS-CoV-2 Infektionen.[1]
Multimodale Parkinsontherapie
Parkinson wird mit einer multimodalen Therapie behandelt, die neben der medikamentösen Versorgung auch Begleittherapien nach Bedarf des Patienten umfasst. Zu den Begleittherapien zählen unter anderem Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie. Sie dienen dazu Einschränkungen des Patienten zu verringern, seine Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern. Sie bedingen aber in vielen Fällen häufige Kontakte und die physische Nähe zwischen Behandler und Patient.
Notwendiges Social Distancing gefährdet Therapieerfolg
Die Erkrankung mit Parkinson ist zwar nicht mit einem erhöhten Infektionsrisiko verknüpft, da Parkinson-Patienten jedoch meist fortgeschrittenen Alters sind und unter Vorerkrankungen leiden können, die für schwere COVID-19 prädisponieren, müssen sie besonders geschützt werden. Das in Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie gebotene Social Distancing macht die üblichen Kontakte zwischen Patient und Behandler sowie viele gewohnte therapeutischen Maßnahmen unmöglich. Ein längerfristiges Aussetzen einzelner Bausteine der multimodalen Therapie kann jedoch den Behandlungserfolg gefährden, Einschränkungen der motorischen Fähigkeiten oder sprachlichen Fertigkeiten zur Folge haben und die Progression der Erkrankung fördern.
Alternativen zum direkten Kontakt
Einige der üblichen therapeutischen Maßnahmen können durch moderne Telekommunikation teilweise ersetzt werden. Die DGN-Kommission Bewegungsstörungen appelliert an Kolleginnen und Kollegen, diese Alternativen konsequent anzubieten, um den Patientenverkehr zum Infektionsschutz weitgehend zu reduzieren:
- Ärztliche Beratungen und Routinekontrollen können telefonisch oder per Videosprechstunde abgehalten werden.
- Rezepte und Überweisungen kann der Patient auf dem Postweg erhalten.
- Bewegungs-, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapien lassen sich per Videosprechstunde durchführen.
- Psychotherapeutische Sitzungen können als Videosprechstunde durchgeführt werden.
Für Patienten hat die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e. V einen umfassenden und verständlichen Wegweiser zum Thema SARS-CoV-2 und Parkinsonversorgung erarbeitet, der auch heruntergeladen werden kann. [2]
Grenzen der alternativen Versorgung
So gut manche digitale Therapiealternativen zur Behandlung von Parkinson auch sein mögen, manche Patienten können sie einfach nicht wahrnehmen. Andere benötigen Unterstützung, um sie nutzen zu können, die aber auch nicht immer gewährleistet werden kann. Die DGN fordert daher, dass Konzepte entwickelt werden, wie die Versorgung der Patienten mit maßgeblichen Therapiebausteinen bei einem längeren „Shutdown“ gewährleistet wird, wenn digitale Therapiealternativen im Einzelfall keine Option darstellen. Denkbar wären Behandlungen unter strengen Hygienevorkehrungen, wie z. B. einer Maskenpflicht. Zur Vermeidung anderer Atemwegsinfektionen sollten ältere Patienten grundsätzlich gegen Influenza und Pneumokokken geimpft werden.