Trendübersicht Multiples Myelom

Inzidenz und Mortalität des Multiplem Myeloms unterscheiden sich länderspezifisch weltweit und sind insbesondere bei Männern über 50 Jahre und in Ländern mit einem höheren Index der menschlichen Entwicklung und höherem Einkommen erhöht.

Trendgrafik

Hintergrund

Im Jahr 2020 war das Multiple Myelom weltweit mit 176.404 von insgesamt 1.278.362 Fällen (14%) die dritthäufigste hämatologische maligne Krebserkrankung nach dem Non-Hodgkin-Lymphom und der Leukämie. Die 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate hat sich in den letzten zehn Jahren aufgrund neu entwickelter zielgerichteter Therapien und Transplantationstechniken auf aktuell 54% verdoppelt. Die Ursachen hingegen sind immer noch weitestgehend unbekannt. Zu den Risikofaktoren zählen Geschlecht, ethnische Herkunft, Alter, geografische Lage, Familienanamnese, Strahlenbelastung und Adipositas.

Bislang vorliegende Studien berücksichtigten nur selten Zusammenhänge zwischen Lebensstilfaktoren, metabolischen Risiken und dem Multiplen Myelom auf Bevölkerungsebene und beschränkten sich meist auf die Bewertung epidemiologischer Trends in bestimmten Ländern.

Zielsetzung

Die hier vorliegende Studie setzte sich zum Ziel, die globale Belastung und die damit verbundenen gemeinsamen Lebensstil- und Stoffwechselfaktoren sowie die zeitlichen Trends des Multiplem Myeloms in verschiedenen Bevölkerungsgruppen anhand aktueller verfügbarer Daten zu untersuchen.

Methodik

Daten zu Inzidenz und Mortalität des Multiplen Myeloms im Jahre 2020 wurden für einzelne Länder aus der GLOBOCAN (Global Cancer Observatory) Datenbank entnommen.
Für weitere Trend-Analysen verwendeten die Forscher die Datenbanken CI5plus (Cancer Incidence in Five Continents Time Trends), WHO-Mortalitätsdatenbank, NORDCAN (Nordic Cancer Registries) und SEER (Surveillance, Epidemiology and End Results Program), um die Inzidenz und Mortalität von 1980 bis 2019 aus 48 Ländern zu ermitteln. Die Datenbank des WHO Global Health Observatory durchsuchten sie nach der altersstandardisierten Prävalenz von Lebensstil- und Stoffwechselrisikofaktoren (2010).

Mithilfe von multivariablen Regressionsmodellen ermittelten sie Assoziationen mit Risikofaktoren. Die zeitlichen Trends bewerteten sie anhand der durchschnittlichen jährlichen prozentualen Veränderung unter Verwendung der Joinpoint-Regression. Die altersstandardisierten Raten (ASR) wurden errechnet. Die ASR ist das gewichtete arithmetische Mittel der altersspezifischen Raten pro 100.000 Personen, wobei die Gewichte dem Verhältnis der Personen in den jeweiligen Altersgruppen der Standardbevölkerung entsprechen.

Ergebnisse

Inzidenz

Im Jahr 2020 wurden weltweit über 176.404 Fälle (95%-Unsicherheitsintervall (UI): 167.933-185.303) des Multiplen Myeloms berichtet mit einer ASR der Inzidenz weltweit von 1,78 (95%-UI: 1,69-1,87) pro 100.000 Menschen. Die höchste Inzidenz wurde in Australien und Neuseeland dokumentiert (ASR: 4,86; 95%-UI: 4,66-5,07) gefolgt von Nordamerika (ASR: 4,74; 95%-UI: 4,69-4,79) und Nordeuropa (ASR: 3,82; 95%-UI: 3,71-3,93). Die geringsten Inzidenzen lagen in Westafrika (ASR: 0,81; 95%-UI: 0,39-1,66), Melanesien (0,87; 95%-UI 0,55–1,37) und Südostasien (ASR: 0,96; 95%-UI: 0,73-1,27) vor. Weiterhin traten geschlechterspezifische Unterschiede auf. So hatten Männer (ASR: 2,10; 95%-UI: 1,97-2,25) eine um 47% höhere Inzidenzrate als Frauen (ASR: 1,47; 95%-UI: 1,36-1,58).

Insgesamt war in vielen Ländern ein Anstieg der Inzidenz zu verzeichnen, insbesondere bei Männern mit einem Alter ≥ 50 Jahre. Deutschland zählte dabei zu den Ländern mit dem höchsten Anstieg der Inzidenz bei Männern über 50 Jahre (durchschnittliche jährliche prozentuale Abweichung, average annual percentage change [AAPC]: 6,71, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,75-13,02, p=0,027) neben Dänemark (AAPC: 3,93; 95%-KI: 2,44-5,45, p=0,00027) und Südkorea (AAPC: 3,25; 95%-KI: 0,69-5,88, p=0,019). Bei Frauen über 50 Jahre meldeten die größten Zunahmen die Färöer-Inseln (AAPC: 21,01; 95%-KI: 2,15-43,34, p=0,032), Dänemark (AAPC: 4,70; 95%-KI: 1,68-7,82, p=0,0068) und Israel (AAPC: 2,57; 95%-KI: 0,74-4,43, p=0,012).

Mortalität

Es zeigte sich insgesamt ein Trend zu einer abnehmenden Mortalität. Im Jahr 2020 wurden 117.077 (95%-UI: 109.930-124.689) Multiple Myelom-assoziierte Todesfälle berichtet mit einer weltweiten ASR von 1,14 (95%-UI: 1,07-1,21) pro 100.000 Menschen. Die höchste Mortalität wurde in Polynesien beobachtet (ASR: 2,69; 95%-UI: 0,74-9,81) gefolgt von Australien und Neuseeland (ASR 1,84; 95%-UI 1,73–1,96]) sowie Nordeuropa (ASR: 1,80; 95%-UI: 1,73-1,88). Die geringsten Mortalitätsraten lagen in Mikronesien (ASR 0,37; 95%-UI 0,07–1,78), Westafrika (ASR 0,71; 95%-UI 0,58–0,87), Melanesien (ASR 0,73; 95%-UI 0,61–0,87]), Ostasien (ASR 0,76; 95%-UI 0,71–0,81) und Südostasien (ASR: 0,82; 95%-UI: 0,62-1,09) vor. Die Mortalität bei Männern (ASR: 1,41; 95%-UI: 1,29-1,53) war höher als bei Frauen (ASR: 0,93; 95%-UI: 0,85-1,02).

Eine erhöhte Inzidenz und Mortalität war mit einem höheren Index der menschlichen Entwicklung (human development index [HDI]), einem höheren Bruttoinlandsprodukt, vermehrter körperlicher Inaktivität, Übergewicht und Adipositas sowie Diabetes assoziiert.

Fazit

Die Studie zeigt, dass die Inzidenz des Multiplen Myeloms weltweit insbesondere bei Männern ≥50 Jahre und bei Menschen aus Ländern mit hohem Einkommen stetig zunimmt. Ein rückläufiger Trend für die Mortalität war insgesamt zu erkennen, aber deutlicher bei Frauen. Um die zunehmende Tendenz des Multiplen Myeloms in Hochrisikopopulationen einzudämmen, sollten Lebensgewohnheiten, Diagnosekapazitäten und der Zugang zu geeigneten Therapien verbessert werden.

Weitere Studien sind notwendig, um die Ursache der hier geschilderten epidemiologischen Veränderungen zu untersuchen.

Autor:
Stand:
29.08.2022
Quelle:

Huang J. Et al. (2022): The epidemiological landscape of multiple myeloma: a global cancer registry estimate of disease burden, risk factors, and temporal trends. The Lancet Hematology. DOI: https://doi.org/10.1016/S2352-3026(22)00165-X

 

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