Nahrungsergänzungsmittel und Therapieresistenz bei Krebs

Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln während einer Krebstherapie wirkt sich nicht positiv auf diese aus, sondern kann zu Wechselwirkungen und einer verkürzten Lebenserwartung führen. Denn die Einnahme kann zur Therapieresistenz beitragen.

Nahrungsergänzungsmittel

Hintergrund

Die aktuellen Therapieoptionen bei Krebserkrankungen sind vielfältig und umfassen die chirurgische Tumorresektion, Strahlen- und Chemotherapie, Hormontherapien sowie Immuntherapien. Viele dieser Optionen können zu Medikamentenresistenzen in den Tumorzellen führen und zudem schwere Nebenwirkungen hervorrufen, darunter Schmerzen, Fatigue, kognitive Probleme, Neuropathien, Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie, Magen-Darm-Störungen, Haarausfall sowie Haut- und Nagelveränderungen. Ursächlich ist meist eine übermäßige Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (reactive oxygen species [ROS]), die durch das Krebsmedikament oder die Strahlentherapie verursacht werden. Die Krebsforschung sucht daher nach neuen oder ergänzenden therapeutischen Ansätzen. In der Diskussion stehen hierfür verschiedene antioxidative Vitamine (Vitamin A, C und E sowie Carotinoide und Kombinationen hiervon), Mineralien (Selen, Zink), sekundäre Pflanzenstoffe einschließlich Polyphenolen (Melatonin, Curcumin, Epigallocatechin-3-gallat und Resveratrol) und Aminosäuren. Diese sollen die therapeutische Wirksamkeit erhöhen, Nebenwirkungen lindern, sowie Resistenzmechanismen umkehren und die systemische Toxizität und den oxidativen Stress von Chemo- und Strahlentherapie verringern.

Zielsetzung

Die durchgeführte systematische Übersichtsarbeit untersucht die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln und Antioxidantien bei Krebspatienten sowie das komplexe Zusammenspiel zwischen ROS-produzierenden Krebsmedikamenten und der gleichzeitigen Verwendung von Supplementen.

Methodik

Eine systematische Literaturrecherche wurde durchgeführt. Berücksichtigt wurden Studien ab Dezember 2006 bis Ende 2021 mit mehr als 1.000 Patienten pro Studie, die in englischer Sprache verfasst wurden. Ausgeschlossen wurden systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen. Ausgeschlossen wurden u.a. Studien, deren Teilnehmer keine Krebspatienten waren, die Nahrungsergänzungsmittel in Zusammenhang mit dem Krebsrisiko oder der Krebsinzidenz untersuchten, deren Daten nicht von den Patienten selbst eingeholt wurden sowie wenn die Datenerhebung auf Befragungen von Onkologen oder medizinischem Fachpersonal basierte.

Ergebnisse

Insgesamt konnten 37 Veröffentlichungen berücksichtigt werden, darunter 15 Querschnittsstudien, 13 Umfragen innerhalb von Kohortenstudien und neun Kohortenstudien.

Verwendung von Nahrungsergänzungsmittel durch Krebspatienten

Die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln war sehr heterogen und reichte bei Vitamin C von 2,6% im Vereinigten Königreich bis zu 41,6% in den USA und für Vitamin E mit 2,9% in China bis 48% in den USA. Insgesamt nahmen bis zu 77,2% der Krebspatienten Supplemente ein, bis zu 82% Vitamine oder Mineralien. Bis zu 80,8% der Patienten nahmen antioxidantienhaltige Supplemente. Am weitesten verbreitet war die Einnahme bei jüngeren und weiblichen Patienten mit höherem Bildungsniveau und besonders beliebt bei Brustkrebspatientinnen.

Die Anwendung fand häufig während einer konventionellen Krebsbehandlung mit Chemo- und Strahlentherapie aus eigenem Entschluss und nicht auf Anraten des behandelten Arztes statt. Die Krebspatienten wünschten sich den Erhalt ihres körperlichen Wohlbefindens, indem die Symptome der Krebserkrankung gelindert und die Nebenwirkungen abgemildert werden sollen. Außerdem erhofften sie durch die Einnahme, Rezidive zu verhindern oder sogar den Krebs zu heilen.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten sind in mehreren Studien beschrieben. So interagieren Antioxidantien mit den Krebsmedikamenten, da diese häufig darauf basieren die Krebszellen mit Hilfe von oxidativem Stress zu bekämpfen. Die Freisetzung von ROS, die nicht nur durch die Einnahme von Antioxidantien verursacht wird, sondern auch bei Einnahme von Vitaminen und Mineralien entsteht, führt zur Aktivierung des Transkriptionsfaktor Nrf-2, durch den das Nrf-2-Keap I-Netzwerk gesteuert wird. Nrf-2 ist für das Aufrechthalten der Redox-Homöostase in gesunden Zellen zuständig und ist somit tumorsuppressiv, während Nrf-2 in Tumorzellen konstitutiv aktiviert ist und eine erhöhte Resistenz gegen hypoxische Bedingungen aufrechterhält.

Das Nrf-2-Keap I-Netzwerk reguliert somit einen zellulären Abwehrmechanismus gegen oxidativen Stress und trägt zur Resistenz von Krebszellen bei. Einerseits sollten gesunde Zellen vor ROS-überproduzierenden Chemo- und Strahlentherapien geschützt werden, andererseits ist die ROS-Produktion in Krebszellen ein erwünschter Nebeneffekt bei der Behandlung mit Krebsmedikamenten.

Fazit

Insgesamt ließen sich in der systematischen Übersichtsarbeit keine Vorteile durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln während der Krebstherapie finden. stattdessen ernstzunehmende Hinweise auf Wechselwirkungen und möglicherweise eine kürzere Überlebensrate. Die zu Grunde liegenden Mechanismen der Wechselwirkungen sind noch nicht vollständig bekannt.

Daher sollte in künftigen Studien untersucht werden:

  • die dosisabhängige Pharmakokinetik bei der Kombination von Nahrungsergänzungsmitteln mit Radio-/Chemotherapie
  • stabile Biomarker für Arzneimittelresistenzen
  • wie sich vom Patienten selbst verabreichte Nahrungsergänzungsmittel auswirken.
  • Zusätzlich sollte die Kommunikation zwischen Krebspatienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe über die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere während der Therapie, weiter verbessert werden.
Autor:
Stand:
07.12.2022
Quelle:

Krejbich P et al. (2022): The Self-Administered Use of Complementary and Alternative Medicine (CAM) Supplements and Antioxidants in Cancer Therapy and the Critical Role of Nrf-2—A Systematic Review. Antioxidants. DOI: https://doi.org/10.3390/antiox11112149

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